Neuss Ende einer Legende: VfR ab Juli ohne Stadion

Neuss · Der Traditionsclub kündigt ein Bürgerbegehren gegen die Schließung des Platzes an. Bislang ist kein Verein bereit, dem VfR Platz anzubieten.

 Ralf Criens, seit 1996 Platzwart im Stadion des VfR an der Hammer Landstraße, hat dort nicht mehr lange zu tun. Der Betrieb wird eingestellt.

Ralf Criens, seit 1996 Platzwart im Stadion des VfR an der Hammer Landstraße, hat dort nicht mehr lange zu tun. Der Betrieb wird eingestellt.

Foto: woi

Der VfR Neuss wird ein Vorstadtverein. Erst wurde vormittags die Vereinsführung und dann am Abend auch der Sportausschuss mit der Nachricht überrascht, dass das Stadion an der Hammer Landstraße, die Heimstätte des Vereins für Rasensport, zum 1. Juli aufgegeben wird. Allein aus Kostengründen, wie Sportreferent Uwe Talke betonte.

Erfttal, Norf und vor allem Weckhoven, wo die Bezirkssportanlagen nach Ansicht der Verwaltung nicht ausgelastet sind, sind als Alternative im Gespräch. Aber nicht nur der sportlich bis in die Kreisliga A abgestürzte ehemalige Renommierclub VfR 06, der sogar von einem Bürgerbegehren spricht, kündigt Widerstand an.

Mit der Schließung setzt die Stadtverwaltung einen Ratsbeschluss aus dem Jahr 2010 um, dessen "Vollstreckung" damals ausgesetzt worden war. Jetzt, unter dem Druck des Haushaltskonsolidierungskonzeptes, wird dieser Punkt wieder aufgegriffen. Jährliche Ersparnis: 157 000 Euro. Das entspricht einem Drittel der Summe, die laut Konzept bei den Sportanlagen jährlich gespart werden soll. Gehofft wird dabei darauf, dass sich aus der Übertragung der Sportanlagen von der Stadt auf die Stadtwerke-"Tochter" Neusser Eissporthallen und Bäder ein weiterer Einspareffekt ergibt. Doch von der "Front" gibt es nichts Neues.

Dass die Umsetzung der Schließungsanordnung und die Verpflanzung des VfR kein Spaziergang für die Verwaltung wird, wurde spätestens im Sportausschuss klar. Heinz Sahnen (CDU) bestritt namens der SG Erfttal die in der Sportstättenanalyse genannten Zahlen, während Thomas Lang als Vorsitzender des BV Weckhoven ein anderes Problem drückt: der im Vorjahr zwischen Stadt und Vereinen geschlossene Mitverantwortungsvertrag, der den BV Weckhoven ab 17 Uhr zum Hausherrn macht. "Wir werden nicht Hausmeister für den VfR spielen", stellte er klar. Dafür müsse sich die Stadt jemand anderen suchen.

Hermann-Josef Baaken, Vorsitzender des TSV Norf, fragte sich, ob es "vernünftig ist, einen Chaos-Verein wie den VfR nach Norf zu holen". Er sperrt sich aber nicht, würde das Thema Hausrecht aber anders handhaben: "Ich erwarte, dass sich ein Verein, der zu uns kommt, an unsere Spielregeln hält."

Im Ausschuss hatte man ein solches Echo wohl erwartet. Und so kritisierten auch Politiker aller Fraktionen den "Fahrplan" der Sportverwaltung, die eine Schließung in den Raum stellt, ohne dass eine Lösung für die dadurch entstehende Situation vorbereitet ist. Ja, es sei mehr als unglücklich, dass mit den Vereinen vorab darüber nicht gesprochen wurde. Während sich Vorsitzende wie Baaken darüber empört zeigten, fühlen sich der VfR-Vorsitzende Günter Thiele und sein Sprecher Uwe Jansen regelrecht hinters Licht geführt. Sie seien zu einem "Kennenlern-Gespräch" eingeladen worden, sollten mit der Verwaltung über Trainingspläne sprechen, führten sie gestern auch auf der VfR-Internetseite aus. Doch im Rathaus ging es dann nur um Sparpläne. "Das konterkariert nicht nur unser Jugendkonzept, sondern auch unsere Marketingstrategie", sagt Thiele. Und er fragt sich: "Welcher Platz, welcher Verein wird als nächstes vom Neusser Spar-Tsunami weggespült?"

(NGZ/rl)
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