Steigende Kriminalität Gewerkschaft fordert Umbau der Polizei

Düsseldorf · Um der steigenden Kriminalität in NRW Herr werden zu können, muss sich die Polizei neu aufstellen. Das verlangt die Gewerkschaft der Polizei in einem noch unveröffentlichten Positionspapier. Um Schwarzfahren oder Ladendiebstähle könne man sich bei Ersttätern bald nicht mehr kümmern.

Seit Jahren steigen die Kriminalitätsraten im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen. "Bei immer weniger zur Verfügung stehendem Personal bei der Polizei führt kein Weg daran vorbei, die kriminalpolitischen Handlungskonzepte zu überarbeiten", findet der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW, Arnold Plickert. "Wir müssen klären, wofür die Polizei in Zukunft zuständig sein soll und wofür nicht."

Aus einem Positionspapier der GdP, das unserer Redaktion vorliegt, geht die Forderung hervor, dass sich Polizisten unter anderem künftig nicht mehr mit der Bearbeitung von kleineren Vergehen wie etwa Schwarzfahren, Ladendiebstählen und Nachbarschaftskonflikten aufhalten sollten. Diese Taten müssten stattdessen direkt von den Bußgeldstellen geahndet werden. "Das gilt für Ersttäter und heißt nicht, dass wir das verharmlosen wollen", stellte Plickert klar.

In dem 62 Seiten starken Papier wird beschrieben, wie sich die Polizei auf sämtlichen Kriminalitätsfeldern in Zukunft aufstellen muss, um die ausufernde Kriminalität eindämmen zu können. Landesweit gab es im vergangenen Jahr rund 1,5 Millionen Straftaten. Die Aufklärungsquote lag unter 50 Prozent. Angesichts dieser Entwicklung sei es dringend notwendig, Ressourcen bei der Polizei zu verschieben und enger mit Kommunen und Staatsanwaltschaften zusammenzuarbeiten, heißt es in dem "Kriminalpolitischen Programm" der GdP.

Da zunehmend ältere Menschen Opfer von Gewaltverbrechen werden, sollten bei den Staatsanwaltschaften flächendeckend Sonderdezernate geschaffen werden, die sich nur mit diesen Delikten beschäftigen. Der Kampf gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel solle ebenfalls bei spezialisierten Fachdezernaten der Staatsanwaltschaften angesiedelt werden.

Auch im Bereich der Korruptionsbekämpfung sieht die Polizei Handlungsbedarf. Die GdP fordert, dass für Korruptionstatbestände eine strafbefreiende Selbstanzeige oder eine "kleine Kronzeugenregelung" eingeführt wird. Das heißt, dass Betroffene, die sich selbst bei der Polizei melden, mit Straffreiheit rechnen können. Deutlich aufgerüstet werden müsse auch der Fachbereich Cyberkriminalität.

Dafür sollten auch externe Fachleute eingestellt werden. Ähnliches gilt für den Kampf gegen Einbrecherbanden. Das Land müsse mehr Gelder bereitstellen, um mehr qualifizierte Ermittler einstellen und eine zentrale Fahndungsplattform im Internet einrichten zu können.

Jäger und CDU skeptisch

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) lehnte den Vorschlag ab, dass Schwarzfahren, Ladendiebstahl und andere Delikte mit "geringer krimineller Energie" nur noch mit einem Bußgeld geahndet werden. "Neuen Herausforderungen muss die Polizei sich stellen ohne andere Dinge zu vernachlässigen", sagte Jäger am Dienstag im WDR-Fernsehen. Auch die CDU hält wenig von der Idee. Ein Verzicht auf die Verfolgung von Kleinkriminalität komme einer staatlichen Kapitulationserklärung gleich, teilte die CDU-Fraktion im Landtag mit. Polizeibeamte sollten stattdessen von Verwaltungstätigkeiten entlastet werden.

(RP)
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