Parkplätze und Gehwege Gastwirte setzen stärker auf Außengastronomie – das bringt Probleme

Düsseldorf · Bei schönem Wetter draußen sitzen und einen Kaffee oder ein Glas Wein trinken: klingt gut. Das denken sich auch Gastwirte, die immer häufiger Sitzplätze im Freien anbieten. Manche Anwohner sind darüber jedoch verärgert, etwa in Düsseldorf.

Die Außengastronomie hat sich vielerorts vergrößert: Hier hat ein Wirt in Köln seine Tische und Stühle auf einem Bürgersteig aufgestellt.

Die Außengastronomie hat sich vielerorts vergrößert: Hier hat ein Wirt in Köln seine Tische und Stühle auf einem Bürgersteig aufgestellt.

Foto: dpa/Roberto Pfeil

In Nordrhein-Westfalens Cafés und Restaurants stehen immer häufiger Tische vor der Tür, damit Gäste unter freiem Himmel essen und trinken können. Wie eine dpa-Umfrage unter Städten ergab, hat die Fläche für die Außengastronomie mancherorts stark zugenommen. Die für den Ausschank auf dem Bürgersteig oder anderem öffentlichen Gelände nötige Erlaubnis galt zum Beispiel in Hamm im Jahr 2023 auf 3027 Quadratmetern, das war fast doppelt so viel wie vor zehn Jahren (1749 Quadratmeter). Auch in Essen, Köln, Bonn, Herne und Aachen nahmen die Flächen zu. Andere Städte meldeten hingegen keine Vergrößerung oder hatten keine Daten dazu.

Aus Sicht des Branchenverbandes Dehoga NRW handelt es sich um einen klaren Trend, der schon vor etwa zwanzig Jahren angefangen habe und sich fortsetze. „Das hat mit einer veränderten Nachfrage zu tun, die durch die Pandemie noch einmal einen zusätzlichen Schub bekommen hat“, sagt Verbandspräsident Patrick Rothkopf. Immer mehr Gäste zögen es vor, draußen an der frischen Luft zu sitzen. „Die „Draußen-gibt's-nur-Kännchen“-Zeit ist zum Glück schon lange vorbei“, sagt der Branchenvertreter. „Viele Gäste lassen sich – im wahrsten Sinne des Wortes – gerne vor die Tür setzen.“ Mit der gestiegenen Nachfrage hätten die Gastronomen auch den Außenbereich erweitert.

Bei dem Trend gibt es aber auch weniger eindeutige Entwicklungen. So macht Dortmund keine Flächenangaben, nennt aber die Zahl der Betriebe mit Außengastronomie: 2017 waren das 319 und 2023 sind es 331. In den Jahren dazwischen lag die Zahl der Betriebe aber höher. Das dürfte auch daran gelegen haben, dass in Corona-Zeiten manche Gastwirte stärker auf die Außennutzung gesetzt haben, inzwischen aber zum alten Geschäftsmodell zurückgekehrt sind oder zugemacht haben.

Trotz dieses Rückgangs sagt ein Dortmunder Stadtsprecher: „Außengastronomie liegt voll im Trend.“ Gerade in dicht bebauten Bereichen werde ein „Gefühl der Urbanität“ vermittelt. „Die jahreszeitliche Nutzung wird sich weiter verlängern und bis in die Wintermonate hinein gehen.“

Der Freiluft-Boom in der Gastronomie hat auch Schattenseiten. So berichtet der Dortmunder Stadtsprecher, dass die Nutzung von Flächen in Hinterhöfen, Einfahrten oder auf dem Bürgersteig „durchaus auch eine Problematik“ darstelle.

Dass es beim Draußen-Trend Grenzen gibt, macht auch eine Rückmeldung aus Düsseldorf deutlich. „In einer Großstadt ist der nutzbare Raum knapp, es kann nur selten zu Terrassenerweiterungen kommen“, sagt ein Stadtsprecher. Die Fläche der Außengastronomie im öffentlichen Straßenraum habe sich „nach vorsichtiger Einschätzung nur unwesentlich verändert“. Kostenpflichtiger Inhalt Dass Neueröffnungen mit Außengastronomie zu Problemen führen kann, macht ein aktuelles Beispiel aus Düsseldorf-Oberkassel deutlich. Gastronom Walid El Sheikh möchte in leer stehenden Räumen an der Sonderburgstraße eine Weinbar eröffnen. In der Nachbarschaft besteht die Sorge, dass auf die Bewohner und Anlieger wegen des Gaststättenbetriebs eine hohe Lärmbelastung innerhalb des Gebäudes und insbesondere im heute ruhigen Innenhof zukommen könnte. Auch der mögliche zusätzliche Verkehr beunruhigt die Anwohner.

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Düsseldorf verzichtete in den Coronajahren 2021 und 2022 auf Gebühren für die Gastro-Tische im öffentlichen Raum. In diesem Jahr wird die Gebühr zur Hälfte wieder erhoben. Andere Städte gingen ähnlich vor.

In Aachen, wo sich die Außengastronomie-Flächen ebenfalls vergrößert haben, gab es Fälle von unabgestimmter Flächenausweitung, bei denen Hinweise für Sehbehinderte zugestellt oder Rettungswege belegt worden seien. In anderen Fällen sorgten Schutzwände oder Überdachungen für Unmut. „Überdies wurde Mobiliar außerhalb der Öffnungszeiten nicht ordnungsgemäß abgeräumt“, sagt ein Aachener Stadt-Sprecher. Trotz dieser Probleme sieht er die Außengastronomie insgesamt positiv.

Dehohga-NRW-Präsident Rothkopf betont, dass das „Terrassen-Geschäft“ in den Innenstädten zur erwünschten Belebung führen könne und die Lebensqualität verbessere. Auch für den Einzelhandel seien die Cafés und Restaurants mit Tischen unter freiem Himmel wichtig, weil dadurch die Attraktivität von Einkaufsbereichen steige. „Draußen zu sein ist in“, sagt Rothkopf. Er räumt allerdings ein, dass sich manche Anwohner gestört fühlten. Hierbei wirbt er für ein gutes Miteinander von allen Beteiligten. „Wenn jeder Verständnis für den anderen aufbringt, ist allen geholfen.“

Aus Köln heißt es, dass „der Wunsch der Gastronomie nach mehr Flächen im öffentlichen Straßenland in den vergangenen Jahren sukzessive gestiegen“ sei. Flächenangaben macht die Domstadt nicht. Herne vermeldet einen Anstieg von 1400 Quadratmetern Außengastronomie im Jahr 2015 über 1650 Quadratmetern im Jahr 2019 auf 2350 Quadratmetern im vergangenen Jahr. Eine Sprecherin von Lüdenscheid sagt, dass sich die Fläche zwar „nicht maßgeblich vergrößert“ habe, aber dass sie nach ihrer Wahrnehmung intensiver genutzt werde. Aus Iserlohn heißt es, es gebe keine starke Zunahme.

Aus Essen heißt es, dass der Bedarf an Außenflächen für die Gastronomie zugenommen habe. Zahlen gibt es nicht. Als Beispiel für eine Flächenerweiterung berichtet eine Sprecherin von Parkplätzen, die stillgelegt und zur Bewirtung freigegeben wurden.

Solche Parkplatz-Umfunktionierungen gab es auch in Bonn. Das sei ein Grund, dass die Außengastronomie seit 2015 zugenommen habe, sagt eine Stadtsprecherin. Zunächst durften Gastwirte, die keine Außenflächen zur Verfügung gehabt hatten, einen Stellplatz in unmittelbarer Nähe ihrer Gaststätten nutzen, inzwischen sind es zwei. Dadurch habe sich „die Aufenthaltsqualität auf den öffentlichen Verkehrsflächen im Bonner Stadtgebiet noch einmal erhöht“.

In Hamm wurde die Südstraße zu einer Fußgängerzone erklärt, daraufhin stellten dort deutlich mehr Betriebe Tische vor die Tür. Im ganzen Stadtgebiet schnellte die Zahl der Nutzungserlaubnisse im Zeitraum 2013 bis 2023 von 45 auf 78 in die Höhe. Auch Aachen meldet größere Flächen. Remscheid hatte lange Zeit pro Jahr etwa 20 Außengastro-Anträge, 2021 waren es 27 und ein Jahr später 34. Ein Sprecher der Kommune begründet das mit Corona-Folgen.

In Bielefeld hat sich die Außengastronomie-Fläche bei bestehenden Betrieben nach Auskunft einer Stadtsprecherin nicht sehr vergrößert, da diese „in der Regel schon das Maximum nutzen“. Allerdings sei die Anzahl von Anträgen auf Sondernutzung gestiegen, da es neue Standorte gebe, etwa wenn in eine leere Immobilie, die einst von einem Einzelhändler genutzt wurde, nun ein Gastronom einzieht.

(top/dpa)
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