Osama bin Ladens Ex-Leibwächter Gericht überprüft Abschiebeverbot für Sami A.
Gelsenkirchen · Das juristische Ringen um die Abschiebung des Islamisten Sami A. geht weiter. Das Bundesamt für Migration hat einen neuen Versuch gestartet, das Abschiebeverbot zu kippen. Das zuständige Gericht will bald entscheiden.
In den Fall des rechtswidrig nach Tunesien abgeschobenen mutmaßlichen Gefährders Sami A. kommt wieder Bewegung: Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen prüft erneut, ob weiterhin ein Abschiebeverbot wegen Foltergefahr besteht. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe einen Antrag auf Abänderung der Eilentscheidung vom 12. Juli gestellt, teilte das Gericht am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Der Antrag enthält offenbar die bereits seit Längerem vom Bundesinnenministerium und NRW-Integrationsministerium erbetene Erklärung der tunesischen Behörden, dass Sami A. in seinem Heimatland keine Folter droht.
Der am 31. Oktober eingegangene Antrag enthalte eine Verbalnote der tunesischen Botschaft, sagte ein Gerichtssprecher. Darin werde zum Ausdruck gebracht, dass Sami A. gemäß den tunesischen Vorschriften behandelt werde. Sie sollen sicherstellen, dass ihm keine menschenrechtswidrige Behandlung oder Folter drohe. In dem Antrag verweise das Bundesamt auch auf die Situation von Sami A. in Tunesien, etwa dass er sich in Freiheit bewege, dass ihm nichts passiere und dass ihm auch bisher nichts passiert sei.
Stellungnahme in der kommenden Woche erwartet
Wann die zuständige Kammer über den Antrag entscheide, sei noch offen. Die Anwältinnen des Tunesiers hätten zunächst bis Donnerstag kommender Woche Zeit für eine Stellungnahme. Das Hauptsacheverfahren laufe weiter. Einen Termin für eine mündliche Verhandlung gebe es aber noch nicht, sagte der Sprecher weiter.
Die zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts hatte am 12. Juli eine Abschiebung untersagt. Die Kammer habe nicht feststellen können, dass für Sami A. im Fall der Rückkehr nach Tunesien keine beachtliche Gefahr mehr bestehe, hieß es damals. „Eine diplomatische verbindliche Zusicherung der tunesischen Regierung, dass dem Antragsteller im Falle der Rückkehr keine Folter drohe, liegt nach den Feststellungen der Kammer nicht vor“, hieß es in einer Pressemitteilung.
Am 13. Juli wurde Sami A. trotzdem abgeschoben, was für erheblichen Streit zwischen Justiz und Politik sorgte. Der Gerichtsbeschluss war den zuständigen Behörden erst zugestellt worden, als Sami A. bereits im Flugzeug nach Tunis saß. Das oberste Verwaltungsgericht in NRW rügte das Verhalten der Behörden und ordnete Sami A.s sofortige Rückholung an.
Ob die Kammer die Verbalnote nun als die genannte „verbindliche Zusicherung“ bewerten wird, ist offen. Sollte sie das Abschiebeverbot aufheben, besteht für die Stadt Bochum trotzdem weiterhin die rechtliche Verpflichtung, Sami A. zurückzuholen. Eine andere Kammer hatte - bestätigt vom Oberverwaltungsgericht - die Rechtswidrigkeit der Abschiebung festgestellt und die Rückholung angeordnet. Für eine Änderung dieses Eilbeschlusses könnte dann die Stadt Bochum einen Antrag stellen, wie der Sprecher sagte.
Seit 2005 sahen es mehrere deutsche Gerichte als erwiesen an, dass der 1976 geborene Sami A. Ende 1999/Anfang 2000 in einem afghanischen Islamistenlager eine militärische Ausbildung durchlaufen hat und zeitweise der Leibgarde des 2011 getöteten Al-Kaida-Chefs Osama bin Laden angehörte. Sami A. lebte vor seiner Abschiebung mit Frau und Kindern in Bochum.