15-Jährige soll Halbbruder getötet haben „Die Mutter hat zwei Kinder verloren“

Detmold · Vor fünf Monaten soll eine 15-Jährige in Detmold ihren Halbbruder erstochen haben. Nun muss sich die Jugendliche wegen Mordes vor Gericht verantworten. Auch die Mutter der beiden wird am Prozess teilnehmen.

 Die Mutter des getöteten Jungen am  Montag im Landgericht Detmold.

Die Mutter des getöteten Jungen am Montag im Landgericht Detmold.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Die 15-Jährige soll ihren kleinen Halbbruder im November vergangenen Jahres erstochen haben, während er schlief. Eine Obduktion ergab, dass der Dreijährige mit 28 Messerstichen getötet wurde. Am Montag beginnt vor dem Landgericht Detmold der Prozess. Die Staatsanwaltschaft hat die Jugendliche wegen Mordes angeklagt, sie soll den Jungen aus Heimtücke und niederen Beweggründen getötet haben – Eifersucht soll ein Motiv gewesen sein. Das Mädchen soll nach Angaben der Ermittler eine „tiefe Abneigung“ gegen den Halbbruder entwickelt haben, das Umfeld der Familie wurde nach der Tat als „schwierig“ bezeichnet.

Angehörige hatten den toten Jungen am Abend des 6. November in der Wohnung entdeckt. Seine Halbschwester war verschwunden, nach stundenlanger Suche fasste die Polizei die Jugendliche am nächsten Morgen in Lemgo. Die Ermittler hatten ein Foto der 15-Jährigen veröffentlicht, woraufhin ein Zeuge sich meldete, der das Mädchen erkannt hatte. Bei der Festnahme soll die Tatverdächtige in „ruhiger Verfassung“ gewesen sein, wie es damals hieß. Sie berief sich auf Erinnerungslücken, gab aber an, sich selbst für die Täterin zu halten.

Große Anteilnahme nach Tod von Dreijährigem in Detmold
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Große Anteilnahme nach Tod von Dreijährigem in Detmold

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Foto: Guido Kirchner/dpa/Guido Kirchner

Rechtsanwalt Dariusz Balicki aus Bielefeld vertritt die Mutter der mutmaßlichen Täterin und des Opfers vor Gericht. Sie nimmt als Nebenklägerin am Prozess teil. „Sie ist natürlich in einer sehr schwierigen Situation“, sagt Balicki. „Im Grunde hat sie zwei Kinder verloren.“ Die Mutter habe aber noch Kontakt zu ihrer Tochter und habe sogar vorgehabt, sie im Gefängnis zu besuchen. Wegen der Corona-Krise sei der Besuch aber nicht möglich gewesen, wie ihr Anwalt sagt. Zum einen erhoffe die Mutter sich Antworten von einem Gespräch mit der Tochter, „andererseits ist sie aber auch interessiert daran, wie es mit ihr weitergeht.“ Auch deshalb wolle sie am Prozess teilnehmen.

Vom Prozess erhofft sich die Frau nach Angaben ihres Anwalts, dass ihre Tochter eine Strafe bekommt, die ihr trotz allem noch die Chance lässt, sich danach ein gutes Leben aufzubauen. „Die Mutter ist sehr widersprüchlichen Gefühlen ausgesetzt“, sagt Balicki. Zum Hintergrund der Familie und dem angenommenen Motiv der Eifersucht will sich der Rechtsanwalt nicht vor Beginn des Prozesses äußern.

22 Zeugen sollen im Prozess gehört werden. Ein psychiatrischer Sachverständiger muss die geistige Entwicklung der Jugendlichen und ihre Schuldfähigkeit beurteilen. Als Jugendstrafsache ist der Prozess nicht öffentlich. Zum Schutz der Angeklagten veröffentlicht das Gericht deshalb auch im Vorhinein keine Details zum Inhalt der Anklageschrift. Mit 15 Jahren ist die Angeklagte zwar strafmündig, die Höchststrafe für Jugendliche sind aber zehn Jahre Haft. Bei Mord in einem besonders schweren Fall können es maximal 15 Jahre Haft werden, und nicht lebenslang. Für den Prozess sind drei Tage terminiert, ein Urteil könnte schon am 30. April verkündet werden.

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