Ein Mann, ein Freund Das zeichnet wahre Männerfreundschaft aus

Krefeld · Freundschaften zwischen Männern werden gerne als Kumpelei abgetan. Dabei können diese Beziehungen sehr innig sein. Doch was macht Männer wirklich zu Freunden? Und was ist der Unterschied zu Frauenfreundschaften?

 Christian Schwarz (l.) und Max Hartkopf sind seit Jahren beste Freunde.                        Beste Freunde: Christian Schwarz (l.) und Max Hartkopf wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können.

Christian Schwarz (l.) und Max Hartkopf sind seit Jahren beste Freunde. Beste Freunde: Christian Schwarz (l.) und Max Hartkopf wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

Familie hat man, Freunde sucht man sich aus.

Manchmal mit Bedacht, manchmal funkt es direkt. Wie bei Christian Schwarz und Max Hartkopf. Die beiden 59-Jährigen, der eine kommt aus Witten, der andere aus Willich, haben sich vor vier Jahren bei einem Seminar in Krefeld kennengelernt. Und waren sofort auf einer Wellenlänge. Zwischen ihnen existiert eine besondere Chemie, das ist gleich zu spüren. Es wird geherzt, gescherzt und gelacht, es reicht schon eine Andeutung, und beide prusten los. Gute Kumpel halt. Aber was macht Männer eigentlich zu Freunden? Und sind diese Männerfreundschaften anders als die von Frauen? „Ein wenig“, sagt die Psychologin Susanne Altweger. „Grundsätzlich aber ist der Mensch ein zutiefst sozialbedürftiges Wesen, das ohne Freunde verkümmert.“

Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Schönste, was es gibt auf der Welt.

An blumigen Bonmots zur Freundschaft herrscht kein Mangel. Frederick Lau und Kida Ramadan würden wohl trotzdem zustimmen. Die beiden Schauspieler haben ein Buch über ihre Freundschaft verfasst, „Zusammen sind wir Könige“ (Ullstein extra), in dem sie mit kleinen Geschichten ihrer innigen Beziehung auf den Grund zu gehen versuchen. Überhaupt sind Männerfreundschaften ein beliebtes Motiv in der Kunst – von Tom Sawyer und Huckleberry Finn über die drei Musketiere und Robinson und Freitag bis Gilgamesh und Enkidu. Lau und Ramadan aber erzählen aus dem echten Leben, was sie gemeinsam durchgestanden und dabei über den anderen und sich selbst gelernt haben. Was die Basis einer Männerfreundschaft schon ganz gut umreißt. Aktion, oder besser: Action. „Diese Beziehungen basieren zunächst oft auf gleichen Interessen“, sagt Altweger. „Man geht gemeinsam zum Sport, ins Kino oder fährt Motorrad.“

Schwarz und Hartkopf kennen das. Sie treffen sich alle paar Wochen, verbringen dann ein Wochenende zusammen. „Über das gemeinschaftliche Tun kann man sozusagen bei sich ankommen“, sagt Schwarz, „und dann über andere Dinge reden.“ Unter Männern beispielsweise direkt über Gefühle zu sprechen sei verpönt, erklärt Altweger, das treibe den Adrenalinspiegel in die Höhe. Was nicht heißen soll, dass nicht über Emotionen oder Lebenskrisen reflektiert werde. Zum seelischen Ausgleich sei dies auch notwendig. Schwarz ist sich dessen bewusst. „Ich könnte mich mit dir über alles unterhalten“, sagt er zu Hartkopf. Der nickt. „Wenn man über Dinge reden kann, die einem schwerfallen, merkt man erst, wie nah man sich steht.“

Die Freundschaft ist ein Kapital, von dem die Zinsen niemals verloren gehen.

Tatsächlich haben solche Beziehungen auch einen messbaren Nutzen. So haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Menschen mit funktionierenden sozialen Netzen seltener an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen leiden. Zudem schüttet der Körper weniger Stresshormone aus, wenn bei Prüfungssituationen ein Freund dabei ist – und erhöht stattdessen die Produktion des Kuschelhormons Oxytocin. Das hat eine Studie der Uni Freiburg ergeben. Generell werde das Leben mit Freunden als weniger bedrohlich empfunden, sagen Forscher. Nicht alleine zu sein, für andere eine wichtige Rolle zu spielen, Entscheidungen teilen zu können, alles das verhelfe zu einem erfüllten, sinnhaften Leben.

Umso wichtiger ist es, Freunde zu finden. Frauen tun sich da leichter, sagt Altweger, sie gehen unbefangener auf andere zu. Männern fällt dies schwerer, dafür tolerieren sie auch längere Pausen in einer Beziehung ohne großes Lamento. Worauf kommt es in einer Freundschaft denn an? „Verlässlichkeit“, sagt Schwarz. „Ich weiß, dass ich Max auch nachts um drei Uhr aus dem Bett klingeln kann, wenn etwas passiert ist.“ Bei Lebenskrisen zur Stelle zu sein, ist laut Psychologen auch typisch für Männer. Action eben. Für Hartkopf ist ein entscheidender Punkt die Solidarität. „Freunde müssen füreinander einstehen, sich gegenseitig den Rücken stärken“, sagt er. „Wer sich als unsolidarisch herausgestellt hat, mit dem habe ich nichts mehr zu tun.“

Freunde sind Gottes Entschuldigung für Verwandte.

Aber wie unterscheiden sich nun Frauen- von Männerfreundschaften? „Frauen haben diverse Freundinnen für unterschiedliche Bedürfnisse“, sagt die Psychologin. „Das ist gut für die Partnerschaft, weil der Partner nicht alle Ansprüche erfüllen muss.“ Und sie haben ein größeres Bedürfnis, Seelisches in Worten zu verarbeiten. Kurz gesagt: Sie reden mehr. „Ein Mann, ein Wort; eine Frau, ein Buch – das geflügelte Wort ist nicht ganz verkehrt“, sagt Altweger.

Für Schwarz und Hartkopf liegt der Unterschied zwischen den Geschlechtern im entspannteren Umgang miteinander. Mit einer Frau rede man anders als mit einem Mann, sagen beide. „Bei einer Frau drücke ich mich diplomatischer aus, bei einem Mann bin ich direkter, haue ihm auch mal auf die Schulter“, sagt Hartkopf. Dem anderen sagen zu können, dass das, was er tut, nicht richtig ist, auch das gehöre zu einer Freundschaft. Nachdenkprozesse anregen, nennen das die beiden. Und wo hört die Freundschaft auf? Wenn man in Konkurrenz zueinander trete, sagen Schwarz und Hartkopf. Und dabei gehe es meistens – natürlich – um Frauen.

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