Reflektierte Sonnenstrahlen Bringt eine Glasfassade in Düsseldorf Autos zum Schmelzen?

Düsseldorf · Es klingt wie in einem Science-Fiction-Film: In Düsseldorf sollen von einem Gebäude reflektierte Sonnenstrahlen Teile eines Autos zum Schmelzen gebracht haben. Eine Betroffene sagt, ihr Wagen sei so beschädigt worden.

 Katharina Fleischer mit ihrem Auto.

Katharina Fleischer mit ihrem Auto.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Katharina Fleischer traut vor wenigen Tagen ihren Augen nicht, als sie in ihren Wagen steigen will. „Die Plastikteile am Außenspiegel und fast die komplette B-Säule meines Autos waren stark geschmolzen“, sagt die 31-Jährige. Zunächst vermutet sie Vandalismus; dass Unbekannte ihren Wagen mutwillig beschädigt haben. Sie fragt ihren Cousin, einen Sachverständigen für Kraftfahrzeuge. „Der hat mir dann gesagt, dass das kein bloßer Vandalismus gewesen sein kann, sondern durch massive Hitzeeinwirkung geschehen sein muss“, berichtet die Lehrerin.

Geparkt war ihr Fahrzeug direkt vor dem Eingang des Gesundheitszentrums Medical Center in Düsseldorf, das in einem Gebäude mit stark reflektierenden Glasfassaden untergebracht ist. Zudem ist die Fassade in dem Bereich stark gewölbt. „Wir sind uns ziemlich sicher, dass vom Gebäude reflektierende Sonnenstrahlen mein Auto beschädigt haben“, sagt sie. Beweise dafür habe sie allerdings nicht. „Aber wir haben herausgefunden, dass es in dem Bereich zu einer bestimmten Uhrzeit sehr heiß wird.“ Mehrere Anwohner bestätigen das. „Manche kommen extra hierhin, um das zu testen“, sagt ein Familienvater, der in der Nähe wohnt. „Es ist echt sehr heiß“, sagt er. Ein Hausmeister der dortigen Wohnanlage ergänzt: „Steht man nur einen Meter neben der Strahlung, ist es schon wieder deutlich kühler“, sagt er.

 Angeschmolzener Außenspiegel am Wagen von Katrin Fleischer.

Angeschmolzener Außenspiegel am Wagen von Katrin Fleischer.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

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Im Medical Center selbst hat man von diesem Phänomen bislang noch nichts gehört. „Das ist für mich völlig neu“, sagt der Leiter des Gebäudemanagements. „Das sind standardmäßige Glasfassaden, die schon seit 20 Jahren verbaut sind.“ Auch beim Bäcker im Haus und am Empfang hat niemand etwas davon mitbekommen.

Tatsächlich scheint es sich um ein weltweit extrem seltenes Phänomen zu handeln. Bislang ist nur ein ähnlicher Fall in London aus dem Jahr 2013 bekannt. Damals wurde ein parkendes Auto, das vor einem Hochhaus mit Glasfassade stand, durch reflektierende Sonnenstrahlen beschädigt. Unter anderem waren damals der Seitenspiegel, Armaturenbrett und Kennzeichenhalterung des Wagens geschmolzen – ähnlich wie jetzt in Düsseldorf.

„Glasfassaden sind meist vertikal, was den Vorteil hat, dass ihre Reflexionen mit dem gleichen Höhenwinkel nach unten weitergeleitet werden. Dadurch wird das Licht, das unweit der Glasfläche auf den Boden trifft, nicht in weite Entfernungen abgestrahlt und es treten Blendungen bei höheren Sonnenständen eher selten auf“, heißt es in einem Bericht des Fachverlags „haustec.de“. Dass große Glasfassaden tatsächlich zu starken Reflexionen führen können, sei aber in London deutlich geworden. Experten sagen, dass so etwas nur unter ganz bestimmten Prämissen passieren kann. Grundvoraussetzungen: Es darf nicht bewölkt und es muss heiß sein.

In Düsseldorf soll das Phänomen ab den späten Nachmittagsstunden auftreten. „Die Sonne muss in einer ganz bestimmten Position stehen, um das Gebäude entsprechend zu treffen“, sagt der Familienvater, der nebenan wohnt. Anwohner haben eine entsprechende Chatgruppe gegründet, in der sie sich über das Phänomen austauschen, und eine Skizze angefertigt, auf der zu sehen sein soll, wie die Sonne das Gebäude genau treffen muss – und wo man stehen muss, um die Strahlen abzubekommen. Auf der Zeichnung sieht man vier Pfeile, die von verschiedenen Punkten des Gebäudes auf eine bestimmte Stelle zeigen. „Das ist auf jeden Fall das Gesprächsthema hier bei uns“, sagt der Anwohner.

 Weiterer Hitzeschaden an der Tür.

Weiterer Hitzeschaden an der Tür.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Rund 1200 Euro beträgt der entstandene Schaden an Katharina Fleischers Auto. Es sieht so aus, dass sie wohl auf den Kosten sitzen bleiben wird. „Die Versicherung will dafür nicht aufkommen, weil in der Vollkasko lediglich Unwetterschäden versichert sind und mein Fall nicht dazu zählt“, sagt die 31-Jährige. Auch bei ihrem Autohändler, wo sie den Wagen erst vor zehn Monaten gekauft hat, winkt man ab. „Das übernehmen die nicht, weil es sich nicht um einen Materialschaden handelt.“

(csh)
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