"Ich kämpfe bis zum letzten Tropfen" Ex-Hells-Angel erklärt Rockern den Krieg

Bielefeld · Schwarze Brille, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und eine Wortwahl, die martialischer nicht sein könnte: Ein verstoßenes Mitglied der Hells Angels Turkey lässt seiner Wut per Videobotschaft freien Lauf und bedroht seine ehemaligen Rocker-"Brüder". Wenig später rudert er zurück - und entschuldigt sich.

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Rezan C. ist ein Rocker — vor allem aber ist er Kurde und stolz auf seine Herkunft. Doch die wurde ihm nun zum Verhängnis. Denn der Bielefelder, ehemaliger Chef der "Nomads Turkey Bielefeld", einer Hells-Angels-nahen Rockergang, wurde von den Hells Angels Turkey ausgestoßen.

Der Grund: Rezan C. machte über soziale Netzwerke seine politischen Ansichten publik. Er kämpft für ein freies Kurdistan. Über Facebook prangerte er immer wieder den Völkermord durch die Terrorgruppe "Islamischer Staat" im Nordirak an.

Kurde war zu politisch

Den Hells Angels Turkey waren seine Aktivitäten zu politisch. Sie schmissen ihn aus dem Chapter. Nun gilt Rezan C. als out in bad standing, was in der Rockersprache so viel wie vogelfrei bedeutet. Er habe dem Club geschadet. Wie die "Bild" berichtet, soll seine Familie bereits Drohungen erhalten haben.

Für Rezan C. ist der Rauswurf ein Affront. Seiner Wut lässt er in einem Handy-Video freien Lauf. Martialische Wortwahl und Gesten — in dem rund vier-minütigen-Video rechtfertigt der Kurde seine Facebook-Postings. Er habe nichts Schlimmes getan und werde seine Herkunft nicht verleugnen.

Rocker droht Hells Angels

Seinen ehemaligen Rockerbrüdern droht er. "Wer von euch meint, meine Familie oder mich zu bedrohen, der wird sehen. Wer sich meiner Haustür nähert, der wird ganz genau noch sehen, was er davon hat. Ich kämpfe bis zum letzten Tropfen. Ich werde auf jeden Fall ein paar von euch mitnehmen."

Lange währte die Kriegserklärung C.s offenbar nicht. Wie das Internetportal "Südafrika - Land der Kontraste", das sich auch häufiger mit der Rockerszene beschäftigt, berichtete, ruderte die Rockergröße zurück: "Nach einem klärenden Gespräch mit der Türkei, welches keine offenen Fragen lässt, möchte ich mich hiermit bei den HAMC Nomads Türkei entschuldigen. Ich habe mich ungerecht behandelt gefühlt und überreagiert!"

Dauer-Konflikt in NRW

Seit langem kommt die Rockerszene in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen nicht aus den Schlagzeilen. Vor Wochen drohte der Konflikt, der zwischen den Hells Angels, Bandidos und Satudarah ausgetragen wird und sich vor allem aufs Ruhrgebiet und den Niederrhein erstreckt, zu eskalieren.

Die Polizei weiß um die konstante Bedrohung, die die Rocker ausstrahlen. Die Symbole der "Hells Angels" und "Bandidos" sind inzwischen in weiten Teilen NRWs verboten. Zwei der drei Generalstaatsanwaltschaften - Köln und Düsseldorf — hatten sich einer rechtlichen Bewertung des Oberlandesgerichts Hamburg angeschlossen.

180 Kontrollen und Razzien

Dabei ging es um den Totenschädel mit Helm und Engelsflügeln und den roten Schriftzug "Hells Angels" und um die typischen "Bandido"-Symbole, den sogenannten "Fat Mexican" und den rot-goldenen Schriftzug "Bandidos". Diesen hatten die Bandidos in Duisburg bereits von ihrem Clubhaus entfernt.

In den vergangenen zwei Jahren führte die NRW-Polizei mehr als 180 Kontrollen und Razzien gegen Rocker durch. Bei den rund 17.200 Personen- und über 6300 überprüften Fahrzeugen beschlagnahmten die Beamten zahlreiche Hieb- und Stichwaffen. Insgesamt zeigte die NRW-Polizei bei 531 Treffen von Rockern Präsenz.

(rpo)
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