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Hambacher Forst Blogger stirbt nach Sturz von Hängebrücke

Kerpen · Im Hambacher Forst ist ein Journalist und Blogger aus großer Höhe von einem Baum gestürzt. Wie die Polizei am Abend mitteilte, erlag der Mann seinen schweren Verletzungen. Der Tote hatte über einen längeren Zeitraum über die Aktivisten berichtet.

Hambacher Forst: Mann stirbt bei Sturz von Baum
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Tödlicher Unfall im Hambacher Forst: Mann stirbt bei Sturz aus Baum

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Foto: dpa/Christophe Gateau

Während der großen Räumungsaktion im Braunkohlerevier Hambacher Forst hat es einen schweren Unfall gegeben. Ein Reporter und Blogger stürzte in der Baumhaus-Siedlung „Beechtown“ von einer etwa 15 Meter hohen Hängebrücke auf den Waldboden und wurde dabei tödlich verletzt, wie ein Sprecher der Polizei am Abend bestätigte. Der Notarzt sei zwar schnell vor Ort gewesen, die Verletzungen seien aber zu schwerwiegend gewesen, um den Mann noch retten zu können.

Wie der Sprecher vor Ort sagte, war der Blogger in einer der Baumhütten, um die Räumungsaktion und das Leben der Aktivisten aus nächster Nähe zu begleiten. Der junge Mann dokumentierte seit längerem das Leben der Aktivisten. Am Mittwoch habe der Mann eine Speicherkarte mit einem Kollegen austauschen wollen, den Einsatzkräfte zum Baumhaus begleiteten. Man sprach offenbar miteinander, als der Mann aus einer Höhe von etwa 15 Metern durch mehrere Bretter einer Hängebrücke stürzte, die nach Angaben des Sprechers durchgebrochen waren. Die Brücke hatte zwei Baumhäuser miteinander verbunden. Die Polizei habe den Journalisten bei seiner Arbeit unterstützen wollen, sagte der Sprecher. Der Unfall habe sich nicht bei einem polizeilichen Zugriff ereignet, betonte er. Bei Twitter schrieben die Einsatzkräfte: „Wir appellieren an alle Aktivisten: Bitte bringen Sie sich und andere nicht in Lebensgefahr.“

Seit einer Woche sind die Behörden mit einem massiven Polizeiaufgebot dabei, die Baumhäuser der Umweltaktivisten zu räumen und abzubauen. Bis zum Mittwoch waren nach Angaben der Polizei 39 von 51 Baumhäusern geräumt. Nach dem Unfall wurde die weitere Räumung des Waldstücks zunächst gestoppt. Polizei und Rettungskräfte konzentrierten sich ganz auf den Rettungseinsatz. Ein Seelsorger kümmerte sich um die Zeugen des Unfalls.

Von dieser Hängebrücke fiel der Mann.

Von dieser Hängebrücke fiel der Mann.

Foto: dpa/Christophe Gateau

Ein junger Mann, der an der 24-Stunden-Mahnwache vor Ort, war, sagte: „Es ist sehr emotional alles, wir helfen und unterstützen uns gerade gegenseitig, so gut es geht.“ Der Tote sei „ein Freund, der uns seit längerer Zeit im Wald journalistisch begleitet“, betonte das Aktionsbündnis „Hambi bleibt“ in seinem Blog und fordert einen sofortigen Stopp der Räumung. „Wir fordern die Polizei und RWE auf, den Wald sofort zu verlassen und diesen gefährlichen Einsatz zu stoppen. Es dürfen keine weiteren Menschenleben gefährdet werden“, schrieb die Initiative.

Die Grünen im Landtag unterstützen den Minister bei dieser Entscheidung. Den für Donnerstag geplanten Tagesordnungspunkt „Rodungsmoratorium im Hamacher Wald“ zogen sie zurück. Es sei „nicht der Tag des politischen Schlagabtauschs, sondern zum Innehalten“, schrieben die Grünen in einer Mitteilung.

Die Waldbesetzer protestieren im Hambacher Forst gegen das Vorhaben von RWE, weite Teile des Forstes abzuholzen. Es soll dort Braunkohle gebaggert werden. Der Wald gilt als Symbol des Widerstands gegen die Kohle und die damit verbundene Klimabelastung. In bis zu 25 Metern Höhe haben Aktivisten Baumhäuser errichtet und halten den Wald damit seit sechs Jahren besetzt.

Am Mittwoch hatte die Polizei mit der Räumung der Baumhaus-Siedlungen „Cozytown“ und „Beechtown“ begonnen und dabei nach eigenen Angaben zwei Sitzblockaden am Morgen aufgelöst. Der Tag verlief bis zum Unfall sehr friedlich. Die Aktivisten, die ihre Baumhäuser verlassen mussten, ließen sich nach längerem Zureden darauf ein, sich mit den Beamten per Hebebühne nach unten bringen zu lassen. Dort ließen sie sich wegtragen - von bis zu vier Beamten. In einem Baum hatten sich über einer Hütte mehrere Aktivisten in Hängematten positioniert.

Nach Abschluss der Maßnahmen ist RWE für die Sicherung des Geländes zuständig. Man werde dafür technische und personelle Vorkehrungen treffen, sagte ein Konzernsprecher. Der Forst werde nicht abgesperrt, da er nach dem deutschen Waldgesetz prinzipiell allen Bürgern offen stehen muss. Allerdings werde RWE darauf achten, dass keine neuen Baumhäuser oder Barrikaden gebaut würden. Die jetzt abgeräumten Baumhaus-Siedlungen seien das Ergebnis jahrelanger Arbeit und nicht so einfach wieder zu errichten.

Vier Waldbesetzer - zwei Frauen und zwei Männer - sind mittlerweile in Untersuchungshaft. Drei von ihnen verweigerten die Feststellung ihrer Personalien, der Vierte habe einen knienden Polizisten von hinten angegriffen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Aachen.

Mit mehr als 500.000 Unterschriften wollen Umweltschützer die NRW-Landesregierung dazu bringen, die geplante Rodung doch noch zu stoppen. Für diesen Donnerstag planen BUND, Campact und Greenpeace die Übergabe der im Internet gesammelten Unterschriften an Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Das Motto der Aktion: „Armin lasset!“

Aus Sicht von RWE ist die Abholzung des Hambacher Forsts unvermeidbar, um die Stromproduktion in den Braunkohlekraftwerken zu sichern. Vor Beginn der Kohleförderung war der Wald 4100 Hektar groß; nach Angaben des Tagebau-Betreibers RWE Power wurden bislang 3900 Hektar für den Kohleabbau gerodet, nun soll noch einmal gut die Hälfte des verbliebenen Waldes abgeholzt werden. Der Wald hat nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine 12.000 Jahre lange Geschichte. Es gibt dort Vorkommen streng geschützter Arten wie Bechsteinfledermaus, Springfrosch und Haselmaus. Der Protest vor Ort richtet sich auch gegen den Abbau von Braunkohle allgemein.

(siev/hsr/dpa)
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