Heiraten in NRW Immer mehr Frauen behalten ihren Nachnamen

Düsseldorf · Viele Ehepaare behalten auch nach der Hochzeit ihre unterschiedlichen Nachnamen. In Köln zum Beispiel ändern rund 30 Prozent der Frauen ihren Namen nicht. Der Grund ist laut Soziologen ein verändertes Verständnis der Ehe.

 Eine Braut unterschreibt beim Standesamt die Heiratsurkunde.

Eine Braut unterschreibt beim Standesamt die Heiratsurkunde.

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„Er gehört zu mir“, das sagt Rebecca Ohm (31) nicht nur in Bezug auf ihren Ehemann. Auch ihr Nachname gehört selbst nach ihrer Hochzeit noch zu ihr. „Mein Name ist Ausdruck meiner Identität“, sagt die Bonnerin. „Warum sollte es selbstverständlich sein, dass ich meinen Namen abgebe, nur weil ich heirate?“ Das sah ihr Ehemann genauso. „Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass es da nach wie vor eine bestimmte Erwartungshaltung gibt.“

Als die beiden das Aufgebot beim Standesamt bestellten, habe die Standesbeamtin wie selbstverständlich angenommen, dass sie ab der Hochzeit den Nachnamen ihres Mannes führen würde. „Deswegen habe ich das allein aus Prinzip erstmal abgelehnt. Wir leben in einem Zeitalter, in dem Männer und Frauen gleichberechtigt sein sollten.“

So wie die 31-Jährige denken mehr und mehr Frauen. Das ergeben Anfragen bei einigen Standesämtern im Rheinland. Zwar ist der Anteil der Paare, die ab der Hochzeit einen gemeinsamen Ehenamen führen, immer noch deutlich größer, aber der Anteil der Paare steigt, bei denen die Partner ihren Nachnamen behalten. Wird ein gemeinsamer Name ausgewählt, ist das immer noch meistens der des Mannes. In Bonn blieben im Jahr 2017 etwa 450 Ehepaare bei ihrem jeweils eigenen Namen. Das sind knapp 30 Prozent. Fünf Jahre zuvor waren es noch 22 Prozent.

Ähnlich sieht es in Köln aus. Im Jahr 2018 behielten bislang rund 1181 Frauen ihren Namen nach der Hochzeit. Das sind ebenfalls fast 30 Prozent. Im gesamten Jahr 2017 war es ein Viertel aller Paare, 2013 waren es mit 901 Frauen nur 20 Prozent. Auch in Mönchengladbach ist der Anteil der Paare mit unterschiedlichen Nachnamen in den vergangenen fünf Jahren von rund zehn auf knapp 15 Prozent gestiegen. Nur in Düsseldorf hat sich der Anteil nicht aussagekräftig verändert. Von den Paaren, die 2017 vor dem Düsseldorfer Standesamt geheiratet haben, behielten 22 Prozent ihren eigenen Namen. „Die Zahlen sind seit Jahren weitgehend stabil“, teilt das Standesamt auf Anfrage mit.

Dass Frauen ihren Namen bei der Hochzeit erstmal nicht abgeben, sieht die Soziologin Katja Sabisch (43) als Zeichen für mehr Gleichberechtigung. Die Düsseldorferin hat eine Professur für Gender Studies an der Ruhr-Universität in Bochum. „Das Verständnis der Ehe hat sich in unserer Gesellschaft von einem Ernährer-/Hausfrau-Modell hin zu einem Lebensmodell gewandelt. Zwei eigenständige Persönlichkeiten gehen eine Verbindung ein, ohne ihre Identität aufzugeben“, sagt sie. „Der Name ist Ausdruck der Identität.“ Viele Frauen seien heute ökonomisch unabhängig. „Sie haben ein eigenes Leben mit einer eigenen beruflichen Biografie, die sie nicht einfach aufgeben, wenn sie heiraten“, sagt Sabisch. Aber bedeutend sei auch, dass der Gesetzgeber diese Möglichkeiten eröffne.

In Deutschland ist das Namensrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Der Paragraf (BGB § 1355) zum Ehenamen ist geschlechtsneutral formuliert. Es gibt keine Vorschrift, die besagt, dass es einen gemeinsamen Familiennamen geben muss oder dass dieser Familienname der Nachname des Mannes sein muss. „Seinen eigenen Namen weiterzuführen, betrifft das Recht auf Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, was wiederum ein Grundrecht ist“, sagt der Düsseldorfer Rechtsanwalt Arnulf Potzler.

Seit dem 1. April 1994 müssen sich Verlobte nicht mehr für einen gemeinsamen Ehenamen entscheiden. Das ist auch der Grund, warum Uta Lenz (54) aus Wermelskirchen damals ihren Mädchennamen behielt. „Ich fand es klasse, dass es diese Möglichkeit gab. Denn einen Doppelnamen wollte ich auch nicht“, sagt Lenz. Ihre Mann habe damit keine Schwierigkeiten gehabt. Nur ihre Schwiegereltern hätten das erstmal nicht verstanden.

Wenn gemeinsame Kinder geboren werden, muss sich ein Ehepaar für einen Namen entscheiden, den die Kinder tragen sollen. So heißen dann auch alle weiteren Kinder. Umgangssprachlich kann man das als Familiennamen bezeichnen, sagt Potzler. Der Ehepartner, dessen Name nicht der Familienname ist, kann sich auch später jederzeit entscheiden, den Familiennamen zu tragen. Dazu muss man wieder aufs Standesamt gehen und die Namensänderung beurkunden lassen. Dafür kann eine geringe Verwaltungsgebühr anfallen, die von Stadt zu Stadt unterschiedlich hoch sein kann. In Düsseldorf kostet die Beurkundung 21 Euro, eine Bescheinigung über die Namensänderung neun Euro.

Oft ist die Geburt eines gemeinsamen Kindes Anlass dafür, einen gemeinsamen Namen zu wählen. Meistens wird dann der Name des Vaters genommen, heißt es auf Anfrage beim Standesamt Düsseldorf. Es gibt aber auch Fälle, in denen das Geschlecht des zu erwartenden Kindes die Entscheidung des Ehenamens beeinflusst. Die Ehegatten einigen sich zum Beispiel vorher darauf, dass der Name des Mannes bei einem Jungen gewählt wird und der Name der Frau bei einem Mädchen.

Die beiden gemeinsamen Kinder von Uta Lenz und ihrem Mann erhielten den Nachnamen des Ehemanns. „Ich fand das nicht eigenartig, dass meine Kinder anders heißen als ich. Es sind ja trotzdem meine Kinder“, sagt Lenz. Von Lehrern, Erziehern oder von anderen Eltern sei sie manchmal mit dem Nachnamen der Kinder angesprochen worden. Auch das fand sie nicht schlimm. „Ich bin da nicht dogmatisch.“ Lustig findet sie es eher, dass auch ihr Mann manchmal mit ihrem Namen angesprochen wird, wenn sich beide in ihrem sozialen Umfeld bewegen.

Aber es ist auch nicht immer unproblematisch, wenn Eltern anders heißen als ihre Kinder. „Die Freiheit, seinen eigenen Namen weiterzuführen, birgt gelegentlich auch ein Risiko“, sagt Rechtsanwalt Potzler. Denn wenn die Kinder anders heißen als einer der Ehepartner, kann es Situationen geben, in denen man nachweisen muss, dass man die Mutter oder der Vater des Kindes ist. Zum Beispiel bei einem medizinischen Notfall im Krankenhaus. Uta Lenz hat deswegen immer die Kopie der Heiratsurkunde in ihrem Portemonnaie. Aber gebraucht hat sie die fast nie. „Meine Kinder waren selten krank“, sagt sie und lacht. Das sei ein typisch deutsches Denken, dass unterschiedliche Nachnamen ein Problem seien. In anderen europäischen Ländern sei das sogar die Regel und nicht die Ausnahme.

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