Bielefeld "Heiligabendmorde": Angeklagter zu 14 Jahren Haft verurteilt

Bielefeld · Für den gewaltsamen Tod eines Geschwisterpaar an Heiligabend 2013 in Gütersloh muss der Messerstecher lange büßen. In dem schwierigen Indizienprozess ist es auch ein toter Hund, der zum Schuldspruch führt.

Frau findet Mutter und Onkel tot im Haus
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Am Ende eines langwierigen Indizienprozesses sind es viele kleine Puzzleteile, die die Richter von der Schuld des schmächtigen Mannes auf der Anklagebank überzeugen. Doch warum stach der 29-Jährige an Heiligabend mit je elf Messerstichen auf seine Bekannten, eine 74-jährige Ärztin und deren drei Jahre älteren Bruder, ein? Das bleibt weiter offen.

Sein Urteil und die Begründung nimmt der Informatiker stoisch und mit gelegentlichem Stirnrunzeln entgegen - ganz so, als hätte die Kammer nicht gerade verkündet, dass er wegen Totschlags für vierzehn Jahre hinter Gitter muss. Gelegentlich fährt er sich mit der Hand durch das Gesicht, dann wieder macht er sich aufmerksam Notizen. Auch als die Richterin die Obduktionsergebnisse schildert, hört er aufmerksam zu: Mit brutaler Wucht zielte der Täter demnach auf den Oberkörper. Dort wo das Herz sitzt. Beide Opfer verbluteten. Auch den Hund metzelte er nieder.

Dabei habe der Mann seine DNA hinterlassen. Das gehört aus Sicht der Richter zu jenen wichtigen Indizien, die mögliche Zweifel an der von ihm selbst immer wieder bekundeten Unschuld nehmen. Am Fingernagel der getöteten Frau und vor allem: an den Krallen am Hinterlauf des Hundes. "Wie kommen diese Spuren hinten an die Pfoten. Dazu gibt es null Erklärung", sagt die Kammervorsitzende Jutta Albert. Die Spuren deckten sich nicht mit der Version des 29-Jährigen, wonach der Hund während seines freundschaftlichen Besuchs am Tattag, im Körbchen gelegen hätte.

Es sind solche Widersprüche, die die Richterin mehrfach den Satz "Da passt nichts zusammen" sagen lassen: vage Zeitangaben rund um den Zeitpunkt seines angeblichen Besuchs am Nachmittag etwa, obwohl er sich ansonsten an kleinste Details weit weg zurückliegender Ereignisse erinnerte; sein langes Schweigen über seine Beziehung zu den Opfern, auch als er zunächst als einfacher Zeuge vernommen wurde.

Das Motiv für die grausame Tat und die Antwort auf die Frage, was genau sich an jenem Heiligabend in der Villa in Gütersloh zugetragen haben mag, bleiben auch aus Sicht der Kammer im Dunkeln. Besuchte er die beiden in der Absicht, sie zu töten? Oder kam es währenddessen zu einem Streit? Ging es um Geld? Auf wen stach er zuerst ein?

Noch eine weitere zentrale Frage streift die Richterin: "Denkbar ist auch, dass jemand anderes dahinter steckt, der Sie ziemlich in der Hand hatte", sagt sie zu dem Angeklagten. Gemeint ist der Lebensgefährte der Tochter der getöteten Ärztin. Zu ihm hatte der Verurteilte ein enges Verhältnis, beide teilten auch ein gemeinsames Faible für fragwürdige Esoterik.

Gegen die Beiden ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenso. Es bestehe zumindest der Verdacht, dass sie schon früh mehr wussten, als sie vorgaben, sagt Staatsanwalt Christoph Mackel. Nach Prozessende will er nun die ruhenden Ermittlungen wieder aufnehmen. Ein erster wichtiger Schritt sei erreicht: Die Schuld des Mandanten sei nachgewiesen.

Den fehlenden Puzzleteilen tragen die Richter dabei damit Rechnung, dass sie den Angeklagten wegen Totschlags und nicht wegen Mordes hinter Gitter bringen. Der Forderung nach einer lebenslänglichen Strafe kommen sie nicht nach. Den Verteidigern, die für ihren Mandanten den Freispruch gefordert hatten, reicht das aber nicht. Sie wollen in Revision gehen.

(lnw)
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