Fast 700 Opfer Sprunghafter Anstieg der Drogentoten in NRW

Düsseldorf · Die Zahl der Drogentoten ist in Nordrhein-Westfalen auf ein rekordverdächtiges Hoch geschnellt. Fast 700 Menschen starben im vergangenen Jahr an den Folgen ihres Rauschgiftkonsums.

 Ein Drogensüchtiger spritzt sich in einem Druckraum einen Schuss Heroin in den Unterarm. (Symbolfoto)

Ein Drogensüchtiger spritzt sich in einem Druckraum einen Schuss Heroin in den Unterarm. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Boris Roessler

Die Zahl der Rauschgifttoten ist in Nordrhein-Westfalen auf eine rekordverdächtige Höhe geschnellt. Im vergangenen Jahr starben 693 Menschen im Zusammenhang mit ihrem Rauschgiftkonsum - nach 401 Drogentoten im Vorjahr, wie das NRW-Gesundheitsministerium auf Anfrage der SPD-Fraktion am Freitag mitteilte. Das entspricht einem Anstieg von 73 Prozent.

Damit handele es sich um den höchsten Stand seit über 20 Jahren, teilte das Landeskriminalamt auf Anfrage mit. Die niedrigste Zahl in NRW seit dem Jahr 2000 lag 2015 bei 182 Rauschgifttoten. Schon vom Jahr 2019 auf 2020 war die Zahl der Toten sprunghaft um 37 Prozent auf 401 Drogentote angestiegen. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte sich schockiert gezeigt.

Nach dpa-Recherchen handelt es sich bei der Zahl von 693 Drogentoten vermutlich um den Rekord in der Landesgeschichte. Bislang hat dieser demnach bei 514 Drogentoten im Jahr 1992 gelegen. In den 1970er und 1980er-Jahren waren es selbst in Jahren mit vergleichsweise vielen Drogentoten unter 150 Todesopfer pro Jahr.

Zunahmen gab es 2021 in praktisch allen Kategorien von Vergiftungen mit verschiedenen Rauschgiften. Bei fast 71 Prozent der Drogentoten habe es sich um Langzeit-Konsumenten gehandelt, so das Gesundheitsministerium.

Der Anstieg sei möglicherweise durch die Corona-Pandemie mitverursacht worden, teilte das Ministerium weiter mit. Niedrigschwellige Suchthilfeangebote seien zeitweise nur eingeschränkt verfügbar gewesen.

Die Drogenkonsumräume in NRW seien von den Abhängigen zudem seltener aufgesucht worden: Von 298 000 Drogeneinnahmen im Jahr 2019 sei die Zahl auf 212 000 im Jahr 2021 deutlich gesunken. Die Räume böten aber gute hygienische Bedingungen und unverzügliche Hilfe bei Notfällen.

Auch die pandemiebedingte Einschränkung der verfügbaren Entgiftungsplätze könne Einfluss gehabt haben. Die geringere Nachfrage von Suchthilfe- oder medizinischen Angeboten durch die Drogenkonsumenten selbst - aufgrund von Angst vor Ansteckung mit dem Coronavirus - könnte sich ebenfalls negativ ausgewirkt haben.

Der Anstieg der Drogentoten geht auch einher mit einem Boom beim illegalen Internethandel und weltweiten Postversand von Drogen. Ob sich dadurch auch die Zahl der Süchtigen erhöht hat und ein Zusammenhang zur gestiegenen Opferzahl besteht, ist bislang aber nicht bekannt.

(albu/dpa)
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