Aktion gegen reisende Einbrecherbanden Größter Einsatz der Polizei in NRW

Düsseldorf/Roermond · Mit einem beispiellosen Großeinsatz sind deutsche und niederländische Beamte gegen mobile Einbrecherbanden vorgegangen. 5647 Fahrzeuge wurden kontrolliert, 9422 Personen überprüft und 67 Personen festgenommen.

Der dunkelgrüne Citroën Xantia passt genau ins Fahndungsraster des Landeskriminalamtes (LKA): Der Wagen ist alt, etwas zerbeult, die Reifen sind fast abgefahren. Das Wichtigste aus Polizeisicht ist aber, dass das Auto ein bulgarisches Kennzeichen hat und hinter dem Steuer ein Mann sitzt, der dem Täterprofil der Ermittler genauestens entspricht: ein Südosteuropäer zwischen 20 und 40 Jahren, der aus den Niederlanden nach Nordrhein-Westfalen fährt. Die Polizisten winken ihn am Grenzübergang Roermond raus, überprüfen seine Personalien, durchsuchen den Kofferraum nach Diebesgut und Einbruchswerkzeugen. Fündig werden sie nicht. Der Mann gibt an, geschäftlich in Köln zu tun zu haben. Er mache etwas Import und Export. Was genau, will er nicht sagen. Den Polizisten reichen die Angaben. Er darf weiterfahren.

Mehr als 3000 Polizisten haben gestern von 9 bis 18 Uhr in einer bislang beispiellosen Aktion gegen mobile Einbrecherbanden die Grenzen zu den Niederlanden und Belgien zum Teil abgeriegelt. Die Aktion richtete sich gegen kriminelle Banden aus Südosteuropa, die in den Niederlanden zu Hause sind und seit Monaten über die Grenze nach NRW einreisen, um dort Einbrüche zu begehen. "Sie verüben viele Einbrüche in sehr kurzer Zeit und verschwinden dann wieder ins Ausland", betont Einsatzleiter Frank Kubicki. Durch die gestrigen Kontrollen an der Grenze werde der Druck auf diese Organisationen erhöht und deren Reisewege gestört. "Wir lernen mehr über die Strukturen der Banden und über die Absatzwege des Diebesgutes", erklärt Kriminaldirektor Kubicki. Innenminister Ralf Jäger (SPD) ergänzte in einer Stellungnahme: "Mit überörtlichen Strategien, Einsätzen und Ermittlungen stellen wir uns den Tätern in den Weg."

Aktion gegen reisende Einbrecherbanden: Größter Einsatz der Polizei in NRW
Foto: Polizei

Unter Federführung des Polizeipräsidiums Düsseldorf nahmen 13 Polizeibehörden von Köln bis Kleve an dem Großeinsatz teil. Während die deutschen Polizisten, darunter auch viele Zivilfahnder, die Grenzen blockierten, kümmerten sich rund 400 niederländische Polizisten um das Hinterland. Insgesamt wurden 200 Kontrollpunkte zwischen Kleve und Aachen entlang der deutsch-niederländischen Grenze an den Autobahnen eingerichtet. Parallel dazu gab es Haus-, Hotel- und Wohnungsdurchsuchungen in NRW-Großstädten. In Düsseldorf zum Beispiel wurden ab 5.30 Uhr morgens unter anderem Unterschlüpfe von verdächtigen Personen kontrolliert. Die Bundespolizei überprüfte Bahnhöfe. Auch in Neuss fanden ähnliche Maßnahmen statt. Insgesamt wurden 5647 Fahrzeuge kontrolliert und 9422 Personen überprüft, 67 Personen wurden festgenommen, gegen 17 davon lag ein Haftbefehl vor.

Mehr als 60 Landes- und Bundespolizisten standen allein am Grenzübergang der Autobahn 52 bei Roermond in Fahrtrichtung NRW. Dafür wurde die Fahrbahn in dem Bereich auf einer Länge von mehreren Hundert Metern auf eine Spur verengt. Die Autos mussten im Schritttempo an dem Kontrollpunkt vorbeifahren. Beinahe im Minutentakt wurden die Verkehrsteilnehmer rausgewunken, kontrolliert und überprüft. Auch die sogenannte grüne Grenze über die Landstraßen wurde abgesperrt. Über dem Einsatzgebiet kreiste den ganzen Tag über ein Polizeihubschrauber, der die Beamten am Boden darüber informierte, wenn ein verdächtiges Fahrzeug an der Ausfahrt vorher abbog und umdrehte. Fahnder in Zivilautos nahmen dann die Verfolgung auf.

Um kurz nach zwölf Uhr wird es plötzlich ein wenig unruhig am Kontrollpunkt Roermond. Mehrere Polizisten belagern ein einziges Auto. Ein Prominenter ist angehalten worden: Thomas Allofs. Der ehemalige Fußballprofi, der bis vor kurzem noch im Vorstand von Fortuna Düsseldorf saß, ist von der massiven Polizeipräsenz überrascht. Erst als die Beamten ihm sagen, worum es geht, entspannen sich seine Gesichtszüge wieder. Auch er darf weiterfahren. "Bekannte Personen werden bei uns genauso wie jeder Andere behandelt", sagt ein Polizist am Kontrollpunkt.

Die Zahl der Einbrüche steigt in NRW seit Jahren — seit 2010 um mehr als 30 Prozent. Die Aufklärungsquote liegt landesweit bei nur 13,8 Prozent — NRW rangiert im Ländervergleich an unterer Stelle. Statistisch gesehen wird alle zehn Minuten in ein Haus oder in eine Wohnung eingebrochen. Laut Innenministerium lag der Schaden, der durch Einbrecher in NRW verursacht wurde, im Jahr 2012 bei rund 160 Millionen Euro. Die Auswertung für das vergangene Jahr liegt noch nicht vor. Experten rechnen aber damit, dass die Zahl weiter gestiegen ist — trotz aller Bemühungen der Polizei, das Problem in den Griff zu bekommen.

Aber auch im Nachbarland wird viel eingebrochen. Ein holländischer Polizeisprecher erklärte: "Die Täter wohnen nicht nur bei uns, sondern auch in NRW."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort