Brief von Neunjähriger Polizei Dortmund bekommt süßeste Demo-Anmeldung des Jahres

Düsseldorf/Dortmund · Eine Kundgebung im Schrebergarten? Eigentlich ist das kein Fall für die Ordnungshüter. Doch der Brief einer Grundschülerin, die mit ihren Freunden für den Tierschutz demonstrieren möchte, rührt die Dortmunder Polizei. Ein Lehrstück in Sachen Demokratie-Erziehung.

 Die neunjährige Merle und ihre Freunde melden eine Demonstration bei der Dortmunder Polizei an.

Die neunjährige Merle und ihre Freunde melden eine Demonstration bei der Dortmunder Polizei an.

Foto: Polizei Dortmund

In der Regel beschäftigen Demonstrationen von Neonazis und Linksautonomen die Polizei Dortmund. Die können auch schonmal aus dem Ruder laufen, wie etwa im Juni, als rund 2500 Linksautonome 900 Neonazis gegenüberstanden. Deswegen ist die Polizei froh über Anfragen wie der neunjährigen Grundschülerin Merle, die mit ihren gleichaltrigen Freunden für den Tierschutz demonstrieren will.

Ein Schreiben, in dem Merle ihren Protestzug bei der Polizei anmeldet, hat den Behördenleiter Gregor Lange derart gerührt, dass er dem Mädchen nicht nur nett geantwortet hat, sondern auch ein paar seiner Beamten am Sonntag bei der Demonstration im Schrebergarten 06 in Dortmund vorbeischicken möchte — und das, obwohl die Polizei gar nicht zuständig wäre.

Aber darauf kommt es diesem Fall auch gar nicht an. Denn alle sind begeistert von dem Brief der Neunjährigen. "Ich, Merle (9 Jahre) wollte mit Kindern aus meiner Schule eine Demo veranstalten. Hiermit frage ich Sie, ob die Demo am 18. September um 14.30 Uhr zum Thema Tierschutz in der Anlage 06 in Dortmund stattfinden kann." So schildert Merle ihr Anliegen. Außerdem wollen die Kinder auch Spenden für die Tierschutzorganisation WWF sammeln.

Dafür bitten sie den Polizeipräsidenten um eine Genehmigung. Unter dem Brief haben die Kinder alle unterschrieben: Luca, Tabea, Aurelia T., Can, Merle, Ella P. Heja, Mia B. und Mia E. Auf dem Briefumschlag hat Merle die Dringlichkeit ihres Anliegens noch einmal betont. In großen Buchstaben hat sie "Sofort! Eilt!" und in eckigen Klammern "Bitte sofort forlegen" daraufgeschrieben.

Für Gregor Lange war es keine Frage, da mitzumachen. Er antwortet den Kindern: "Ich finde es toll, dass Du und deine Freunde sich für den Tierschutz einsetzen." In einem offiziellen Antwortbrief erteilt er die Genehmigung, weist aber gleichzeitig daraufhin, dass die Kinder sich an ein paar Regeln halten müssen. Zum Beispiel dürfen die Demonstranten nicht die Grundstücke anderer Leute betreten, nur die vorhandenen Wege benutzen und nicht quer über die Wiese laufen. Lange kündigt an, ein paar Kollegen vorbei zu schicken.

"Uns ist allen das Herz aufgegangen, als wir den Brief gelesen haben", erzählt Kim Ben Freigang, Hauptkommissar und Sprecher der Polizei. Er wird am Sonntag einer der Beamten sein, die an der Demonstration im Schrebergarten teilnehmen. "Wir haben gleich gesagt, das Spielchen machen wir mit."

 So antwortet der Polizeipräsident Gregor Lange.

So antwortet der Polizeipräsident Gregor Lange.

Foto: Polizei Dortmund

Der Polizei ist es wichtig, den Kindern zu vermitteln, was das Grundrecht auf Demonstration bedeutet und dass alle das Recht haben, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Und wenn die Polizei in den Vorstellungen der Kinder für die Demonstrationserlaubnis zuständig ist, dann soll sie das in diesem Fall auch sein.

Eigentlich wäre eine polizeiliche Erlaubnis nicht nötig gewesen, weil die Versammlung nicht auf öffentlichem Boden sondern auf dem Privatgelände des Schrebergartenvereins stattfinden soll. "Für uns ist das auch polizeiliche Präventionsarbeit. Die Kinder bekommen ja auch mit, was in dieser Stadt passiert und wie die Demonstrationen hier schonmal ablaufen können."

Merle habe sich schon im Alter von fünf Jahren über die Protestmärsche in der Stadt Gedanken gemacht, das weiß der Hauptkommissar von der Mutter des Mädchens. Merle habe der Polizei versichert, dass sie keine Angst zu haben brauche, wenn Kinder demonstrieren.

Das Mädchen und seine Mitschüler bereiten gerade die Kundgebung am Sonntag vor. Sie sei zu beschäftigt, um unserer Redaktion ein Interview zu geben, lässt die Mutter über den Polizeisprecher ausrichten. Schließlich geht Merle in die Schule — in die Dortmunder Franziskus-Grundschule, die eine Kooperation mit der Unesco hat. Sie hofft, am Sonntag etwa 40 Euro Spenden einzunehmen.

Der Polizeipräsident rät dazu: "Kleiner Tipp, auch Polizisten und die Leute von der Zeitung kann man fragen, ob sie nicht auch für den WWF spenden wollen."

(heif)
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