Rees Gemeinde stärkt Spörkel den Rücken

Rees · Für die Entscheidung zur Geschlechtsveränderung ihres Pfarrers hat die Gemeinde Verständnis. Er wird hier weiter arbeiten, viele sehen das als eine Herausforderung in Sachen Toleranz auf dem Land.

 Pfarrer Spörkel erläuterte die Beweggründe für seine Entscheidung zur Geschlechtsveränderung: "Ich lag am Boden", sagte er.

Pfarrer Spörkel erläuterte die Beweggründe für seine Entscheidung zur Geschlechtsveränderung: "Ich lag am Boden", sagte er.

Foto: van Offern

"Mut" war das Thema des Gottesdienstes am Sonntagmorgen, in dem Pfarrer Spörkel auch ein Video von Derek Redmonds zeigte. Der 400-Meter-Läufer stürzte bei den Olympischen Spielen in Barcelona, quälte sich dann aber schwer verletzt, gestützt von seinem Vater, noch ins Ziel.

 Kirchmeister Erfried Schüttpelz stärkte dem Pfarrer den Rücken, auch mit den kritischen Stimmen müsse man leben. Dirk Cyrener (r.) sieht die Situation als Chance.

Kirchmeister Erfried Schüttpelz stärkte dem Pfarrer den Rücken, auch mit den kritischen Stimmen müsse man leben. Dirk Cyrener (r.) sieht die Situation als Chance.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Diese Person sei sinnbildlich für seine Lebensgeschichte, erzählte Spörkel in der anschließenden Gemeindeversammlung, in der er berichtete, dass die Personenstandsänderung zur Frau quasi abgeschlossen ist. "Ich habe damals auch am Boden gelegen. Ich hätte liegen bleiben können, aber ich habe mich entschlossen, den Weg weiter zu gehen", sagt Spörkel.

 Kirchmeister Erfried Schüttpelz stärkte dem Pfarrer den Rücken, auch mit den kritischen Stimmen müsse man leben. Dirk Cyrener (r.) sieht die Situation als Chance.

Kirchmeister Erfried Schüttpelz stärkte dem Pfarrer den Rücken, auch mit den kritischen Stimmen müsse man leben. Dirk Cyrener (r.) sieht die Situation als Chance.

Foto: van Offern, Markus (mvo)

Gestützt worden sei er dabei von der Gemeinde und dem Presbyterium. Ohne diesen Rückhalt sei der Schritt nicht möglich gewesen. "Viele haben gesagt: Gehe in eine andere Gemeinde, ins Ruhrgebiet oder so. Aber ich wollte den Weg hier vor Ort weiter gehen", sagt Spörkel.

Er habe vor zwei Jahren nicht erwartet, dass seine Entscheidung ein so großes Presse-Echo auslösen würde. Damals hatte er bekannt gegeben, dass er auf dem Weg der Geschlechtsveränderung ist und sei mit Anfragen bombardiert worden. Auch damit habe er lernen müssen, umzugehen. Dass das Interesse auch jetzt wieder groß ist, zeigte gestern bereits die breite Diskussion, die es auf RP-Online zu dem Fall gibt. Das Meinungsbild ist hier geteilt. Es gibt Kritik, aber auch Verständnis für die Entscheidung.

Der Rückhalt in Haldern sei bis jetzt groß gewesen. "Es hat den ein oder anderen gegeben, der nicht mehr in den Gottesdienst gekommen ist, aber Kirchenaustritte habe ich nicht erlebt." Auch habe es keine Beschwerdebriefe an die Landeskirche gegeben, sagt Spörkel. In Haldern gebe es eine andere Situation als etwa in Emmerich, wo es innerhalb der St. Christophorus-Gemeinde offene Spannungen gebe. Dass die Gemeinde hinter ihm stehe, zeige auch die Zahl der Anmeldungen bei der Konformation. Die liege bei 100 Prozent. Er sei dankbar für die Erfahrung, dass eine solche Entscheidung heutzutage mitgetragen werde. "Jemand hat mir mal gesagt: Wenn dir das vor 20 Jahren passiert wäre, wäre dir als Konsequenz nur der Selbstmord geblieben."

In der Versammlung gab es fast ausschließlich positive Stimmen. Dirk Cyrener sah den Geschlechtsveränderungs-Prozess des Pastors als eine Chance für die Gemeinde an. "Wir können zeigen, dass so etwas nicht nur in der Stadt möglich ist, sondern auf dem Land Toleranz gelebt werden kann." In den zwei Jahren sei die Gemeinde gemeinsam durch eine schwierige Zeit gegangen und daran auch gewachsen.

Erfried Schüttpelz vom Presbyterium versicherte noch einmal, dass Pastor Spörkel den vollen Rückhalt des Gremiums habe. "Wir kennen auch die kritischen Stimmen", damit müsse die Gemeinde leben.

Auch der Superintendent machte klar, dass jetzt nicht "alles Paletti" ist, wie Dieter Schütte erläuterte. Vielmehr sei die Situation eine dauernde Herausforderung für die Gemeinde. "Keiner hat das Recht, darüber zu werten, was das Leben eines anderen ausmacht." Man könne sich die Lebenswirklichkeit nun einmal nicht selbst aussuchen.

(RP/rl)
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