Deutscher vor Gericht in Gütersloh Mehr als drei Jahre Haft für Unfalltod des serbischen Popstars Saulic

Gütersloh · Er zeigte Reue, wollte sich entschuldigen und muss jetzt ins Gefängnis. Die Angehörigen des serbischen Sängers Saban Saulic aber nehmen dem Unfallfahrer seine Worte nicht ab. Dafür bleiben vor dem Amtsgericht Gütersloh zu viele Fragen offen.

 Der Angeklagte im Prozess um den Unfalltod des serbischen Sängers Saban Saulic, sitzt im Sitzungssaal des Amtsgerichts in Gütersloh.

Der Angeklagte im Prozess um den Unfalltod des serbischen Sängers Saban Saulic, sitzt im Sitzungssaal des Amtsgerichts in Gütersloh.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Im Prozess um den Tod des serbischen Popstars Saban Saulic im Februar 2019 legte der Unfallfahrer am Donnerstag ein umfassendes Geständnis ab. Er ließ über seinen Verteidiger mitteilen, dass ihm alles zutiefst leid tue. Ihm sei bewusst, dass die Angehörigen der Opfer seine Entschuldigung nicht annehmen würden. Später verurteilte das Amtsgericht Gütersloh den 37-Jährigen zu drei Jahren und drei Monaten Gefängnis. Drei Monate werden dem Deutschen wegen der langen coronabedingten Verfahrensdauer und seiner Zeit in Untersuchungshaft erlassen. Der Tatvorwurf lautet unter anderem fahrlässige Tötung in zwei Fällen und fahrlässige Körperverletzung.

Die Fakten waren klar: Der ledige Lager- und Logistikarbeiter aus Gütersloh war mit Alkohol und Drogen im Blut in den frühen Morgenstunden ohne Führerschein in ein Auto gestiegen, das ihm nicht gehörte. Der nicht vorbestrafte Vater einer Tochter fuhr dann auf der Autobahn 2 in Richtung Dortmund kurz vor Gütersloh in eine Baustelle. Hier galt Tempo 80. Sein Fahrzeug aber fuhr mindestens 156 Stundenkilometer schnell. Nach Überzeugung eines Gutachters war die Sicht in der Dämmerung gut. Er hätte das Auto des Sängers aus Serbien in rund 300 Meter Entfernung auf der mittleren Spur sehen müssen.

Stattdessen fuhr der Mann, im Prozess mit dunklen Haaren und Vollbart, ungebremst auf den Wagen auf. Saulic (67) starb wenig später mit gerissener Hauptschlagader im Krankenhaus, sein Keyboarder Mirsad Keric (43) war nach einem Schädelhirntrauma einige Tage später tot. Ein Mitfahrer wurde schwer verletzt. Er kann heute nicht mehr arbeiten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hatte eine geringfügig geringere Haftstrafe gefordert. Die Nebenkläger hatten sich für bis zu vier Jahre Haft ausgesprochen. Die aus Belgrad und dem Rhein-Main-Gebiet angereisten Angehörigen, darunter die Frau und Tochter von Saulic, nehmen laut den Anwälten dem 37-Jährigen die Reue nicht ab. Sie beklagen, dass es keine Antworten auf die Fragen nach dem Warum der Fahrt und den Geschehnissen in der Nacht zuvor gab. Hierzu hatte der Deutsche keine Fragen beantwortet.

Die Polizei hatte im Blut des Mannes rund zwei Stunden nach dem Unfall noch 0,8 Promille Alkohol und Reste eines Cannabis-Konsums gefunden. Er hatte sich bei dem Auffahrunfall, bei dem beide Fahrzeuge erst nach rund 160 Metern und einer kompletten Drehung zu stehen kamen, an der Schulter verletzt. Er soll laut Polizei auch kurz bewusstlos gewesen sein. In der mündlichen Verhandlung saß er zusammengesunken auf seinem Stuhl, seine leisen Antworten waren kaum zu verstehen. Nach seinem letzten Wort vor der Urteilsverkündung beschimpfte und beleidigte ihn einer der Nebenkläger laut.

Die Nebenkläger äußerten über die Anwälte ihr Unverständnis, dass die Fahrt nach deutscher Rechtsprechung als fahrlässige Tötung beurteilt werde. Das Gericht machte in der Urteilsbegründung daraufhin deutlich, dass dem 37-Jährigen kein Tötungsvorsatz nachzuweisen sei. „Kein Urteil dieser Welt kann das Leid der Familien wieder gut machen“, sagte der Richter abschließend.

Der Sänger war nach einem Konzert am Vorabend in Bielefeld auf dem Weg zum Flughafen in Dortmund. Saulic, der aus ärmlichen Verhältnissen aus der westserbischen Stadt Sabac stammt, galt auf dem Balkan als Superstar. Bis zu seinem Tod brachte er 23 Singles, 32 Alben und zwei Best-Of-Alben heraus. Er trat nicht nur im ehemaligen Jugoslawien beziehungsweise den daraus entstandenen Nachfolgestaaten auf, sondern auch in zahlreichen westeuropäischen Ländern und den USA.

(chal/dpa)
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