Psychisch kranker Häftling auf der Flucht „Er ist nicht mal schwarz gefahren“

Köln · Seit Sonntag ist ein Häftling aus Köln auf der Flucht - bereits zum zweiten Mal. Laut Landschaftsverband Rheinland geht jedoch keine akute Gefahr von ihm aus. Auch der Landesbeauftragte für den Maßregelvollzug verteidigt das Recht auf Ausgang.

Ein psychisch kranker Straftäter ist nach einem Freigang weiter auf der Flucht. Der 67-jährige war am Sonntag nach dem Ausgang nicht in die geschlossene Psychiatrie in Köln zurückgekehrt. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR), Träger der Einrichtung, geht aber von keiner akuten Gefahr durch den Patienten aus.

Der Mann hatte die Klinik unbegleitet verlassen dürfen. „Dafür müssen viele Besserungsschritte vollzogen worden sein“, sagte Karin Knöbelspies vom LVR am Montag. Der Patient sei zuverlässig gewesen, habe sich an Absprachen gehalten. Er sei im Dezember 2014 zwar schon einmal für mehrere Tage geflohen, habe damals aber keine Straftaten begangen. „Er ist nicht mal schwarz gefahren“, sagte Knöbelspies.

In einem sorgfältigen Prozess bekämen die Patienten stufenweise mehr Freiheiten: von begleitetem Ausgang bis hin zur Dauerbeurlaubung. Ziel des Maßregelvollzuges sei es, dass die Patienten wieder ein straffreies Leben in der Gesellschaft führen könnten. Zur Vorbereitung darauf seien Ausgänge eine wesentliche Voraussetzung. Wenn ein Patient - wie in diesem Fall - nicht vom Ausgang zurückkehre, würde die Lockerung aufgehoben.

Uwe Dönisch-Seidel, NRW-Landesbeauftragter für den Maßregelvollzug, hält den Freigang des Häftlings jedoch auch im Rückblick nicht für fahrlässig. Er sagte unserer Redaktion: „Die letzte Flucht liegt fast fünf Jahre zurück. Während dieser Flucht kam es auch nicht zu weiteren Straftaten. Es geht auch nicht um einen Mörder oder einen Serienkiller, der Mann wurde wegen Totschlag verurteilt.“

Vor diesem Hintergrund sei die Verhältnismäßigkeit zu bewerten. Schließlich habe auch dieser Mann einen Anspruch auf Resozialisation. Den Ausflug am Wochenende habe er sich mit vorherigem Wohlverhalten erarbeitet.

Der Mann hatte 1998 in Bad Godesberg seine 78-jährige Nachbarin totgetreten. Er wurde 1999 vom Bonner Schwurgericht in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht.

Im Dezember 2014 war er bei einem begleiteten Besuch auf einem Weihnachtsmarkt geflohen. Damaligen Medienberichten zufolge hatten ihm zuvor Gutachter eine gute Entwicklung bescheinigt, daher musste er bei Ausflügen keine Handfesseln mehr tragen. Zwei Wochen war er auf der Flucht, dann wurde er nach Zeugenhinweisen in einem Bistro geschnappt.

(tor/mba/dpa)
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