Private Linien Es hält ein Bus im Irgendwo

Köln · Der Markt für private Busunternehmen wächst seit Anfang 2013 rasant. Viele Busbahnhöfe in NRW sind aber in einem schlechten Zustand. Unternehmen und Staat streiten jetzt über die Kosten für die notwendigen Sanierungen.

 Chaotische Zustände wie am Fernbusbahnhof Köln-Deutz sind keine Seltenheit.

Chaotische Zustände wie am Fernbusbahnhof Köln-Deutz sind keine Seltenheit.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Die Haltestelle "An der Gummersbacher Straße" in Köln-Deutz sieht aus wie eine gewöhnliche Haltestelle für Nahverkehrsbusse. Nicht viel deutet darauf hin, dass dort Fernbusse halten. Es gibt weder ein Wartehäuschen mit Sitzen noch einen Unterstand für die wartenden Passagiere. Auch Toiletten sind nicht vorhanden. Zudem liegt die Station fernab der Innenstadt.

Nicht nur in Köln, vielerorts lassen die Fernbusbahnhöfe zu Wünschen übrig - insbesondere, was Lage und Ausstattung angeht. Dabei reisen immer mehr Menschen mit dem Bus. Seit Anfang vergangenen Jahres der Markt weitgehend freigegeben wurde, bieten verschiedene Anbieter Verbindungen in ganz Deutschland an. Die Tickets sind günstig, kosten bei einigen Busunternehmen oft nur um die 20 Euro pro Strecke. Mittlerweile gibt es rund 250 Fernbusverbindungen in Deutschland.

Köln-Deutz in Umfrage ganz weit hinten

Möglicherweise sind das die Gründe, warum der Busbahnhof in Köln-Deutz beim Punkt Zufriedenheit auf dem letzten Platz einer Kundenbefragung landet. Diese wurde Anfang des Jahres von dem Busanbieter FlixBus gemeinsam mit der Hochschule Heilbronn bundesweit unter rund 5500 Fahrgästen durchgeführt. In puncto Standort liegen in Nordrhein-Westfalen die Bushaltestellen in Duisburg und Dortmund vorn, geht es um die Ausstattung; halten die befragten Kunden Düsseldorf und Essen für die besseren Fernbusbahnhöfe.

Klaus Harzendorf vom Kölner Amt für Straßen und Verkehrstechnik verteidigt die Haltestelle Gummersbacher Straße. "Selbstverständlich ist unter diesen Rahmenbedingungen der Komfort dieses Bushaltes nicht vergleichbar mit einem regulären Fernbuslinienbahnhof", sagt er. Die Stadt Köln plane allerdings einen neuen Fernbushaltepunkt am Flughafen Köln/Bonn. "Die Planung ist an diesem Standort extrem kompliziert. Daher wird es noch einige Jahre dauern", sagt Harzendorf.

"Haltestellen wie der Fernbusbahnhof Düsseldorf oder Dortmund sind attraktiv, zentral gelegen und perfekt angebunden. In Köln sieht die Sache leider anders aus", sagt Bettina Engert, Sprecherin von FlixBus. In der Domstadt gibt es derzeit zwei Haltestellen - neben der Gummersbacher Straße stoppen die Busse auch noch am Breslauer Platz in der Nähe des Hauptbahnhofs. Dieser ist jedoch nach Angaben von FlixBus "beengt". Zudem würden eben viele Busse - je nach Linie und Ziel - an der Gummersbacher Straße halten. "Ein Fernbushalt am Bordstein wie an der Gummersbacher Straße wird einem beliebten Ziel wie Köln nicht gerecht", so Engert.

Haltestelle direkt an der Hauptstraße

Aber auch andere Busanbieter sehen den Zustand der Haltestellen kritisch. "Verbesserungsbedarf sehen wir etwa in Oberhausen und Bochum", sagt Florian Rabe, Sprecher von MeinFernbus. Er betont aber auch: "In anderen Bundesländern gibt es Haltestellen, die noch deutlich schlechter ausgerüstet sind als in Nordrhein-Westfalen." An einigen Busstopps könnten die Fahrgäste nicht einmal ohne Gefährdung ihr Gepäck einladen, weil "die Haltestelle unmittelbar an einer stark befahrenen Straße liegt".

Richtig gut ausgestattete Fernbusterminals gebe es gar nicht, heißt es vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (BDO). "Wir wollen keine Kathedralen oder Glaspaläste. Aber die Stationen sollten ein Mindestmaß an Komfort bieten, also Unterstand, Auskunft, Kiosk und WC", sagt BDO-Sprecher Matthias Schröter.

Doch wer soll es bezahlen? Der BDO sieht bei den "Investitionskosten die öffentliche Hand in der Pflicht". Doch viele Kommunen würden heute schon ächzen, sagt Henning Rehbaum, Verkehrspolitiker der CDU-Landtagsfraktion: "Die haben mit dem Nahverkehr schon allerhand zu tun:" Auch er sieht "chaotische Zustände an einigen Busbahnhöfen". Er würde sich wünschen, dass die Landesregierung mehr Maßnahmen ergreifen würde. Aus dem NRW-Verkehrsministerium heißt es auf Anfrage unserer Zeitung: "Der innerdeutsche Fernbuslinienverkehr ist eigenwirtschaftlich, wird also ohne staatliche Zuschüsse betrieben. In erster Linie ist es deshalb auch Aufgabe der Unternehmen, ihre Abfahrtstellen attraktiv zu gestalten." Dort gibt man sich sicher, dass sich auch einige Kommunen engagieren werden, insbesondere, wenn "der Fernbus ein wirtschaftlicher und touristischer Standortfaktor ist".

Muss der Bund helfen?

Aber es gibt auch Stimmen, die eine finanzielle Beteiligung des Bundes fordern - schließlich wurde die Liberalisierung des Fernbusmarkts in Berlin beschlossen. Im Bundesverkehrsministerium sieht man sich jedoch nicht in der Pflicht. "Die Bundesregierung begrüßt es, wenn Fernbuslinienbetreiber zusammen mit Ländern und Kommunen möglichst attraktive, verkehrssichere und kundenfreundliche Busbahnhöfe und Haltestellen betreiben", heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums.

Grundsätzlich seien die Unternehmen bereit, sich am Ausbau der Busbahnhöfe über Nutzungsgebühren zu beteiligen - "solange der Service stimmt und die Preise marktgerecht sind", heißt es vom BDO. Angemessen hält der Verband Beiträge von sechs bis zehn Euro pro Abfertigung. "Die Stationen müssen genauso sicher und sauber wie unsere Busse sein", sagt Matthias Schröter. Es müsste aber nicht gleich ein neuer Fernbusbahnhof sein, sagt Bettina Engert von FlixBus: "Grundsätzlich ziehen wir hier eine rasche und günstige Lösung dem kosten- und zeitintensiven Großprojekt vor." Auch Florian Rabe vom Unternehmen MeinFernbus sagt: "Es braucht sicherlich nicht jede Kleinstadt einen großen Busbahnhof. Aber gewisse Standards wie Sitzplätze und ein Wetterschutz wären wünschenswert."

(RP)
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