Kraftwerkssprengung in Dortmund „Der Schornstein kippt um wie ein Baum“

Dortmund · Knallen wird es nur kurz, danach fehlt ein Stück sichtbare Stadtgeschichte für immer: An Dortmunds Stadtgrenze wird am Sonntag ein altes Kraftwerk gesprengt. Fünf Wochen später steht einem Hochhaus in Duisburg das gleiche Schicksal bevor.

 Kühlturm, Schornstein und Kesselhaus des Kraftwerks Knepper.

Kühlturm, Schornstein und Kesselhaus des Kraftwerks Knepper.

Foto: dpa/Marcel Kusch

210 Meter ragt der Schornstein in den Himmel, daneben thront der 128 Meter hohe Kühlturm. Doch die Stunden des einstigen Kohlekraftwerks Knepper auf der Stadtgrenze Dortmund und Castrop-Rauxel sind gezählt: Der Meiler wird am Sonntag gesprengt.

Rund 218 Kilo Sprengstoff sind nötig, um Kesselhaus, Kühlturm und Schornstein zu Fall zu bringen. Nach zwei Sprengungen werden gut 28 400 Tonnen Stahlschrott und Bauschutt übrig bleiben, wie Tina Gutmann, Sprecherin der Gütersloher Abbruchfirma Hagedorn im Vorfeld erklärte.

Hagedorn hat das 2014 stillgelegte Kraftwerk vor einem Jahr von Eon-Tochter Uniper gekauft und will die Fläche mit einer Größe von 59 Hektar für eine neue Nutzung erschließen. Eine britische Immobilienfirma will das Gelände danach als Gewerbepark vermarkten.

Seit etwa einem Jahr laufen die Rückbauarbeiten: Abrissbagger machten sich an kleineren Gebäude zu schaffen, bedenkliche Stoffe wurden entsorgt, andere Materialien weiterverwertet. Allein die Vorbereitung der Sprengung nahm sechs Monate in Anspruch. Unter anderem wurden hunderte Bohrlöcher für den Sprengstoff gebohrt.

Den Anfang macht am Sonntag gegen 11.00 Uhr das Kesselhaus. Bevor der zweite, spektakulärere Teil der Sprengung passieren kann, kontrolliert der Sprengmeister gemeinsam mit den Ordnungsbehörden, ob bei der ersten Zündung alles nach Plan gelaufen ist. Rund eine dreiviertel Stunde könne vergehen, bis es erneut knallt: 150 Kilo Sprengstoff im Fuß des Kühlturms sowie 60 Kilo im Schornstein werden dann gezündet.

Zuerst werde der riesige Kühlturm um- und ineinanderfallen. Bis der Schornstein auf dem Boden liegt, können mehr als zehn Sekunden vergehen: „Wir sprengen eine Seite weg, dann kippt er ganz langsam um wie ein Baum“, erklärt Tina Gutmann, Sprecherin von Hagedorn. Dass er zur richtigen Seite kippe, gewährleisten zuvor eingebaute Kippgelenke, auf die der Schornstein sackt.

Die etwa 120 Anwohner, die ihre Häuser verlassen müssen, sowie die zahlreichen Einsatzkräfte von THW und Ordnungsbehörden werden die einzigen sein, die das Spektakel aus einer gewissen Nähe betrachten können. Für alle weiteren Schaulustigen gilt: „Es gibt keine Chance das Gelände zu betreten. Es werden weiträumige Straßensperren eingerichtet.“ Die Stadt Castrop-Rauxel rechnet dennoch mit regelrechtem „Sprengungs-Tourismus“, wie eine Sprecherin sagte: Im Internet hätten sich bereits viele Schaulustige verabredet, um aus der Ferne die Sprengung zu beobachten.

Schon fünf Wochen später steht das Ruhrgebiet vor einer weiteren aufsehenerregenden Sprengung: In Duisburg wird am 24. März eines von sechs 20-geschossigen Hochhäusern gesprengt - inmitten dichter Wohnbebauung. Das Verschwinden der in die Jahre gekommenen Wohnblöcke will die Stadt als Aufbruchsignal für den Brennpunkt-Stadtteil verstanden wissen. Die sogenannten „Weißen Riesen“ im Stadtteil Hochheide stammen aus den frühen 1970er Jahren. Doch die massiven Hochhäuser entsprächen nicht mehr den heutigen Bedürfnissen, heißt es in einem Ratsbeschluss.

(hsr/dpa)
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