Bürger gestalten Attraktion zur Weihnachtszeit Gemeinde Much lädt Besucher zum ersten Krippenweg ins Bergische

Much · In der Adventszeit vermitteln Krippenwege nicht nur weihnachtliche Stimmung, sondern erzählen auch etwas über die jeweilige Region. Zum Beispiel über die Gemeinde Much im Rhein-Sieg-Kreis. Dort haben Anwohner mit viel Liebe und Leidenschaft ihren ersten Krippenweg verwirklicht.

 Karl-Josef und Margret Haas vor der "Bergischen Heimatkrippe" in Much.

Karl-Josef und Margret Haas vor der "Bergischen Heimatkrippe" in Much.

Foto: Thielen

 Die Krippe von Karl-Josef Haas steht in einer Scheune, die der ehemalige Landwirt gemeinsam mit seiner Frau Margret vor 15 Jahren zu einem Heimatmuseum umgebaut hat. Wenn Haas über die acht Meter lange „Bergische Heimatkrippe“ spricht, spürt man die Leidenschaft, mit der er bei der Sache ist. Das Modell ist eines der Highlights auf dem Mucher Krippenweg, der in diesem Jahr seine Premiere feiert. Auf vier beschilderten Touren können Besucher bis zum 16. Januar insgesamt 18 Krippen in Much besichtigen. Aufgebaut wurden sie von Privatleuten, Pfarreien und lokalen Unternehmen.

Haas’ Krippe ist die Nummer zwei, und sie besteht aus weitaus mehr als nur der Stallszene mit Christuskind; sie spiegelt auch ein Stück Heimatgeschichte. „Der Modellbau zeigt den typischen Alltag auf dem Land zwischen 1750 und 1850“, sagt der 67-Jährige. Die Krippe hat er vor einigen Jahren von einem inzwischen verstorbenen Krippenbauer der Nachbargemeinde übernommen. Seitdem wurde sie ständig um historische Gebäude aus der Region erweitert, wie die Burg Overbach und die Fatima-Kapelle in Much. Zwei Modellbauer aus der Gemeinde fertigten die Nachbauten im Maßstab eins zu zwanzig, natürlich in Handarbeit.

Der Brauch, verschiedene Krippen in einem Weg zu verbinden, ist vor allem in Süddeutschland verbreitet. Dabei geht es nicht nur um die Darstellung des biblischen Geschehens, sondern es wird auch regionale Kulturgeschichte gespiegelt. Die Zahl der ausgestellten Krippen variiert dabei sehr stark, ein kleiner Ort wie Much bietet dabei natürlich weniger Objekte als eine Großstadt wie Köln, deren Krippenweg auf rund 120 Stationen kommt. Was nichts über den Aufwand aussagt, den die Mucher in ihre Modellpanoramen gesteckt haben.

Authentizität ist dabei das Wichtigste: So bestehen die Bäume tatsächlich aus Ästen und Laub, die Dachschindeln sind einzeln aus Naturstein hergestellt, und beim alten Fachwerkhaus kann man bis ins Plumpsklo schauen. Auf den Nachbau der Mühle ist Haas besonders stolz: „Das Wasserrad wird durch den Druck des Bachlaufs angetrieben und nicht etwa mit Strom“, sagt er. Ein Teil der Krippe ist zum Spielen für Kinder gedacht: „Ich habe heute Morgen schon die Kühe gesucht“, sagt Haas und lacht. „Die hatte es auf eine andere Weide verschlagen.“

 Detail aus der orientalischen Krippe in Much.

Detail aus der orientalischen Krippe in Much.

Foto: Thielen

Für Atmosphäre sorgt auch der Tag-Nacht-Zyklus, den die Anlage etwa alle zehn Minuten durchläuft: Lampen lassen den Waldhintergrund, den ein Künstler aus Much auf acht Holzplatten gemalt hat, in verschiedenen Farben erleuchten. „Das lässt einen zur Ruhe kommen, und die Besucher nehmen diese Stimmung mit nach Hause“, sagt Haas.

Das, sagt Muchs Bürgermeister Norbert Büscher, sei in Pandemie-Zeiten besonders wertvoll, denn die Weihnachtsmärkte in Much mussten abgesagt werden. Der 61-Jährige steht an diesem Morgen in der Remise der Burg Overbach, in der jene drei mal sechs Meter große Krippe ausgestellt ist, die den Anstoß für den Krippenweg gegeben hat. „Sie zeigt eine Marktszene im Orient“, sagt Karl-Heinz Diederichs, der die Krippe gemeinsam mit fünf Ehrenamtlichen aus der Gemeinde aufbaute.

 Karl-Heinz Diederichs vor der orientalischen Krippe in Much.

Karl-Heinz Diederichs vor der orientalischen Krippe in Much.

Foto: Thielen

Durch weinroten Stoff hebt sich der Marktplatz in der Mitte vom sonst sandigen Untergrund ab. In Holzkisten lagern reiskorngroße Orangen, Paprika und Wassermelonen, Händler feilschen um Preise, ein Esel trägt Körbe, und ein Schlangenbeschwörer spielt Flöte. Die eigentliche Stallszene ist in einem der Steinhäuser aufgebaut, die den Marktplatz umringen.

Der Aufbau der Anlage, der 14 Tage dauerte, wurde allerdings von einem traurigen Ereignis überschattet: Eine Woche vor der Eröffnung des Krippenwegs verstarb Heinrich Schmitz, der über Jahrzehnte hinweg die Figuren und Gebäude der Krippe sammelte und baute. „Alle Beteiligten waren bestürzt“, sagt Diederichs. Aus Altersgründen wollte Schmitz, von dem auch die Idee für den Krippenweg stammt, sein Herzensprojekt dieses Jahr verkaufen – doch dann kam die Gemeinde auf ihn zu. „Wir wollten verhindern, dass die Krippe in Einzelteile zerlegt und sonstwohin verkauft wird. Sie sollte in Much bleiben“, sagt Diederichs.

Der Transport der fragilen Tonfiguren war eine Herausforderung. „Wir haben sie vorsichtig in Tücher eingewickelt, damit sie den Transport zur Burg überstehen“, erzählt der Modellbauer. Eine örtliche Restauratorin verlieh den in die Jahre gekommenen Figuren neuen Glanz. Heinrich Schmitz konnte die Krippe am neuen Standort nicht mehr bewundern – dafür aber viele Besucher. „Die Resonanz auf den Krippenweg war am ersten Wochenende sehr gut“, sagt Patricia Wermeister von der Tourist-Information Much. Auf deren Website finden Interessierte alle Informationen zum Krippenweg und den Corona-Regeln.

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