„Bester Ort ist hier“ Düsseldorfer Klinik-Chef warnt vor frühen Corona-Lockerungen

Düsseldorf · Mehr Freiheit, mehr Reisen, mehr Vaterstagsvergnügen - viele Bürger freuen sich über die Corona-Lockerungen und wollen endlich raus. Der Chef der Uniklinik Düsseldorf bremst die Reise-Euphorie: „Es gibt keinen besseren Ort als hier in Deutschland zu leben im Moment.“

 Der Chef des Universitätsklinikums Düsseldorf warnt vor zu schnellen Lockerungen.

Der Chef des Universitätsklinikums Düsseldorf warnt vor zu schnellen Lockerungen.

Foto: dpa/Guido Kirchner

Der Chef des Düsseldorfer Universitätsklinikums, Frank Schneider, hat vor überzogenen Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen gewarnt. „Ich habe manchmal Angst, wenn draußen jetzt wieder alles sich lockert und manche Politiker die Fahne hoch halten: "Wir müssen noch mehr lockern"“, sagte der Ärztliche Direktor am Mittwoch in Düsseldorf. Die nächste Infektionswelle stehe höchstwahrscheinlich bevor. „Ob die jetzt an Pfingsten kommt oder im August oder Dezember, wissen wir nicht, aber wir sind ziemlich sicher, dass sie kommt“, mahnte der Universitätsprofessor.

Der Ausbruch der Corona-Pandemie sei „eine Zäsur für Deutschland und die ganze Welt“, stellte Schneider fest. Angesichts dessen könne niemand weitermachen wie zuvor.

Mit seinen Behandlungskapazitäten wäre Deutschland aus seiner Sicht auch bei Ausbruch einer neuen Infektionswelle besser aufgestellt als andere Länder. „Es gibt keinen besseren Ort als hier in Deutschland zu leben im Moment.“ Im Vergleich zu Corona-Epizentren wie Norditalien gebe es hier die dreifache Intensivbehandlungskapazität, sagte Schneider.

Im Universitätsklinikum Düsseldorf waren die ersten Covid-Patienten nach Ausbruch der Epidemie im Kreis Heinsberg behandelt worden. Insgesamt seien es etwa 80 Patienten gewesen, berichtete der Uniklinik-Chef. Davon seien 50 genesen und wieder nach Hause gegangen, elf allerdings an dem Virus gestorben.

Die Uniklinik Düsseldorf zählt zu einem weltweiten Forschungsverbund, der das Medikament Remdesivir auf seine Wirksamkeit und seine Eigenschaften testet. Da die Studien noch liefen, gebe es erst vorläufige Zwischenergebnisse, sagte der Leiter der Remdesivir-Studien an der Medizinischen Fakultät Düsseldorf, Torsten Feldt.

„Alles sieht nach Wirksamkeit aus“, bilanzierte der Infektiologe vorsichtig. „Aber es ist sicher kein Wundermittel.“ Erste Daten legten aber nahe, dass eine fünftägige Therapie unter gewissen Voraussetzungen genauso wirksam sein könnte wie eine zehntägige. „Das ist wichtig im Hinblick auf die eingeschränkte Verfügbarkeit des Remdesivirs im Moment“, erklärte der Forscher.

Eine große, von den USA koordinierte Studie habe gezeigt, dass der Genesungszeitraum mit Remdesivir von 15 auf 11 Tage verkürzt werden könne mit dem Medikament im Vergleich zur Standard-Behandlung. Die USA hatten Anfang Mai eine Ausnahmegenehmigung für den begrenzten Einsatz des Wirkstoffes in Krankenhäusern erteilt. Auch in Deutschland ist er innerhalb eines Arzneimittel-Härtefallprogramms zugänglich.

„Was man sicher sagen kann, ist, dass Patienten, die früh kommen - bevor der Schaden durch die Virusinfektion eingetreten ist an der Lunge und an anderen Organen - am meisten profitieren“, erklärte der Infektiologe. „Patienten, die sich spät vorstellen mit eingetretenen Komplikationen, mit Lungenversagen, die beatmet werden müssen oder andere Organ-Komplikationen bereits haben, bei denen dürfen wir keine schnelle Genesung erwarten.“ Tatsächlich seien die Krankheitsverläufe dann sehr langwierig. „Hier darf man wirklich keine Wunderheilung erwarten.“

(chal/dpa)
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