ICE und RE mussten zwangsgebremst werden Sabotage bei Deutscher Bahn in NRW – keine Hinweise auf terroristischen Anschlag

Update | Essen/Köln/Leverkusen · An mindestens drei Stellen hat es am Sonntag im Streckennetz der Deutschen Bahn offenbar Sabotage-Aktionen gegeben – unter anderem in Leverkusen und Essen. Ein Intercity-Express und eine Regionalbahn mussten zwangsgebremst werden. Das ergibt sich aus einem Einsatzbericht der Polizei, in den unsere Redaktion exklusiv Einblick hatte. Die federführende Staatsanwaltschaft Essen geht aktuell aber nicht von terroristischen Anschlägen aus.

Bei der Deutschen Bahn hat es am Sonntag offenbar massive Manipulationen gegeben.

Bei der Deutschen Bahn hat es am Sonntag offenbar massive Manipulationen gegeben.

Foto: dpa/Holger Hollemann

Bei der Deutschen Bahn hat es am Sonntag offenbar massive Probleme gegeben, die möglicherweise durch bewusste Manipulation hervorgerufen worden sind. Das geht aus einem internen Einsatzbericht der Polizei hervor, in den unsere Redaktion Einblick erhalten hat. Die Polizei geht demnach derzeit von mindestens vier Tatorten aus – zwei in Essen, einer in Leverkusen und einer in Schwelm. Die Ermittlungen wegen des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr führt die Kölner Polizei. Dort bestätigte man offiziell unsere Recherchen. „Wir können bestätigen, dass wir Ermittlungen in dem Fall aufgenommen haben. Die Hintergründe müssen jetzt geklärt werden“, sagte ein Sprecher der Kölner Polizei. „Der Staatsschutz ermittelt. Wir stehen noch am Anfang, weil es erst am Sonntag passiert ist.“

Laut dem internen Bericht erhielt die Leitstelle des Kölner Polizeipräsidiums am Sonntagnachmittag gegen 15 Uhr einen Anruf der Bundespolizei in Köln. Darin wurde berichtet, dass die Notfallleitstelle der Deutschen Bahn mit Sitz in Duisburg einen Stellwerkausfall am Haltepunkt Leverkusen-Küppersteg gemeldet hat. Ersten Erkenntnissen zufolge sollen Unbekannte gegen 8.45 Uhr mehrere Notausschalter betätigt und damit Teile des Schienennetzes stromlos gestellt haben. Infolge des Eingriffes stoppten Züge vereinzelt automatisch. Es kam zu erheblichen Beeinträchtigungen im Bahnverkehr. „Ein Intercity-Express sowie ein Regionalexpress wurden durch die sogenannte PZB (Punktförmige Zugbeeinflussung) zwangsgebremst“, heißt es im Bericht.

An den Zugängen zu dem Stellwerk konnten dem Polizeibericht zufolge keine einbruchstypischen Spuren festgestellt werden. Zusätzlich kam es in den Stellwerken Essen-Kray und in Schwelm ebenfalls zu Ausfällen. Auch dort konnten keine Aufbruchspuren festgestellt werden. In dem Bericht heißt es wörtlich: „Nach Angaben der DB ist der Eintritt eines größeren Schadensereignisses aufgrund der automatischen Sicherheitseinrichtungen der Züge eher unwahrscheinlich.“

Die Polizei spricht von zwei Tatorten mit Tatzeiten von 5.10 und 6 Uhr morgens im Bereich des Polizeipräsidiums Essen – in Kray und in Stadtwald. In Schwelm sei bisher eine Tat mit Tatzeit 11.50 Uhr bekannt. Die Ermittlungen und Tatortaufnahmen dauern an. Der Sachverhalt wird durch das Polizeipräsidium Köln derzeit als Ermittlungslage unterhalb eines Anschlages eingeordnet, heißt es in dem Bericht. Die Polizei hat eine sogenannte Besondere Aufbauorganisation eingerichtet (BAO), die nur bei besonderen Lagen zusammengestellt wird.

Am Dienstag teilt die zuständige Essener Staatsanwältin Marion Weise mit: Bei den Stellwerksmanipulationen sähen die Ermittler keine Hinweise auf einen terroristischen Anschlag. Die weiteren Ermittlungen liefen deshalb ohne Beteiligung des Staatsschutzes. Die Essener Behörde hat mittlerweile die Zuständigkeit von der Kölner Staatsanwaltschaft übernommen. Es soll weiterhin geprüft werden, ob zwischen dem Leverkusener Fall und den Vorfällen in Essen und Schwelm ein Zusammenhang bestehe. Dies hatte die Polizei bereits am Montag angekündigt.

Der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands für den Schutz Kritischer Infrastruktur, Holger Berens, äußerte am Dienstag gegenüber Medien: „Es ist sicherlich kein Vandalismus, sondern aus meiner Sicht eine konzertierte Aktion.“ Er kritisierte in dem Zusammenhang zu lasche Sicherheitsvorkehrungen der Bahn an Stellwerkseinrichtungen.

Die Polizei Köln sucht Zeugen zu den Vorfällen und nimmt Hinweise per E-Mail an poststelle.koeln@polizei.nrw.de oder per Telefon unter 0221 229-0 entgegen.

( mit Material der dpa)
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