Emmerich Gerichtsurteil: Jäger befürchten Verbote

Emmerich · Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte könnte für Jäger am Niederrhein ein Problem werden. Wer aus ethischen Gründen die Jagd ablehnt, darf den Grünröcken das Betreten von Grundstücken verweigern.

Jäger in Deutschland genießen alte Rechte. Sie dürfen zum Beispiel auf der Pirsch fremde Ländereien betreten, ohne dies dem Eigentümer vorher mitteilen zu müssen. Doch damit ist es bald vorbei. Die Klage eines deutschen Landbesitzers vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte schafft dieses Privileg nun ab. Wer die Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, muss künftig keine Grünröcke mehr auf seinem eigenen Land dulden.

Kein Wunder, dass sich auch die Jägerschaft am Niederrhein Gedanken über die Folgen macht. Dr. Leo Rehm, der Leiter des Hegerings Emmerich-Rees sagt: "Das Urteil ist für die Jäger nicht gut." Noch ist ihm kein Fall aus der näheren Umgebung bekannt. Aber, so hat er gehört, es soll bundesweit bereits 50 Anträge an die jeweiligen Jagdbehörden geben.

"Dieser Fall stammt aus Bayern", weiß Rehm. "Der Mann hat alle Instanzen durch, angefangen beim Amtsgericht. Immer hat er verloren. Bis er eben vor dem Europäischen Gerichtshof Recht bekommen hat. Das war eine knappe Mehrheitsentscheidung der Richter."

Die Bundesrepublik muss das Urteil nun in nationales Recht umwandeln. Und auch in den unteren Behördenetagen gibt es Konsequenzen. "Wer künftig erreichen will, das sein Grundstück von Jägern nicht betreten wird, muss einen Antrag stellen. Danach wird er einer Art Gewissensprüfung unterzogen", so Rehm. Und es werde abgewogen zwischen den Interessen des Einzelnen und denen der Allgemeinheit. Denn wenn durch ein Verbot beispielsweise die Bekämpfung von Wildschäden oder Tierseuchen behindert werde, könne einem Antrag nicht stattgegeben werden.

Ansonsten gelte die deutsche Rechtssprechung, die besagt, dass jeder, der ein Grundstück in einem Jagdbezirk hat, auch zwangsweise ein Mitglied in einer Jagdgenossenschaft ist. Wobei natürlich auf einer Fläche, die früher einmal zur Jagd genutzt wurde und auf der heute eine Siedlung steht, nicht mehr gejagt werden darf.

Wie sinnvoll der Richterspruch und die daraus resultierende Gesetzesänderung sind, darüber will Rehm nicht urteilen. Er gibt aber zu bedenken, dass Jäger nicht einfach alles abschießen, sondern Zählungen durchführen und den Auftrag haben, Wildbestände zu pflegen.

"Das Urteil ist noch nicht in nationale Gesetzgebung umgesetzt worden", sagt Hermann Gottschalk, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Wesel. Doch das ist nur eine Frage der Zeit. Und die ersten Anträge von Grundstücksbesitzern liegen der Unteren Jagdbehörde bereits vor, bestätigt der Sprecher des Kreises Wesel, Frank Brendel.

Würden künftig bestimmte Flächen für Jäger gesperrt, würden die Tiere langfristig den Schutz der jagdfreien Flächen schätzen lernen und sich dort stark vermehren — und dabei auch Schäden auf den benachbarten Flächen anrichten. Dann stelle sich die Frage, ob denn der Landbesitzer Schadensersatz bezahlt.

(RP/top)
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