Ermittlungen zu Islamisten auf Demo in Essen „Unbescholtener Privatmann hat Versammlung angemeldet“
Düsseldorf/Essen · Die teils islamistische Versammlung in Essen hätte laut NRW-Innenminister Herbert Reul nicht aufgelöst werden können. Die Opposition sieht das anders. Unterdessen wurde eine pro-palästinensische Demo in Düsseldorf abgesagt.

Islamistische Banner bei Demo in Essen gezeigt
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat den Vorwurf entschieden zurückgewiesen, dass die teils islamistische Demonstration vor einer Woche in Essen nicht schon im Vorfeld oder während der Versammlung von den Sicherheitsbehörden unterbunden worden ist. „In Essen hatte ein unbescholtener Privatmann die Versammlung angemeldet. Über ihn lagen keine Erkenntnisse vor. Es gab also gar keinen Grund für ein Verbot“, sagte Reul in der Sitzung des Innenausschusses am Donnerstagnachmittag. „Die Polizisten vor Ort hatten auch ein Verzeichnis über alle verbotenen Zeichen und Schriften. Nach jetzigem Ermittlungsstand ist es auch nicht zu Gewaltaufrufen gekommen. Dann hätten wir ja sofort die Demonstration abbrechen können“, so Reul. Auch seien mit 450 Polizisten genügend Einsatzkräfte vor Ort gewesen.
Die Ermittlungen zur Demonstration am vergangenen Freitag in Essen, die bundesweit Entsetzen hervorgerufen hat, laufen weiter auf Hochtouren. 14 Ermittler sind noch damit beschäftigt, Videomaterial auszuwerten und mögliche Straftaten zu identifizieren. Die Sicherheitsbehörden sind bemüht, dass sich solche Bilder wie in Essen nicht wiederholen. Reul bekräftigte noch einmal, dass Beschränkungen für künftige Demonstrationen mit islamistischen Drohgebärden intensiv geprüft würden.
Marc Lürbke, innenpolitischer Sprecher der FDP, befürchtet, dass sich die derzeitige Spirale von Hass, Hetze und Gewalt auf den Straßen weiterdrehen wird. „Ich bin wirklich in Sorge, ob der Rechtsstaat wehrhaft genug ist, diesen Herausforderungen Herr zu werden; ob NRW wirklich genug macht, um dieser Entwicklung entgegenzutreten“, sagte Lürbke. „Wir dürfen uns nicht von Islamisten und Israel-Hassern wie in Essen auf der Nase herumtanzen lassen“, so der FDP-Innenexperte.
Christina Kampmann von der SPD erklärte: „Die Frage ist, ob und wie wir die Grenzen der Versammlungsfreiheit vor dem Hintergrund der jetzigen Situation neu definieren müssen. Eine Demokratie muss zwar viel ertragen können. Ein Rechtsstaat darf sich aber auch nicht alles gefallen lassen.“ Kampmann erklärte mit Blick auf die Ereignisse in Essen. „In Essen wurde eine Grenze überschritten. Wenn das Kalifat ausgerufen wird und Männer und Frauen getrennt demonstrieren, dann darf sich der Rechtsstaat das nicht gefallen lassen“, so die Sozialdemokratin. „Wo ist der Null-Toleranz-Minister, wenn die Demokratie ihn braucht? Es hätte eine rechtliche Option zur Auflösung des Aufmarsches gegeben. Herr Reul soll nicht immer so tun, als seien ihm die Hände gebunden“, so Kampmann weiter.
Bei der Demo in Essen mit gut 3000 Teilnehmern hatten Islamisten laut Polizei offenbar bewusst Auflagen der Behörden umgangen, indem sie leicht veränderte Fahnen und Symbole verwendeten, die dann nicht mehr unter Verbotsverfügungen fielen. „Derart explizite Forderungen nach einem Kalifat, die auf offener Straße vorgetragen werden, waren in den vergangenen Jahren nicht zu verzeichnen“, schrieb Reul in einem Brief an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD).
Seit dem 7. Oktober gibt es laut NRW-Innenministerium sowohl pro-israelische als auch pro-palästinensische Veranstaltungen mit einem erhöhten Emotionalisierungs- und Mobilisierungspotenzial. Die 180 Demonstrationen, die seitdem in NRW stattgefunden haben, sind demnach aber gewaltfrei verlaufen. Ein mögliches Zusammentreffen zwischen feiernden Karnevalisten beim Hoppeditz-Erwachen am Samstag in Düsseldorf und pro-palästinensischen Demonstranten wird ausbleiben. Die Demonstration abgesagt worden.