200 Angehörige vor Kölner Klinikum „Das ist bei Großfamilien der Roma in Deutschland durchaus üblich“

Düsseldorf/Köln · Rund 200 Angehörige eines verstorbenen Kindes haben sich am vergangenen Donnerstag vor einem Kölner Krankenhaus versammelt. Jetzt widerspricht die Polizei Berichten, nach denen sich die Angehörigen bedrohlich verhalten hätten. Ermittelt wird nur gegen den Vater.

Bereits vergangenen Mittwoch wurde ein sechsjähriges Mädchen wegen eines Herzfehlers an der Uniklinik Köln operiert. Laut einem Polizeisprecher ging es ihr nach der Operation zunächst gut. In der Nacht auf Donnerstag verschlechterte sich ihr Zustand jedoch. Das Mädchen überlebte die Nacht nicht. Nachdem die Familie des Kindes benachrichtigt worden war, versammelten sich am Donnerstagnachmittag die ersten Angehörigen vor dem Herzzentrum der Uni-Klinik. Mehrere Medien hatten über den Fall berichtet, darunter auch RP Online. In den meisten Berichten war zu lesen, die Polizei habe das Herzzentrum der Uniklinik über mehrere Stunden beschützen müssen, weil 200 Familienmitglieder dem Chefarzt mit dem Tod gedroht hätten.

Dem widerspricht jetzt die Polizei. Richtig sei, dass von Donnerstag auf Freitag rund 200 Familienmitglieder vor der Klinik zusammen kamen. Die Angehörigen blieben laut Polizei Köln jedoch friedlich und wollten vor allem trauern. „Das ist bei Großfamilien der Roma in Deutschland durchaus üblich. Die Angehörigen sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt und kommen dann nach und nach zu dem betroffenen Krankenhaus“, sagt Christoph Gilles, Sprecher der Polizei Köln. Entgegen einiger Berichte musste der Chefarzt der Klinik auch nicht unter Polizeischutz nach Hause gebracht werden. Als die Polizei eintraf war er gar nicht mehr in der Klinik, so Gilles.

Der 54-jährige Vater des Mädchens dagegen hatte tatsächlich eine Todesdrohung gegen den Chefarzt ausgesprochen. “Deshalb haben wir eine Strafanzeige wegen Bedrohung gestellt und ihn verwarnt“, sagt der Polizeisprecher. Sollte der 54-Jährige wegen Bedrohung verurteilt werden, droht ihm bis zu einem Jahr Gefängnis oder eine Geldstrafe. Bislang habe der Vater keine weiteren Drohungen gegen den Arzt ausgesprochen.

Obwohl die 200 Familienangehörigen größtenteils friedlich waren, blieb die Polizei mehrere Stunden vor Ort. Auch eine Hundertschaft hielt sich auf Abruf bereit. „Der Tod eines Kindes ist eine sehr emotionale Angelegenheit. Deswegen wussten wir nicht, ob die Situation vielleicht doch noch eskaliert“, sagt Gilles.

Der Polizei sind solche Situationen allerdings nicht unbekannt. In Kölner Krankenhäusern treten regelmäßig größere Gruppen auf. „Vor einigen Jahren ist ein Familienoberhaupt, ein sogenannter Pate, in Köln verstorben. Daraufhin standen bei der Beerdigung 500 Familienangehörige auf dem Melatenfriedhof“, sagt Gilles. Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit noch die Todesursache des Kindes. Einzelne Angehörige werden außerdem von der Polizei verhört. Die Uni-Klinik Köln wollte sich auf Anfragen unserer Redaktion nicht zu den Ereignissen äußern.

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