Brütereien verklagen NRW-Umweltminister Gericht urteilt über umstrittenes Küken-Schreddern

Münster · Millionen männliche Küken werden nach dem Schlüpfen getötet. Mit dieser umstrittenen Praxis beschäftigt sich am Freitag (10 Uhr) das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster.

Werden die männlichen Küken auch weiterhin geschreddert? Das NRW-Gericht entscheidet am Freitag.

Werden die männlichen Küken auch weiterhin geschreddert? Das NRW-Gericht entscheidet am Freitag.

Foto: dpa, mac pzi htf

Landesumweltminister Johannes Remmel (Grüne) wollte das Töten 2013 per Erlass unterbinden. Dagegen zogen elf betroffene Brütereien vor die Verwaltungsgerichte. Zwei Unternehmen bekamen in der ersten Instanz am Verwaltungsgericht Minden Recht. Weitere Verfahren sind anhängig. Dabei geht es um die Abwägung zwischen den wirtschaftlichen Interessen der Kükenbrütereien und dem Tierschutz. In dem bundesweit beachteten Streit wollen die obersten NRW-Verwaltungsrichter noch am Freitag ein Urteil verkünden.

NRW-Landesumweltminister Johannes Remmel setzt sich schon seit 2013 für das Ende des Küken-Schredderns ein.

NRW-Landesumweltminister Johannes Remmel setzt sich schon seit 2013 für das Ende des Küken-Schredderns ein.

Foto: dpa, mku cul

Männliche Küken werden direkt nach dem Schlüpfen getötet, weil sie lebend den Unternehmen keinen wirtschaftlichen Nutzen bringen. Sie legen keine Eier und setzen für die Mast als speziell gezüchtete Hühnerrasse nicht genug Fleisch an.

Theologe: Billig-Eier kaufen ist unchristlich

Der Theologe und Zoologe Rainer Hagencord fordert einen Systemwandel beim Kükenschreddern. Billig-Eier zu kaufen sei unchristlich, sagte der Wissenschaftler des Instituts für theologische Zoologie in Münster im domradio-Interview.

Hagencord rief zum Überdenken eines Systems auf, "bei dem nicht das Wohl der Tiere maßgeblich ist, sondern Profitmaximierung". Billige Eier zu kaufen, für die gezielt männliche Küken geschreddert würden, sei "schizophren", so der Theologe. Spieler in diesem System seien Verbraucher, Geflügelbetriebe, deren Niedriglohn-Mitarbeiter sowie Politiker und Gesetzgeber.

Zu einer wirtschaftlichen Notwendigkeit des Kükenschreddern gebe es Alternativen, sagte Hagencord. Der Drohkulisse einer Abwanderung ins Ausland könne man auch mit dem Modell einer "anderen Tierhaltung in Deutschland" begegnen. Hagencord zitierte aus der Enzyklika "Laudato si" von Papst Franziskus und sagte: "Die Tiere haben einen Eigenwert.

Die Tiere sind nicht unseretwillen da." Das gelte "nicht nur für den Pudel und die Katze oder das nette Kaninchen"; das gelte auch "für jede Pute und jedes Huhn". Die Tiere würden zu Rohstoffen degradiert, so der Theologe. "Da muss man als christlicher Politiker oder christlich suchender Mensch deutlich sagen: So geht es nicht."

Überblick über Alternativen für Verbraucher

Verbraucher können beim Eierkauf etwas gegen das Kükentöten tun: Mittlerweile gibt es Initiativen von Haltern, die auch männliche Küken aufziehen oder Eier von sogenannten Zweitnutzungshühnern verkaufen. In der Regel bekommt man diese aber nicht einfach so im Supermarkt, sondern in speziellen Bio- und Naturkostläden oder im Hofverkauf. Ein Überblick des Deutschen Tierschutzbundes:

- Bruderhahn-Initiative (www.bruderhahn.de): Dieser Zusammenschluss aus Produzenten, Höfen und dem Handel verlangt 4 Cent Zuschlag pro Ei. Diese 4 Cent sollen in die Aufzucht der Brudertiere investiert werden. Welche Händler Eier aus der Initiative führen, findet man unter http://dpaq.de/66zUh

- Haehnleinprojekt: Ein Zusammenschluss verschiedener Betriebe in Mecklenburg-Vorpommern. Die männlichen Tiere werden auf den Höfen aufgezogen, gehalten und dann das Fleisch verkauft. Haehnlein-Eier und -Fleisch gibt es in Biomarktketten sowie regional auch in großen Supermarktfilialen http://dpaq.de/5VzxD

- Initiative "Ei care": Auf den Biohöfen wachsen Zweitnutzungshühner auf, die neben Eiern auch Fleisch liefern. Die Eier- und Fleischmenge der Rassetiere ist dabei aber etwa ein Drittel geringer im Vergleich zu hochgezüchteten Hybridtieren. Einkaufsmöglichkeiten finden Verbraucher unter http://dpaq.de/VYZjt

Auch in einigen großen Supermarktketten finden Verbraucher zumindest regional Eier von Zweitnutzungshühnern beziehungsweise von Initiativen, die auch die männlichen Küken der Legehennen aufziehen. Dazu gehören Edekafilialen in Dibbersen, Buchholz, Salzhausen, Elstorf, Rostock und Neu Wulmstorf sowie Rewe-Supermärkte in Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Schleswig Holstein, Mecklenburg, Brandenburg, Berlin, Baden Württemberg und Rheinland-Pfalz.

Von den Bioläden haben Denn's Biomärkte bundesweit solche Eier im Sortiment sowie Alnatura Supermärkte in Hamburg, Bremen, Hannover und Nordrhein-Westfalen.

(felt/lnw)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort