Was tun, wenn der Weihnachtsbaum in Brand gerät „Der beste Brand ist der, der gar nicht erst entsteht“

Interview | Köln · In der Weihnachtszeit strahlen Kerzen besonders viel Gemütlichkeit aus. Doch es kommt immer wieder zu Feuern mit großem Schaden. Kai Kuklinski, Vertriebsvorstand einer Versicherung und Feuerwehrmann, erklärt, wie man man einem Brand vorbeugen kann.

Wer echte Kerzen an den Weihnachtsbaum klemmt, nimmt dafür besser sichere und feuerfeste Halterungen.

Wer echte Kerzen an den Weihnachtsbaum klemmt, nimmt dafür besser sichere und feuerfeste Halterungen.

Foto: dpa-tmn/Bodo Marks

Tausende Schäden entstehen jedes Jahr in der Adventszeit in Deutschland, verursacht durch Kerzen am Adventskranz oder am Weihnachtsbaum. Kai Kuklinski ist Vertriebsvorstand beim Kölner Versicherungskonzern AXA. Der 53-Jährige lebt in Ratingen und ist seit 35 Jahren ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv. Das Thema Sicherheit liegt ihm deshalb gleich doppelt am Herzen – aus Versicherungs- als auch aus Feuerwehrsicht.

 Kai Kuklinski ist seit 35 Jahren ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv.

Kai Kuklinski ist seit 35 Jahren ehrenamtlich bei der Freiwilligen Feuerwehr aktiv.

Foto: RPO/Axa

Herr Kuklinski, Sie sind seit mehr als 30 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr, werden Sie am Heiligabend echte Kerzen am Baum haben?

Kai Kuklinski Wir werden einige elektrische LED-Leuchten am Weihnachtsbaum haben, dafür aber echte Kerzen an einem Adventskranz – das gehört Weihnachten einfach dazu!

Kerzenlicht ist schöner als künstliches Licht, aber welche Gefahren lauern? Worauf muss man achten in der Vorweihnachtszeit, in der üblicherweise viele Kerzen in der Wohnung brennen?

Kuklinski Der beste Brand ist der, der gar nicht erst entsteht. Daher die wichtigste Regel: Brennende Kerzen nie unbeaufsichtigt lassen. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn kleine Kinder im Raum sind, die zum Beispiel Kerzen umstoßen könnten oder auch Haustiere. Beim Herunterbrennen dürfen die Kerzen keine brennbaren Materialien erreichen. Insbesondere trockene Nadeln mit ihrem hohen Harzgehalt brennen sehr schnell. Und man muss beim Verlassen des Raumes gründlich prüfen, ob die Kerzen wirklich aus sind. Ein Eimer Wasser, ein Feuerlöscher oder eine Feuerlöschdecke sollten in greifbarer Nähe sein. Ganz wichtig sind auch Rauchmelder, die Brandgase oder Hitze registrieren und damit helfen, Sachwerte zu schützen und sogar Leben zu retten.

Was schätzen Sie: Wie oft mussten Sie an Weihnachten schon mit der Feuerwehr ausrücken?

Kuklinski Das ist bereits häufiger geschehen, allerdings nicht nur zu Zimmer- oder Wohnungsbränden, sondern zum Beispiel leider auch zu Verkehrsunfällen, und alles, was bei der Feuerwehr unter den Sammelbegriff technische Hilfeleistung fällt.

Ist Ihnen ein Einsatz noch besonders in Erinnerung? Wenn ja, warum?

Kuklinski Ich erinnere mich tatsächlich sehr intensiv an einen Brand, der für die Bewohner zur Unbewohnbarkeit ihres Zuhauses führte. Solche Einsätze machen auch uns Einsatzkräfte immer betroffen.

Können Sie beschreiben, wie sich ein Feuer in der Wohnung üblicherweise ausbreitet?

Kuklinski Wenn der Tannenbaum trocken ist, können die einzelnen Nadeln aufgrund von Hitze regelrecht explodieren. Es kommt zu einer Kettenreaktion – der Weihnachtsbaum brennt in Sekundenschnelle. Der Hintergrund dafür liegt in der Dichte der Nadeln von Fichten oder Tannen, die zudem aus kleinen Harznestern bestehen. Werden diese durch eine Zündquelle erhitzt, verflüssigt sich das Harz und verdampft. Dieser Dampf baut einen so hohen Druck auf, dass das pflanzliche Gewebe um die Harznester wie bei einer Explosion auseinandergerissen wird. Der Harzdampf verbrennt schlagartig und löst eine Kettenreaktion aus. Die Flämmchen springen von Nadel zu Nadel, Augenblicke später steht der ganze Baum in Flammen. Aufgrund der Schnelle der Brandreaktion kann der Baum umstürzen, die Einrichtung der Wohnung fängt dann Feuer. Daneben entstehen durch die schnelle Verbrennung hohe Temperaturen und Brandgase.

Was raten Sie zu tun, wenn es brennt?

Kuklinski Grundsätzlich: Ruhe bewahren! Wenn das Feuer gerade entsteht, kann man versuchen, den Brandherd mit idealerweise bereitstehenden Mitteln – zum Beispiel Feuerlöscher – zu löschen. Aber nur, wenn man sich selbst dabei nicht gefährdet. Wenn das nicht geht, den Brandort verlassen, gegebenenfalls die Türe zu dem Raum schließen, andere warnen und umgehend die Feuerwehr rufen. Zur Vermeidung einer Rauchgasintoxikation unbedingt Raum oder Wohnung verlassen, auf die Feuerwehr warten und die Einsatzkräfte einweisen.

Zuletzt war wegen der Energiekrise auch immer wieder die Rede von Wärmequellen, die aus Teelichtern zusammengebaut waren – haben Sie davon gehört, und warum sollte man vielleicht besser die Finger von solchen Öfen Marke Eigenbau lassen?

Kuklinski Ich verstehe, dass die Menschen versuchen, Heizkosten zu sparen. Das darf aber niemals zu Lasten der Sicherheit gehen. Der Deutsche Feuerwehrverband und der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft warnen eindringlich vor Experimenten mit selbstgebauten Teelichtöfen, Campingkochern oder ähnlichen Geräten. Das ist brandgefährlich, weil es zu Feuer, Verpuffungen und Vergiftungen durch Kohlenmonoxid führen kann. Dann lieber einen Fachbetrieb um Rat bei der Optimierung der Heizung bitten.

Aus Sicht eines Versicherers: Welche Versicherung greift nach einem Wohnungsbrand? Auf welche Punkte muss man beim Abschluss achten?

Kuklinski Die Wohnungseinrichtung und auch die Weihnachtsgeschenke sind über die Hausratversicherung abgedeckt. Sie kommt nicht nur für Brandschäden, sondern auch für Schäden zum Beispiel durch Löschwasser auf. Das Haus ist über die Wohngebäudeversicherung geschützt. Wird ein Dritter geschädigt – etwa ein Nachbar – ist das in der Regel ein Fall für die Private Haftpflichtversicherung. Wichtig: Ein Brandschaden sollte möglichst umgehend dem Versicherer gemeldet werden. Beim Abschluss sollte man sich individuell und umfassend beraten lassen, damit die Vermittlerin oder der Vermittler optimal auf die persönliche Situation des Kunden oder der Kundin eingehen kann.

Wie haben sich die Schadenszahlen in den vergangenen Jahren entwickelt? Gab es früher mehr Brände im Dezember? Wenn ja, woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Kuklinski Noch immer zählen die deutschen Versicherer in der Adventszeit und an Silvester tausende zusätzlicher Brände. 2021 waren es rund 7000. Das ist ein deutlicher Rückgang, 2012 waren es 11.000. Trotzdem: Jeder Brand ist ein Brand zu viel. Ich würde mir wünschen, dass die Zahlen noch weiter sinken. Ein gutes Sicherheitsbewusstsein kann dabei helfen – im Umgang mit Feuer ebenso wie mit Elektrogeräten und Dingen wie Mehrfachsteckdosen.

Wie werden Sie dieses Jahr Weihnachten feiern?

Kuklinski Zu Hause im Kreise der Familie. Und ich wünsche mir zu Weihnachten insbesondere zwei Dinge: Erstens, dass die Menschen sicher feiern können. Zweitens, dass die Feuerwehr, die für unser aller Sicherheit einsteht, auch im neuen Jahr gute neue Mitarbeitende findet – sowohl im Ehrenamt als auch hauptberuflich. Denn die Feuerwehr sucht dringend Nachwuchs.

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