Mit Fake-Profilen gegen Pädokriminelle „Ich bin zwölf und du?“

Düsseldorf · Ermittler des Landeskriminalamtes in NRW erstellen auf Chat-Plattformen Fake-Profile, um Pädokriminellen auf die Spur zu kommen. Die Ergebnisse sind erschreckend: Innerhalb kürzester Zeit werden Kinder von Erwachsenen zu sexuellen Handlungen aufgefordert.

 Orginalchats, in denen sich Ermittler als Kinder ausgeben. (LKA)

Orginalchats, in denen sich Ermittler als Kinder ausgeben. (LKA)

Foto: RPO/LKA NRW

„Ich bin zwölf und du?“, schreibt ein Mädchen ihrem Chatpartner auf einer öffentlichen und leicht zugänglichen Chatplattform im Internet. „34“, antwortet dieser und ergänzt sofort: „Na, magst du der Mama auch sagen, was du anhast?“ Das Mädchen fragt daraufhin, ob der Chatpartner eine Mutter sei. „Klaro“, heißt die Antwort. Und dann folgt sofort die erneute Aufforderung an das Mädchen, zu sagen, was es trägt: „Also sag doch mal.“

In dem Fall ist das Mädchen nicht echt. Vielmehr hat sich ein Fahnder des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes (LKA) als Zwölfjährige ausgegeben und ein sogenanntes Fake-Profil angelegt, um den Kriminellen auf die Spur zu kommen. Echt ist aber die Person, die sich als Mutter ausgegeben hat – es handelt sich um einen Erwachsenen, der es auf Kinder abgesehen hat. Die Polizei geht davon aus, dass es täglich zu Tausenden solcher Chats kommt. Es habe keine fünf Minuten gedauert, bis parallel mehrere offenkundig ältere Männer das vermeintliche Kind anschrieben, berichtet Christina Schulze Föcking, Sprecherin der CDU-Fraktion in der Kinderschutzkommission. Innerhalb kürzester Zeit sei es zu Anzüglichkeiten bis hin zu Aufforderungen zu heimlichen Sex-Treffen gekommen.

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„Nach eigenen Angaben 69-jährige Männer, die von einer Zwölfjährigen im Keller befriedigt werden wollen – mir wurde richtig schlecht“, sagt Schulze Föcking. Ähnliche Erfahrungen haben die LKA-Fahnder bei verschiedenen Chat-Anbietern und nach eigenen Angaben sogar auf Ebay-Kleinanzeigen gemacht, wo das Lockprofil der Fahnder mit einem harmlosen Post Babysitter-Dienste anbietet. „Und darauf haben wir Anfragen für regelmäßige Massagen gegen Bezahlung bekommen“, so die CDU-Sprecherin für Kinderschutz.

Laut LKA ist Cybergrooming die gezielte Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über das Internet. Die genannten Fälle zeigten, dass das Problem eine Dimension habe, die man sich eigentlich gar nicht ausmalen möchte, so Schulze Föcking.  Die Täter geben sich laut LKA in Chats oder Online-Communitys gegenüber Kindern oder Jugendlichen als gleichaltrig aus, um so zunächst das Vertrauen der arglosen Minderjährigen zu gewinnen und sie im weiteren Verlauf zu manipulieren. „Sie verfolgen damit meistens das Ziel, sich auch in der realen Welt mit den minderjährigen Opfern zu treffen und sie zu missbrauchen“, so das LKA. Oft könnten die Täter die Minderjährigen vorher dazu überreden, ihnen freizügige Selbstporträts zuzusenden. „Diese werden dann in erpresserischer Weise als Druckmittel gegen die Minderjährigen eingesetzt, um sie zu weiteren Handlungen zu bewegen“, heißt es beim LKA.

Cybergrooming ist als Vorbereitung zu sexuellem Kindesmissbrauch strafbar. In Wuppertal hat im vergangenen Jahr ein wegen Kindesmissbrauchs vorbestrafter 43-Jähriger vor Gericht gestanden, dass er in einem Chatportal, in dem auch die LKA-Fahnder Fake-Profile erstellen, erneut Kontakt zu Minderjährigen gesucht hat. In einem Fall soll es zu sexuellen Handlungen mit einer 16-Jährigen gekommen sein, der er dafür ein Motorrad versprochen haben soll, was der Angeklagte bestritt. In dem Chatportal soll er unter dem Namen „süßer Romantiker18“ und „süßer Masseur“ Kontakt zu minderjährigen Mädchen gesucht haben.

Der Kampf gegen Kinderpornografie und sexuellen Kindesmissbrauch ist eine zentrale Aufgabe der Polizei in NRW. Laut Kriminalitätsstatistik gab es im vergangenen Jahr einen Anstieg bei der Kinderpornografie (4776 Fälle, plus 102,5 Prozent) und beim Kindesmissbrauch (3553 Fälle, plus 19,5 Prozent). Das Land hat in den vergangenen Jahren mehr als 30 Millionen Euro in neue Technik investiert und die Ermittlerzahl in dem Bereich von 100 auf 400 erhöht. Dazu zählt auch die Prävention, die nach Einschätzung von CDU und FDP weiter intensiviert werden muss. Ein gemeinsamer Antrag, der am Donnerstag ins Plenum des Düsseldorfer Landtages eingebracht werden soll, sieht unter anderem vor, die bestehenden Angebote für Eltern, Lehrkräfte und Akteure der Kinder- und Jugendhilfe weiterzuentwickeln und zu vernetzen. „Studienergebnisse belegen einen großen Aufklärungsbedarf über Risiken und Gefahren für Kinder und Jugendliche im Internet, sowohl bei den Betroffenen als auch bei Eltern und Lehrpersonal“, heißt es in der Beschlussfassung des Antrags von CDU und FDP.

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