Mönchengladbach Hetze: Angeklagter amüsiert sich

Mönchengladbach · Gut gelaunt verfolgte der 53-Jährige, der sich selbst "Generalfeldmarschall des Staates Preußen" nennt, gestern den zweiten Prozesstermin. Tatsächlich sitzt der Mann wegen Volksverhetzung und übler Nachrede auf der Anklagebank. Seine Festnahme sei eine Entführung gewesen, sagt er.

Der Angeklagte im roten T-Shirt, der sich selbst als "Generalfeldmarschall des Staates Preußen" betitelt, verfolgte die Zeugenaussagen von zwei Polizeibeamten selbstbewusst. Die Beamten hatten auf den zahlreichen Internetseiten recherchiert, auf denen sich der 53-Jährige seit 2007 bis 2010 mit üblen Beleidigungen gegen städtische Verwaltungsmitarbeiter und Gewaltandrohungen gegen Verfassungsorgane präsentiert hatte. Die Beamten erinnerten sich beispielsweise, dass der Angeklagte auf einer Webseite das Konterfei Adolf Hitlers in SA-Uniform mit der Hakenkreuz-Armbinde gezeigt hat.

Hochverrat und Spionage

Der Angeklagte, der immer noch von der Existenz eines "Deutschen Reiches" ausgeht, hat im Internet Mitarbeitern des Bundesverwaltungsamtes Hochverrat und Spionage vorgeworfen. Dabei schreckte der "Preußen-Marschall" auch nicht davor zurück, Namen von Mitarbeitern zu nennen und sie mit der Todesstrafe zu bedrohen. Auch als diese Drohungen in den Zeugenaussagen genannt wurden, verlor der Mann auf der Anklagebank keineswegs seine gute Laune.

Nach seinen dreisten Internet-Behauptungen, mit denen er den Holocaust leugnet, stellte auch der Zentralrat der Juden in Deutschland Strafantrag gegen den Mönchengladbacher. Die Mitglieder des Zentralrats hatte er in einem Schreiben ehrverletzend beleidigt.

Darin erwähnt er eine Polizeiverordnung der Nazis, die die Juden in Deutschland verpflichte, den so genannten Judenstern in der Öffentlichkeit auf ihrer Kleidung zu tragen. Diese Polizeiverordnung gebe es immer noch. Zynisch empfahl er dem Zentralrat, sich für eine Volksabstimmung stark zu machen, damit diese Polizeiverordnung aufgehoben werden könnte. Damit verhöhnte er offensichtlich die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

In einer weiteren Anklageschrift wirft die Staatsanwältin dem Angeklagten eine besonders üble Volksverhetzung vor. So soll er im Oktober vergangenen Jahres als Inhaber einer Internetseite mit dem Hinweis auf den Staat Preußen gefordert haben: "Tragen Sie sich ein, vertreiben Sie das schwule Westerwelle-Pack aus dem Reich des Deutschen Volkes!"

Einer der Polizeibeamten, die sich gestern an Ermittlungsergebnisse erinnerten, sah sich am Ende selbst als Opfer des Mannes auf der Anklagebank. Auch er sei von dem 53-Jährigen "zum Tode verurteilt" worden. "Jeder Deutsche dürfe mich umbringen", sei auch er bedroht worden. Der derart Beschuldigte geriet dennoch nicht in Verlegenheit. Er reagierte völlig gelassen.

Am Ende des gestrigen Verhandlungstages überraschte der Angeklagte das Rheydter Gericht noch mit drei selbst verfassten Beweisanträgen. Eloquent behauptete er, dass der Euro tatsächlich keine richtige Währung sei. Auf der Banknote fehle unter anderem die Angabe der Ausgabestelle. Im übrigen sei die Europäische Zentralbank keine Staatsbank. "Kein Staat, auch kein Euro", folgerte er.

Im zweiten Beweisantrag kritisierte er seine Verhaftung. Das sei in Wahrheit eine Entführung gewesen. Das Landeskriminalamt (LKA) sei nicht berechtigt, ihn in der "Reichshauptstadt Berlin" zu verhaften. Und letztens sah er sich zu Unrecht vor Gericht. Das "Völkerstrafgesetzbuch" sei auf ihn nicht anzuwenden. Schließlich sei die Bundesrepublik Deutschland kein Staat. Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort