Mögliche Standorte in NRW Exxon verspricht harmloses Fracking

Düsseldorf · Der US-Konzern setzt auf ein neues Chemie-Gemisch. NRW verlängert die Frist für die Abbaurechte von Exxon.

 Das sind die geologisch denkbaren Standorte für Fracking in NRW.

Das sind die geologisch denkbaren Standorte für Fracking in NRW.

Foto: Ferl

Trotz des Moratoriums der Landesregierung gegen jegliche Fracking-Projekte in NRW brodelt es in der Szene so stark wie schon lange nicht mehr. Während auf Bundesebene die Union auf eine Lockerung der Verbotsregeln im geplanten Fracking-Gesetz dringt, wittert die Industrie bereits Morgenluft: "Wir haben soeben auf Antrag des Konzerns ExxonMobil die Konzession für einen großen Claim in NRW um drei Jahre verlängert", sagte am Donnerstag auf Anfrage Andreas Nörten vom zuständigen Bergamt bei der Bezirksregierung in Arnsberg. "Außerdem kündigen die Stadtwerke Hamm einen Antrag für Probebohrungen an", so Nörten.

Energiemultis wie Exxon und die deutsche BASF-Tocher Wintershall haben in NRW 20 Claims abgesteckt, wie die potenziellen Abbaugebiete für Gas, Gold und Öl im Fachjargon heißen. Ihr Problem: NRW hat 2011 faktisch sogar Probebohrungen verboten. Denn das Gas ist in tiefen Gesteinsschichten eingeschlossen und müsste mit der umstrittenen Fracking-Technologie gefördert werden, bei der ein Chemie-Cocktail tief unter der Erdoberfläche das Gestein aufsprengt. Das gefährdet das Grundwasser.

Aber offenbar glaubt die Industrie nicht, dass dieses Moratorium noch lange hält. Der Claim, den Exxon sich nun für weitere drei Jahre hat sichern lassen, heißt "NRW-Nord" und reicht vom nördlichen Münsterland bis Unna und von der niederländischen bis zur niedersächsischen Landesgrenze - es ist einer der größten in NRW. "Damit hat Exxon sich das Erstzugriffsrecht für Probebohrungen und eine eventuelle Förderung gesichert, falls es irgendwann doch eine gesetzliche Grundlage für Fracking-Genehmigungen geben sollte", sagt Nörten.

Zumindest scheint sich die bislang starre Ablehnung auf Bundesebene zu lockern: Bei den Beratungen in Berlin zeichnen sich moderate Öffnungsklauseln gegenüber den bisher sehr restriktiven Verboten gegen neue Fracking-Vorhaben ab. Diese werden in Niedersachsen ohnehin konterkariert, wo schon seit 1961 gefrackt wird.

Der Präsident des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel, Anton Börner, sagt: "Die USA profitieren vom Boom mit Schiefergas. Wenn Europa ähnliche Vorkommen nutzen würde, könnte uns das unabhängiger von Gasimporten machen." Vor dem Hintergrund des Ukraine-Konfliktes mit Russland ein aktueller Hinweis: Deutschland bezieht 40 Prozent seines Gases aus Russland.

Wohl auch vor diesem Hintergrund startete Exxon gestern eine bundesweite Imagekampagne. In Zeitungsanzeigen warb Exxon-Chef Gernot Kalkoffen: "Wir möchten in Deutschland für Schiefergas mit höchsten Umweltstandards, modernster Technologie und unter Beteiligung der kritischen Öffentlichkeit neue Maßstäbe setzen - mit Fracking, aber giftfrei."

Auf Nachfrage erklärte ein Exxon-Sprecher, man habe einen neuen Cocktail erfunden, der neben Wasser und Sand mit nur noch zwei Chemikalien auskomme: Cholinchlorid, das auch in Futtermitteln verwendet werde, und Butyldiglycol, das als Lösemittel für Farben und Lacke bekannt ist. Beide machen zusammen nur noch 0,2 Prozent des neuen Gemisches aus.

Ob das Fracking damit wirklich gefahrlos wird, wurde von Fachleuten gestern kontrovers eingeschätzt. Einig sind die Experten sich aber darin, dass dieses Gemisch - wenn es denn funktioniert - zumindest wesentlich weniger gefährlich als die bisher eingesetzten Substanzen wäre.

(RP)
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