Zum Feiertag Jom Kippur Anschlag auf Synagoge in Hagen vereitelt

Düsseldorf/Hagen · Ein junger Islamist soll in Hagen einen Anschlag auf die Synagoge während des Jom-Kippur-Festes geplant haben. Ein Sprengsatz konnte aber bislang nicht gefunden werden. Der Hinweis kam von einem Auslandsdienst.

Synagoge in Hagen: Polizeieinsatz und 16-Jähriger festgenommen
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16-Jähriger nach Polizeieinsatz an Hagener Synagoge festgenommen

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Foto: dpa/Alex Talash

Nach dem mutmaßlich geplanten Anschlag auf die Synagoge in Hagen hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) von Hinweisen auf eine islamistisch-motivierte Bedrohungslage gesprochen: „Wir haben zuvor einen sehr ernst zu nehmenden und konkreten Hinweis erhalten, dass es während des Jom-Kippur-Festes zu einem Anschlag auf die Synagoge kommen könnte“, sagte Reul. „Konkret heißt übrigens: Klare Tatzeit, Tatort und Täter waren bekannt“, so der Minister weiter.

Bei dem Polizeieinsatz, bei dem die Hagener Synagoge am Mittwochnachmittag abgesperrt worden war, sind nach Angaben der federführenden Polizei Dortmund und der Staatsanwaltschaft zunächst ein 16-Jähriger syrischer Abstammung sowie sein Vater und zwei Brüder festgenommen worden. Der 16-jährige stehe im Fokus der Ermittler. Er soll Kontakt zu einem bekannten Islamisten im Ausland gehabt haben, hieß es aus Sicherheitskreisen, die damit entsprechende Informationen unserer Redaktion bestätigten.

Den Kontakt zu einem Bombenbauexperten via „Telegram“ habe er zugegeben, Anschlagsabsichten auf die Synagoge aber bestritten, sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf am Donnerstagabend. Gegen die Familienangehörigen bestehe derzeit kein Tatverdacht, erklärte der Sprecher. Am Abend sei das Trio daher wieder freigelassen worden. Laut der Polizei vor Ort sind an der Synagoge keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdung festgestellt worden: „Wir haben mit Polizeihunden alles akribisch abgesucht. Die Synagoge wird zudem mit Videokameras überwacht; auch Polizisten haben das Gebäude vorher schon geschützt“, so ein Ermittler. Ein Sprengsatz sei demnach nicht gefunden worden. Reul sagte: „Da es einen Bezug zur Synagoge gab, haben wir sofort gefahrenabwehrende Maßnahmen in die Wege geleitet.“ Objektschutzmaßnahmen seien intensiviert worden.

 Ein ausländischer Partnerdienst hatte nach Informationen aus Sicherheitskreisen den Bundesnachrichtendienst vor einem mutmaßlichen Islamisten in Deutschland gewarnt. Der Jugendliche soll im Internet Aussagen zu einem womöglich geplanten Anschlag gemacht haben. „Wir sind auf die Informationen der ausländischen Dienste angewiesen“, sagte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Erich Rettinghaus.

Zur Diskussion über eine bessere Ausstattung der deutschen Dienste sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) unserer Redaktion, dass es dabei nicht so sehr um Aufrüstung, sondern um Vernetzung gehen würde. „Geheimdienste, Polizei und Justiz müssen – im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen – noch enger zusammenarbeiten“, so der Kanzlerkandidat der Union. Das gelte auch für die verschiedenen staatlichen Ebenen. „Von der Kommune rauf bis zum europäischen Level brauchen wir mehr Informationsaustausch und gemeinsame Handlungsstrategien“, so Laschet. Er kündigte an, im Kanzleramt einen Nationalen Sicherheitsrat einrichten zu wollen, der nachrichtendienstliche Erkenntnisse des Bundes und der Länder zusammenführe.

Der Fall erinnert an den Anschlag in Halle in Sachsen-Anhalt vor zwei Jahren. Dort hatte ebenfalls an Jom Kippur ein bewaffneter Rechtsextremer versucht, gewaltsam in die dortige Synagoge einzudringen. Als die Tür standhielt, erschoss er in der Nähe zwei Menschen und verletzte auf der Flucht zwei weitere. „War der Anschlag von Halle rechtsmotiviert, so ist der vereitelte Anschlag in Hagen offenbar dem islamistischen Milieu zuzuordnen“, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Wie der Fall in Hagen zeigt, rutschen Jugendliche immer wieder in die islamistische Szene ab; entsprechende Präventionsprogramme des Landes versuchen schon seit Jahren, das zu verhindern. „Auf der einen Seite müssen wir solche Radikalisierungsprozesse möglichst früh erkennen. Dann muss man gegensteuern mit Aufklärung in der Schule oder in Sportvereinen“, sagte Laschet. Zudem sei die Ansprache der Eltern sehr wichtig. „Anderseits müssen wir immer wieder deutlich machen, dass wir Antisemitismus und eine islamistische Weltsicht bei uns nicht dulden“, betonte er. (mit dpa)

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