Missglückte Protestaktion vor EM-Spiel „Es muss geklärt werden, wie das passieren konnte“

Düsseldorf/München · Die Polizei arbeitet die missglückte Protestaktion eines Umweltaktivisten vor dem EM-Spiel der Nationalmannschaft auf. Was bedeutet die Aktion für die Sicherheit der Stadien?

 Der Greenpeace-Aktivist am Dienstagabend im Münchener Stadion.

Der Greenpeace-Aktivist am Dienstagabend im Münchener Stadion.

Foto: dpa/Matthias Hangst

Die missglückte Protestaktion kurz vor dem Anpfiff des EM-Spiels der deutschen Fußballnationalmannschaft wird vermutlich auch Auswirkungen auf die Sicherheitskonzepte der Stadien in anderen Bundesländern haben. „Der Fall wird jetzt bestimmt in allen Ländern, die Fußballstadien haben, nachbearbeitet. Es muss geklärt werden, wie das passieren konnte“, sagte Michael Mertens, NRW-Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, unserer Redaktion. „Der Luftraum wird überwacht. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt“, so Mertens.

Ein Motorschirm-Flieger, ein 38 Jahre alter Aktivist der Umweltorganisation Greenpeace, war am Dienstagabend gegen 21 Uhr über der Münchner Arena ins Taumeln geraten und Zuschauern gefährlich nahegekommen, bevor er unsanft auf dem Rasen landete. Im Landeanflug wurden zwei Männer verletzt, die ins Krankenhaus kamen. Der Pilot wurde festgenommen, sein Flieger sichergestellt.

„Das Polizeipräsidium München betont, dass es keinerlei Verständnis für solche unverantwortlichen Aktionen gibt, bei denen eine erhebliche Gefährdung von Menschenleben in Kauf genommen wird“, hieß es in der Mitteilung der Polizei.

Über dem Stadion gilt bei den EM-Spielen laut Innenministerium ein totales Flugverbot. „Es hätte ganz anders ausgehen können, auch für den Piloten“, betonte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). „Wenn die Polizei zur Einschätzung gelangt wäre, dass es sich um einen Terroranschlag handelt, hätte er das mit dem Leben bezahlen müssen. Die eingesetzten Scharfschützen hatten ihn bereits im Visier.“

Es sei Aufgabe der Bundeswehr und der Polizei, den Luftraum zu überwachen, sagte  ein Sprecher des Polizeipräsidiums München. „Wir konnten den Anflug kurz vorher bereits wahrnehmen und haben in einer Ersteinschätzung schon auch erkannt, dass es sich hier um eine Aktion von einer Umweltorganisation handelt.“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte Konsequenzen an. „Das wird genau behandelt, das sind klare Verstöße“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk. „Das ist kein Kavaliersdelikt.“ Die Europäische Fußball-Union Uefa sprach von einer „rücksichtslosen und gefährlichen Aktion“, die schwerwiegende Folgen für viele Menschen hätte haben können. Auch der Deutsche Fußball-Bund verurteilte den Protest.

Stadien gelten innerhalb von Sicherheitsbehörden als mögliches Ziel von Terroranschlägen. „Deshalb werden sie auch gut gesichert“, sagte Mertens. Ein Schreckensszenario lautet: Eine Drohne, die mit Sprengstoff bestückt ist, wird in ein volles Fußballstadion gesteuert. „Wir können Drohnen selber runterholen. Deshalb ist es aber auch wichtig, dass die Hintergründe des Vorfalls am Dienstagabend genau ergründet werden“, so Mertens.

Eigentlich hätte laut Greenpeace alles ganz anders ablaufen sollen. Die Umweltorganisation forderte bei Twitter von Volkswagen, keine klimaschädlichen Diesel- und Benzinautos mehr zu verkaufen. Dazu sollte der Pilot vor Spielbeginn einen großen gelben Ball in die Arena sinken lassen. Dabei geriet er in eine Stahlseilkonstruktion am Stadiondach und kam ins Trudeln, so dass er ins Stadion herabsank.

Ein Sprecher räumte noch während des laufenden Spiels ein, dass die Aktion missglückt sei – und entschuldigte sich. „Das tut uns wahnsinnig leid“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Auf dem Twitteraccount von Greenpeace hieß es: „Dieser Protest hatte nie die Absicht das Spiel zu stören oder Menschen zu verletzten.“ Greenpeace-Aktionen seien immer friedlich und gewaltfrei.

Es wurde bereits Kritik am Status der Umweltorganisation laut. „Die Forderungen, Greenpeace jetzt die Gemeinnützigkeit abzuerkennen, sind völlig überzogen. Aktionen, die die Gesundheit anderer gefährden, gehen gar nicht. Das gilt selbstverständlich auch für Greenpeace. Gut, dass Greenpeace sich erklärt und um Entschuldigung gebeten hat“, sagte Michael Kellner, politischer Bundesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen. (mit dpa)

(mit dpa )
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