Expertin im Gespräch „Es ist eine Herkulesaufgabe, die Gesellschaft auf das Altern vorzubereiten“

Düsseldorf · „NRW80plus“ heißt eine Studie, die in Düsseldorf vorgestellt wurde. Sie stellt die Frage: Wie ist die Lebensqualität älterer Menschen? Wir haben darüber mit Stefanie Krones, Leiterin der Abteilung Leben im Alter der Diakonie Düsseldorf, gesprochen.

Zwei Senioren sitzen auf einer Wiese (Symbol).

Zwei Senioren sitzen auf einer Wiese (Symbol).

Foto: Ruslan Guzov/ Shutterstock.com

Wie ist die Situation für Senioren in Düsseldorf?

Stefanie Krones Die Situation hat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren deutlich verbessert. Inzwischen gibt es ein sehr großes Spektrum an Angeboten. Senioren können stationär betreut werden, aber auch Zuhause wohnen und ambulante Angebote in Anspruch nehmen. Außerdem gibt es die Möglichkeit, dass pflegende Angehörige durch eine Tagespflege entlastet werden und es gibt Senioren-WGs, in denen ältere Menschen wohnen können, wenn sie noch keine stationäre Pflege brauchen, aber nicht alleine leben wollen. Die Stadt Düsseldorf hat außerdem viel investiert.

In was für Projekte?

Krones Die Stadt hat sehr viel in niedrigschwellige Angebote investiert. Bei der Diakonie sind das die ZentrenPlus, die es in vielen Stadtteilen gibt. Sie bieten Menschen die Möglichkeit, von Zuhause rauszukommen, Nachbarn kennen zu lernen und etwas zu unternehmen.

Stefanie Krones leitet die Abteilung „Leben im Alter“ der Diakonie in Düsseldorf.

Stefanie Krones leitet die Abteilung „Leben im Alter“ der Diakonie in Düsseldorf.

Foto: Diakonie Düsseldorf/Diakonie

Was brauchen Senioren, um ein gutes Leben zu führen?

Krones Wichtig ist, dass sie nicht vereinsamen. Sie brauchen also tragfähige Bindungen zur Familie, zur ihren Nachbarn, der Kirche, zu Menschen, die sie im Alter zum Beispiel in Gemeindezentren kennenlernen. Außerdem brauchen sie ein Gefühl von gesellschaftlicher Teilhabe. Sie sollten sich zum Beispiel auf Gemeindefesten willkommen fühlen. Dafür müssen die Kommunen sorgen. Feierlichkeiten sollten deshalb etwa barrierefrei sein. Man muss also mit Rollstuhl und Rollator kommen können, und es muss genügend Sitzplätze geben.

Zu einem guten Lebensgefühl tragen also mehr Menschen als nur die Angehörigen bei.

Krones Auf jeden Fall. Zukunftsforscher gehen davon aus, dass die gesamte Gesellschaft bald den Umgang mit Senioren genauso beherrschen muss, wie den mit Kindern. Jeder weiß, was zu tun ist, wenn er ein Kind alleine auf der Straße findet. Wie man mit ihm redet und dass man ihm hilft, seine Eltern zu finden. Das gleiche Gefühl muss sich einstellen, wenn man einen Senior auf der Straße trifft, der verwirrt wirkt. Mehr Menschen müssen verstehen, woran man Demenz erkennt und wie man mit Senioren umgeht, die entsprechende Symptome zeigen. In Benrath haben wir gerade Apotheken darauf geschult, denn das ist ja eine klassische Anlaufstelle für Senioren.

Menschen müssen also mehr aufeinander achten?

Krones Genau. Heutzutage werden viele Senioren, vor allem jene, die von Demenz betroffen sind, stationär versorgt. Die Gesellschaft hat also sehr wenig mit ihnen zu tun. In Zukunft wird sich das ändern müssen. Mehr Senioren werden Zuhause leben und es wird wichtig sein, Quartierskonzepte zu entwickeln, die unterstützen, dass Nachbarn aufeinander achten. Sie sehen schon, es ist eine Herkulesaufgabe die Gesellschaft auf das Altern vorzubereiten. Aber anders wird es nicht gehen.

In welchen Bereichen würden Sie sich mehr Unterstützung von der Politik wünschen?

Krones Wichtig sind die niedrigschwelligen Angebote, also Orte wie die ZentrenPlus, zu denen Senioren hinkommen können. Vor allem hochaltrigen alleinlebenden Männern fällt es oft schwer, mit anderen in Kontakt zu treten. Für sie sind solche Angebote unheimlich wichtig.

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