Dormagen Deichbuch könnte Baupfusch beweisen

Dormagen · Wer hat den Pfusch am Deich begangen? Wer hat Bauaufsicht geführt? Aufklärung erhofft sich die IG Deich durch ein Deichbuch, das jetzt aufgetaucht ist. Millionenausgaben, so die Interessengemeinschaft, wären dann sinnlos gewesen.

Die brisante Information in dem Dokument mit dem Aktenzeichen "80 UJs 2727/10" versteckt sich im zweiten Absatz auf Seite zwei. In den nüchtern gedrechselten Worten einer Behörde heißt es in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft Düsseldorf: "Allerdings konnte nunmehr über die Fa. CDM Consult GmbH, welche die Rechtsnachfolgerin des ehemals baubegleitenden Ingenieurbüros Schulze ist, in Erfahrung gebracht werden, dass dort das Deichbuch noch vorliegen soll, welche alle einen Hochwasserdeich betreffenden Unterlagen enthalten."

Erhalten hat den Brief das Anwaltsbüro Pamatat, das die Interessengemeinschaft (IG) Deich vertritt. Wilfried Schellen von der IG sieht in dem Schreiben nichts weniger als die Möglichkeit aufzudecken, wer Schuld trägt am Deichpfusch bei der Sanierung des 13 Kilometer langen Schutzwalls zwischen 1998 und 2000. "Inzwischen ist viel Geld ausgegeben worden", so Schellen, der nun rausfinden möchte, wer damals "die Bauaufsicht versaubeutelt" hat. Die inzwischen vorgenommenen Sondierungsmaßnahmen hätten aus Sicht der IG verhindert werden können. Auch das Beweisverfahren hätte womöglich einen anderen Verlauf genommen.

Zum Hintergrund: Das damalige Staatliche Umweltamt, das inzwischen in die Bezirksregierung Düsseldorf integriert wurde, hatte die entsprechenden Akten nicht mehr finden können. Ein Zeuge wird in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft zitiert: Es sei ihm nicht erklärbar, warum die Akten keine Bestandsunterlagen enthalten hätten. Auch sei der Täterkreis nicht sicher eingrenzbar, weil über 35 Personen über einen längeren Zeitraum Zugriff auf die Akten hatten.

Rund 30 Millionen Euro soll nun die neuerliche Sanierung des Deiches kosten, auch die Deichanlieger werden erneut zur Kasse gebeten. Am Donnerstag soll der Erbentag das Planungsbüro auswählen, das die 2015 beginnende Maßnahme betreuen soll. 80 Prozent der Kosten soll das Land tragen.

Doch bezahlt das Land auch, wenn sich beweisen ließe, wer Schuld am Deichpfusch ist? Wilfried Schellen: "Das Risiko müssen wir eingehen." Das NRW-Umweltministerium hat die IG bereits in Kenntnis gesetzt. Anfang des Jahres will sich der Verein an den Petitionsausschuss des Landes wenden, der als Kontrollorgan die Interessen der Bürgerschaft gegenüber dem Land vertreten soll.

Deichgräf Eduard Breimann, der die Sanierungsmaßnahme plant, glaubt nicht, dass in dem Deichbuch steht, "wer wie was gemacht hat". Möglicherweise handele es sich gar nur um ein Duplikat des ohnehin vorhandenen Deichbuchs.

Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf indes schreibt: "Möglicherweise ergeben sich aus dieser Akte, wie von Ihnen vermutet, Hinweise auf Mängel bei der Ausführung der Baumaßnahme."

(NGZ/url/top)
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