Gewerkschafts-Demo vor Privathaus Kohlekommissions-Mitglied Antje Grothus fühlt sich bedroht

Kerpen · Rund 100 IG BCE-Mitglieder marschieren vor dem Haus einer prominenten Waldschützerin und Mitglied der Kohlekommission auf. Die NRW-Grünen sprechen von Psychoterror. Die Gewerkschaft distanziert sich.

 Antje Grothus am Hambacher Forst (Archivfoto).

Antje Grothus am Hambacher Forst (Archivfoto).

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Ein Mitglied der Kohlekommission hat sich durch eine Demonstration von Gewerkschaftsmitgliedern der IG BCE vor ihrem Privathaus bedroht gefühlt. Die aggressiv wirkende Gruppe mit rund 100 Teilnehmern sei am Mittwoch lautstark aufmarschiert und habe mehr als zehn Minuten lang mit Trillerpfeifen und mit Plastikflaschen Lärm gemacht, sagte Antje Grothus der Deutschen Presse-Agentur. Sie skandierten demnach „Hambi weg und Grothus raus“. Erst als einer aus der Gruppe gegen ihr Küchenfenster geschlagen habe, habe die Polizei eingegriffen.

„Die IG BCE hält diese Form der Auseinandersetzung für falsch und distanziert sich von persönlichen Anfeindungen“, twitterte die Gewerkschaft. Der Protest müsse trotz aller Job-Sorgen angemessen bleiben.

IG BCE-Chef Michael Vassiliadis entschuldigte sich laut einem Bericht des „Kölner Stadt-Anzeigers“ (Donnerstag) für die Aktion von Mitgliedern seiner Gewerkschaft. Es sei „nachvollziehbar, dass diese Demonstration vor ihrem Haus als Einschüchterungsversuch verstanden wird“, schreibe Vassiliadis in einem Brief an Grothus. Daher wolle er sich persönlich entschuldigen: „Solche Aktionen entsprechen nicht unserem Verständnis von politischen Auseinandersetzungen in der Demokratie.“

Die zuständige Polizei des Rhein-Erft-Kreises erklärte, die Teilnehmer einer genehmigten Mahnwache der IG BCE seien spontan aufgebrochen, um sich in einem Supermarkt zu verpflegen. Da derselbe Weg zu gefährlich gewesen wäre, habe die Polizei einen anderen Rückweg genehmigt und dann erfahren, dass Grothus dort wohnt.

„Das war sehr bedrohlich“, sagte Grothus zur Situation bei der Demo an ihrem Wohnhaus. Schon bei einer Demo am Wochenende hätten IG BCE-Mitglieder Plakate mit ihrem Konterfei und ihrem Namen darauf getragen. Sie wirft der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und RWE vor, sie „hetzten ihre Leute“ gegen sie auf und machten sie zum Feindbild.

Grothus vertritt als Kommissionsmitglied die Interessen von Tagebaubetroffenen, und ist prominentes Gesicht der Bürgerinitiative Buirer für Buir im Kampf für den Erhalt des Hambacher Forstes. Die Vorsitzende der NRW-Grünen, Mona Neubaur, sagte: „Diese Methoden grenzen an Psychoterror.“

Der Vize-Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, kritisierte die Aktion ebenfalls scharf. Es sei nicht akzeptabel, dass die IG BCE das Recht auf Privatsphäre einer politischen Gegnerin in so eklatanter Form verletze. „Ein solches Vorgehen ist geeignet, das Klima für einen ehrlichen und offenen gesellschaftlichen Diskurs über den Ausstieg aus der Kohle zu vergiften“, schreibt er laut „Kölner Stadt-Anzeiger“ in einem Brief an Vassiliadis.

Auch der Vorstandsvorsitzende von RWE sprach davon, dass er bedroht werde, von Aktivisten wegen des Konflikts um den Hambacher Forst. „Ich bekomme E-Mails und Briefe, die würden Sie erschrecken“, sagt RWE-Chef Rolf Martin Schmitz der Wochenzeitung „Die Zeit“.

(mba/dpa)
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