NRW-Polizei mit 1000 Beamten im Einsatz Landesweite Großkontrolle wegen Messerangriffen

Düsseldorf/Dortmund/Köln · Mehr als 1000 Polizisten gehen am Samstagabend gegen Messergewalt in NRW vor. In mehreren Städten finden zeitgleich Großkontrollen statt. Wo in Düsseldorf kontrolliert wird und wie NRW-Innenminister Herbert Reul den Großeinsatz begründet. Unser Chefreporter begleitet die Einsatzkräfte.

Bilder - Partyzonen in NRW: Polizei führt Kontrollen durch
23 Bilder

So liefen die Durchsuchungen in der Düsseldorfer Altstadt ab

23 Bilder
Foto: Endermann, Andreas (end)

Der Bolker Stern in der Düsseldorfer Altstadt ist an diesem Samstagabend abgeriegelt. Die Polizei hat den Bereich mit einem Großaufgebot und Einsatzfahrzeugen umstellt und mit Flutlichtscheinwerfern ausgeleuchtet. Wer die U-Bahnstation hochkommt, wird von den Polizisten empfangen. „Wer nicht angesprochen wird, soll sofort weitergehen“, ruft ein Polizist. Im Minutentakt werden Personen von den Polizisten herausgezogen und zur Seite geführt, wo sie auf Waffen hin kontrolliert werden. „Kommen Sie bitte mal mit zu mir“, sagt derselbe Polizist zu einem jungen Mann, der gerade die U-Bahn hinaufgekommen ist. „Ihr übertreibt hier voll“, entgegnet dieser. Polizisten tasten ihn ab, finden aber nichts und lassen ihn wieder gehen. „Seht ihr, voll übertrieben.“

Übertrieben hat die Polizei nicht – das zeigen allein die vielen sichergestellten Messer sowie eine Schusswaffe, die bereits zu Beginn der Großkontrolle in Düsseldorf sichergestellt worden sind. Die vollständige Einsatzbilanz gibt es am Sonntag.

Am Samstagabend hat es eine landesweite Großaktion der Polizei gegen Messergewalt angelaufen. Mehr als 1000 Polizeikräfte sind nach Informationen unserer Redaktion aus Sicherheitskreisen zeitgleich in den Ausgehvierteln, Feiermeilen und in der Nähe von Bahnhöfen in mehreren NRW-Städten im Einsatz – davon mehr als 250 in Düsseldorf, mehr als 300 in Köln und 200 in Dortmund. Sie durchsuchen Personen nach verdächtigen Gegenständen – insbesondere nach Messern. Es handelt sich um den ersten landesweiten Großeinsatz der Polizei, der sich gegen die ausufernde Messergewalt richtet.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) steht an einer Straße nahe des Dortmunder Hauptbahnhofes vor einem Kiosk, das gerade von Polizisten und Mitarbeitern des Ordnungsamtes kontrolliert wird. Es heißt, es werden dort und in den umliegenden Cafés Drogen vertrieben. Die Straße davor ist von der Polizei abgesperrt. Reul lässt sich von den Einsatzkräften ins Bild setzen. Ob was gefunden worden ist, kann noch nicht gesagt werden. Auch die Kontrolle steht im Zusammenhang mit der Messerkontrollen. Am Dortmunder Hauptbahnhof haben sich massive Kräfte der Polizei formiert – mehrere Mannschaftswagen stehen vor dem Osteingang. Es herrscht reges Treiben, viele Menschen sind unterwegs. Auch rund um den Hauptbahnhof sind an einigen Straßenecken Polizisten postiert. Sie sind gekommen, um ein Zeichen zu setzen gegen die ausufernde Messergewalt im Land. „Wir kontrollieren, ob Menschen gefährliche Waffen wie Messer bei sich führen“, sagt ein Polizist.

Hintergrund der ersten Großkontrolle dieser Art überhaupt: Mehrere tragische Vorfälle in den vergangenen Wochen, in denen Messer eine Rolle spielten und Menschen schwer verletzt oder getötet wurden. Messergewalt ist laut NRW-Innenministerium zunehmend ein Problem in den Innenstädten – dort, wo viele Menschen in den Abendstunden zusammenkommen und Alkohol konsumieren, meistens an Wochenenden oder vor Feiertagen.

Duisburg: Messerattacke in Fitnessstudio - Fotos vom Großeinsatz
26 Bilder

Großeinsatz in Duisburger Innenstadt – mehrere Verletzte nach Messerangriff

26 Bilder
Foto: dpa/Christoph Reichwein

Die Einsätze finden unter anderem in Aachen, Bonn, Münster Dortmund, Düsseldorf und Köln statt. Und weiter heißt es: Die nordrhein-westfälische Polizei reagiert mit den Kontrollen auch auf die gestiegenen Zahlen in den Bereichen Gewaltkriminalität sowie Kinder- und Jugendkriminalität.

In der Altstadt der Landeshauptstadt, in der es an diesem Samstagabend sehr voll ist, hat die Polizei große Kräfte zusammengezogen. Dort wird in der gesamten Altstadt kontrolliert; Schwerpunkte: Rheinuferpromenade und Bolker Stern. Obwohl in Teilen der Düsseldorfer Altstadt bereits eine Waffenverbotszone eingerichtet worden ist, gelangen immer wieder Messer in die Feiermeile, die auch eingesetzt werden – oft aus nichtigsten Gründen – auch deswegen nun das konsequente Einschreiten der Polizei.

In Köln ist die Polizei rund um die Zülpicher Straße, am Aachener Weiher und den Ringen im Großeinsatz. In Dortmund wird der Bereich rund um den Hauptbahnhof kontrolliert; dort wird die Landespolizei durch die Bundespolizei unterstützt, die für die Sicherheit der Bahnhöfe zuständig ist.

Reul, der sich vor Ort selbst ein Bild von den Kontrollen macht, sagte: „Messer gehören in die Küche, nicht auf die Partymeile. Zu viele Vorfälle an den Wochenenden auf den bekannten Feierzonen zeichnen jedoch ein anderes Bild. Deshalb zeigt unsere Polizei mit dieser ersten Kontrollnacht gegen Messergewalt deutlich die Grenzen des Erlaubten auf“, betonte Reul. Und weiter: „Mit den Kontrollen wollen wir niemanden ärgern, sondern zeigen, dass das Mitführen von Messern nicht normal und nicht erwünscht ist. Eine Stichwaffe ist kein Handy und keine Geldbörse und darf deshalb niemals zu den gewöhnlichen persönlichen Gegenständen gehören“, so der NRW-Innenminister.

Allein am Feiertagswochenende vom 28. April bis 1. Mai 2023 ereigneten sich laut NRW-Innenministerium in acht Städten in Nordrhein-Westfalen Angriffe mit Messern. In Leverkusen erlag ein 35-jähriger Mann seinen schweren Stichverletzungen. Im vergangenen Jahr wurden in NRW mehr als 5000 Fälle mit dem Tatmittel „Stichwaffe“ erfasst. Fast 4200 Mal wurde ein Messer als Tatmittel eingesetzt.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will nun in Zügen und Bussen ein Messerverbot durchsetzen. Der „Bild am Sonntag“ sagte die Ministerin: „Ich werde nächste Woche bei der Innenministerkonferenz ein generelles Messerverbot in Zügen und im gesamten öffentlichen Nahverkehr vorschlagen. Ich bin für ein Verbot, damit strikter kontrolliert und schlimme Gewalttaten verhindert werden können.“ Kontrolliert werden soll das Messerverbot von der Bundespolizei und den Länderpolizeien. „Die Bundespolizei kann die stichpunktartigen Kontrollen an Bahnhöfen erhöhen“, so Faeser. „Genauso sollten die Länder mit ihren Polizeien handeln. Wer gegen das Waffenrecht verstößt, begeht eine Straftat, die streng geahndet werden kann.“

Dieser Text wird fortlaufend aktualisiert.

(csh/aku)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort