Werne Die Sternsinger mit den grauen Haaren

Werne · In diesen Tagen gehen wieder die Sternsinger von Haus zu Haus. Meist sind es Kinder und Jugendliche, doch im münsterländischen Werne mischen auch Herren mit grauen Haaren mit.

Das sind die Sternsinger mit den grauen Haaren
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Das sind die Sternsinger mit den grauen Haaren

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Reinhard Bergmann schreibt mit weißer Kreide an die Hauswand von Familie Eggenstein. Er darf das, schließlich ist er ein Sternsinger. Die schreiben traditionell den christlichen Segen inklusive Jahreszahl auf Türen oder Wände. Das Besondere: Während Sternsinger normalerweise Kinder und Jugendliche sind, haben Reinhard Bergmann, der "auf die 70 zugeht" und seine beiden Kollegen Willi Brinkmann (66) und Hans-Ulrich Backhove (57) den Stimmbruch seit Jahrzehnten hinter sich und schon graue Haare.

An Sabine Eggensteins Hauswand im münsterländischen Werne stehen noch die Sternsinger-Inschriften, die Kinder seit 1994 dort hingemalt haben. "Früher waren es Kinder und irgendwann hat das dann aufgehört." Im Jahr 2002 tauchten dann die in die Jahre gekommenen Sternsinger auf, verkleidet als Heilige drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar. Von einem generellen Nachwuchsmangel könne man nicht sprechen, sagen die Bistümer. Aber die Begeisterung für die Sternsinger variiere von Ort zu Ort.

Kölns Kardinal Meisner sendet Sternsinger aus
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Manche Kinder würden sich genieren, als Sternsinger von Haus zu Haus gehen zu müssen, vermutet Backhove alias "Balthasar". Die drei Senior-Singer haben schon traurige Momente erlebt: 2003 wartete schon eine ganze Familie auf das Trio und bat es ans Sterbebett eines alten Mannes: "Wir haben da gesungen", erzählt Bergmann. Eine bedrückende Erfahrung sei das gewesen. Zwei Tage später sei der Mann gestorben.

In diesem Jahr hätten sie dagegen etwas sehr Schönes erlebt: An der "Krippe" eines sechs Tage alten Säuglings gaben sie dem Baby ein Ständchen: "Aber piano!"

Still und leise sind er und seine beiden Sternsinger-Kollegen normalerweise nicht: Überall gibt es ein fröhliches, lautes "Guten Morgen" und schon singen die drei das Lied "Hoch am Himmel steht ein Stern". Etwa 60 Mal schmettern sie das Lied an diesem Tag.

Die meist älteren Hausbewohner der Gegend werfen mal zehn, mal zwanzig Euro in die Büchse für Kinderhilfsprojekte in aller Welt. Und da sich die Sternsinger oft in einem ähnlichen Alter befinden wie die Hausbewohner und man sich seit Jahren kennt, tauschen sie sich am Ende gelegentlich aus.

"Irgendwann ist halt gesundheitlich Schluss", erklärt Bergmann alias "Caspar" mit Theaterschminke im Gesicht. "Wir hoffen, dass es jemand macht, wenn wir es nicht mehr können. Das ist eine Tradition, die wir aufrechterhalten müssen", sagt Bergmann. Später müssen sie noch die umliegenden Bauernhöfe besuchen. Dort müsse man als erwachsener Sternsinger trinkfest sein: "Da werden wir gut versorgt."

(lnw)
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