Beschuldigter eröffnet Feuer SEK-Polizist in Gelsenkirchen erschossen

Gelsenkirchen · Ein Polizist ist am Mittwochmorgen in Gelsenkirchen erschossen worden. Bei einem SEK-Einsatz im Drogenmilieu wurde der Beamte durch zwei Schüsse eines Beschuldigten tödlich verletzt.

Gelsenkirchen: SEK-Beamter stirbt bei Drogenrazzia durch Schüsse
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Beschuldigter erschießt SEK-Polizisten

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Foto: dpa/Bernd Thissen

Weil sie ahnten, dass der Einsatz gefährlich werden könnte, wollten sich die Gelsenkirchener Polizisten wappnen – und verloren doch einen Kollegen: Ein 28-jähriger SEK-Beamter aus Münster ist bei einer Wohnungsdurchsuchung in einer Siedlung in Gelsenkirchen am Donnerstagmorgen von der Kugel eines Beschuldigten getroffen worden. Kurz nach dem Einsatz starb er im Krankenhaus.

Die Spezialeinsatzkräfte (SEK) waren hinzugezogen worden, um bei der Vollstreckung eines Durchsuchungsbefehls in einem Drogendelikts-Verfahren mitzuhelfen. „Uns lagen Hinweise vor, dass der Beschuldigte über eine Waffe verfügt“, sagt Polizeisprecher Christopher Grauwinkel am Donnerstag in Gelsenkirchen. Die für solche Situationen vorbereiteten, mit Westen und Helmen ausgestatteten Kollegen des SEK waren deshalb eingebunden worden. Sie sollten helfen, die Wohnung sicher zu betreten.

Was die Drogenfahnder dem 29-Jährigen Gelsenkirchener genau vorwerfen, dazu machten die Behörden zunächst keine Angaben. Nur soviel: Bis dahin sei der Mann der Polizei nicht bekannt gewesen. Nun wird nicht nur wegen Drogenbesitzes und -handels gegen den Gelsenkirchener ermittelt, sondern auch wegen der Tötung eines Polizisten.

Aus Ermittlerkreisen hieß es, der Mann habe offenbar ein Drogenlabor oder eine -plantage in seiner Dachgeschosswohnung betrieben. Am Mittag rückten nicht nur Kriminalbeamte mit Spürhunden an, die unter anderem die Wohnung, die Garage und das Auto des Mannes durchsuchten, sondern auch Sprengstoffexperten des Landeskriminalamtes. Diese nahmen ebenfalls die Wohnung unter die Lupe.

Die Ermittlungen dauern an. Nach der Durchsuchung der Wohnung teilte die Polizei am Mittwochabend mit, dort Marihuana im Wert von 1000 Euro sowie geringe Mengen weiterer Drogen gefunden zu haben; dazu eine größere Menge Bargeld, einen scharfen Revolver, mehrere Luftgewehre, Messer und selbstgebaute Pyrotechnik. Erst am Donnerstag sollte der Tatverdächtige einem Haftrichter vorgeführt werden

Am Mittwochmorgen gegen 6 Uhr soll er mit einer Schusswaffe zwei Mal auf die SEK-Beamten geschossen haben. Laut Polizeigewerkschaft sollen die Schüsse beim Öffnen der Wohnungstür gefallen und durch das Türblatt gegangen sein. Einer verfehlte die Truppe, ein anderer traf den jungen Kollegen, wie Grauwinkel berichtet. Die angegriffenen Polizisten hätten das Feuer erwidert, aber den Tatverdächtigen nicht getroffen.

„Danach hat er sich widerstandslos festnehmen lassen.“ Wo genau die Kugel den SEK-Polizisten traf, dazu wollte der Polizeisprecher keine Angaben machen. Der junge Mann wurde noch ins Krankenhaus gebracht, berichtet er. Doch dort erlag er der Verletzung.

„Die Schutzkleidung schützt nicht den ganzen Körper“, sagt Grauwinkel. „Auch geschulte Spezialkräfte können nun mal bei einem solchen Angriff verletzt werden.“

Wie sich die Tat im Detail ereignet hat, dass ermitteln nun Polizisten aus Krefeld – aus Neutralitätsgründen haben sie den Fall übernommen. Flatterband ist am Vormittag quer durch den Garten des Mehrfamilienhauses mit brauner Klinkerfassade gespannt. Am Fenster jault ein Hund, der dem 29-Jährigen gehören soll.

Die nordrhein-westfälische Polizei reagierte betroffen auf den Verlust des noch jungen Kollegen. Umgehend taten viele Dienststellen in den sozialen Medien ihre Bestürzung kund und sprachen den Angehörigen ihr Beileid aus. „Wir sind unendlich traurig“, hieß es da. Oder: „Wir trauern mit den Angehörigen.“ Die Profilbilder der Polizei bei Facebook und Twitter trugen als Ausdruck der Anteilnahme schwarze Trauerflor-Balken.

Auch NRW-Innnenminister Herbert Reul (CDU) äußerte sich betroffen. „Wir sind in Gedanken bei der Familie des Verstorbenen, seiner Lebensgefährtin und seinen Freunden“, sagte Reul am Mittwoch. „Der Tod dieses jungen Mannes führt uns schmerzhaft vor Augen, welches Risiko die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land jeden Tag eingehen, um die Bürgerinnen und Bürger zu schützen“, sagte der Minister weiter. „Ihr Beruf ist lebensgefährlich, das wissen wir. Umso erschreckender und gnadenloser trifft uns der Tod dieses Kollegen. Heute stehen alle Beschäftigten der Polizei Nordrhein-Westfalens in Trauer vereint als Polizeifamilie zusammen.“

Spurenermittler am Tatort in Gelsenkirchen.

Spurenermittler am Tatort in Gelsenkirchen.

Foto: AP/Martin Meissner

„Wir wissen alle, dass sich die Polizistinnen und Polizisten, die uns vor Straftätern schützen, selber in Gefahr begeben. Trotzdem macht uns der Tod unseres Kollegen fassungslos“, teilte der stellvertretende Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Michael Maatz mit. „Mit 28 Jahren stand er erst am Anfang seines Lebens, das jetzt so abrupt beendet worden ist.“ Gezielte Schüsse auf Polizisten, um sich der Strafverfolgung zu entziehen, seien als Mord zu bewerten und müssten entsprechend bewertet werden.

(crei/kess/kron/dpa)
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