Der Fall Marcel H. Vier Tage Ungewissheit — eine Chronologie der Ereignisse

Herne · Vier Tage lang suchte die Polizei intensiv nach einem 19-Jährigen aus Herne, der einen neunjährigen Jungen aus seiner Nachbarschaft ermordet und Fotos von der Tat im Internet veröffentlicht haben soll. Am Ende stellte er sich der Polizei. Wir haben den zeitlichen Ablauf des Falls rekonstruiert.

 Vier Tage lang hat die Polizei nach Marcel H. gesucht. Am Ende stellte er sich selbst.

Vier Tage lang hat die Polizei nach Marcel H. gesucht. Am Ende stellte er sich selbst.

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Sonntag, 5. März, 22.28 Uhr

Über WhatsApp fragt Marcel H. einen Bekannten: "Welche suizid methode findes du besser?". Er schickt mehrere Bilder. Auf einem ist ein Messer zu sehen. H. schreibt dazu: "Glaube das sollt genug Ausrüstung sein". "Viel Spaß", antwortet der Bekannte. H. schreibt, dass er sich am nächsten Tag in seinem Elternhaus umbringen wolle.

Montag, 6. März, 17.59 Uhr

Über WhatsApp meldet H. sich wieder bei seinem Bekannten. Er sagt, er habe alle Vorbereitungen getroffen. "Wann ich das heut nich hinkriege mach ich was knastwürdiges". Er fragt den Bekannten: "Willst später 4chan reife bilde?"

"4Chan" ist eine offene Internetplattform, auf der User anonym Inhalte posten können.

18.35 Uhr

Laut Polizei vermutlich die Tatzeit.

18.40 Uhr

H. meldet sich wieder über WhatsApp. Er schickt mehrere Bilder von der Tat. Als der Bekannte 20 Minuten später fragt: "Wie bitte was", antwortet H.: "War total einfach. Ich kann aus 1 Mord 2 machen."

19.07 Uhr

H. verabschiedet sich über WhatsApp. Er kündigt an, seine Sim-Karte zu entsorgen. Der Bekannte antwortet, dass er nicht wisse, was er tun solle. H. sagt: "Lies morgen die Nachrichten." Die Polizei teilt später mit, dass sie durch den Hinweis eines Internetnutzers auf den Chat aufmerksam wurde und nun ermittelt.

19.13 Uhr

Wie von H. beabsichtigt, taucht auf der Platform 4Chan der WhatsApp-Chat auf.

20.30 Uhr

Die Polizei findet im Keller eines Reihenhauses in Herne den Leichnam des neunjährigen Jungen. Der Täter ist auf der Flucht. Die Polizei vermutet, dass es sich um den 19-jährigen Nachbarn, Marcel H., handelt. Schon in der Nacht beginnt die Suche.

Dienstag, 7. März, 3.10 Uhr

Die Polizei veröffentlicht den ersten offiziellen Pressebericht mit einem Foto des mutmaßlichen Täters.

11.03 Uhr

Die Polizei veröffentlicht einen neuen Bericht. Noch immer sucht sie H.. Erstmals ist offiziell von Messerstichen die Rede, durch die das junge Opfer starb. Die Polizei gibt nähere Informationen zum Täter: "Er soll wenige soziale Kontakte pflegen. Bisher ist er polizeilich nicht in Erscheinung getreten." Zum ersten Mal erwähnt die Polizei das Darknet. "Aufgrund von Informationen aus dem sogenannten Darknet kann nicht ausgeschlossen werden, dass H. gewaltbereit ist."

15.47 Uhr

Eine Person, die sich als der flüchtige Mörder ausgibt, schreibt bei 4Chan: "Ich habe mich in die Hand geschnitten, als ich das 120 kg Biest bekämpfte. Sie leistete mehr Widerstand als das Kind. Ich folterte aus ihr die Daten für Bank, PC und Telefon heraus, deshalb kann ich den Namen nicht veröffentlichen." Es gibt auch Bilder in diesem Chat.

18.35 Uhr

Die Polizei erklärt zu den Bildern: "Diese Fotos sind eventuell dem gesuchten Marcel H. zuzuordnen." Die Polizei bittet darum, sich zu melden, wenn eine Frau vermisst wird. Wenn man dem Täter glaubt, müsste sich der Tatort dieses zweiten Verbrechens im Umkreis von 80 Kilometern von Herne befinden, meldet die Polizei.

22.30 Uhr

Die Polizei taucht mit mehreren Einsatzwagen vor einem Clubheim der Bandidos in Herne auf. Die Beamten befürchten, die Rocker könnten den Verdächtigen in Eigenregie suchen. Dieser Verdacht bestätigt sich aber nicht.

Mittwoch, 8. März, 7.17 Uhr

Die Polizei meldet, dass sich die Hinweise auf ein zweites Opfer aus dem Chat bislang nicht bestätigt haben, will aber weiterhin nicht ausschließen, dass doch etwas passiert sein könnte. Die Polizei sucht weiter nach H.. Sie nimmt alle Hinweise ernst, der entscheidende Tipp war aber noch nicht dabei.

11.11 Uhr

Die Polizei des Ennepe-Ruhr-Kreises meldet, dass sie ein Gymnasium in Wetter durchsucht hat. Eine Schülerin will den Tatverdächtigen dort gesehen haben. Allerdings kann die Polizei H. nicht finden.

16.08 Uhr

Die Polizei Herne meldet, dass der Einsatz an der Schule abgeschlossen ist. Es wurden keine Hinweise auf den Täter gefunden. Auch sonst wurde nichts Verdächtiges entdeckt.

21.18 Uhr:

Die Öffentlichkeitsfahndung wird ausgeweitet. Die Polizei bittet Bürger, die Angaben über einen jungen Mann machen könnnen, der sich wegen einer Schnittwunde an der rechten Hand behandeln ließ, sich zu melden. Zudem veröffentlichte die Polizei das Foto eines Hundes. Das Bild des Tieres könnte im "Kontext stehen mit dem gesuchten Marcel H.", schreibt die Polizei.

Donnerstag, 9. März, vormittags:

Bei der Polizei gehen vermehrt Hinweise ein, dass Marcel H. am Hauptbahnhof Mönchengladbach und im Krankenhaus Neuwerk gesehen wurde. Um 10.33 Uhr beginnt die Durchsuchung des Krankenhauses - ohne Erfolg. Um 13 Uhr wird der Einstz beendet. Auch der Hinweis auf eine Sichtung des Tatverdächtigen am Gladbacher Bahnhof entpuppt sich wenig später als Verwechslung.

kurz vor 20 Uhr:

Marcel H. betritt einen Imbiss in Herne und sagt: "Ich bin der Gesuchte. Bitte rufen Sie die Polizei." Kurz darauf ließ er sich widerstandslos festnehmen. Während der Befragung nannte der Verdächtige die Adresse eines Hauses, in dem ein Feuer gelegt worden war. Nach dem Löschen des Feuers fand die Polizei am Brandort eine weitere männliche Leiche. Die Identität und die Todesursache der Person sind derzeit noch unbekannt.

Freitag, 10. März, 8 Uhr:

Die Identität des Toten in der Wohnung ist laut Polizei weiter unbekannt. Die Polizei hat weitere Details zum Fall in einer Pressekonferenz für den Nachmittag angekündigt.

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