Polizei im Netz Datenschützer kritisieren Fahndung bei Facebook

Düsseldorf/Essen · Landesweit haben elf Polizeipräsidien einen eigenen Auftritt auf Facebook. Das Innenministerium plant eine einheitliche Seite für die NRW-Polizei. Der Landesbeauftragte für Datenschutz ist jedoch strikt dagegen.

Diese Polizeistationen ermitteln bei Facebook
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In Mülheim und Essen sei heute nichts Außergewöhnliches passiert, schreibt die Polizei Essen auf ihrer Facebook-Seite. "Wir hoffen euer Tag läuft ähnlich gut!", heißt es dort am vergangenen Freitag weiter. Dazu gibt es ein Foto, das einen Polizisten zeigt, der auf seinem Schreibtisch eine Zimmerpflanze gießt. Pflanzenpflege müsse halt auch mal sein, schreibt die Polizei.

Das Essener Polizeipräsidium ist die elfte Sicherheitsbehörde in NRW, die einen eigenen Auftritt auf der Kommunikationsplattform Facebook hat. Um die Seite bekannt zu machen, zeigten die Essener Beamten am vergangenen Freitag 24 Stunden lang tagesaktuelle Bilder und Videofilme vom Polizeialltag.

Wenn es nach dem Willen von Innenminister Ralf Jäger (SPD) geht, wird die Polizei in NRW schon bald über einen einheitlichen Auftritt bei Facebook verfügen. Bislang haben neben Essen unter anderem noch die Polizeipräsidien in Dortmund, Krefeld, Köln, Hagen, Oberhausen und Münster ein solches Angebot. Auf den Seiten wird meist vor Trickbetrügern und Taschendieben gewarnt, auf Radarkontrollen hingewiesen und nach Zeugen für Autounfälle gesucht. "Und manchmal nehmen wir uns selbst auf die Schippe — wie das Bild vom Blumengießen beweist", sagt ein Essener Polizeisprecher.

IT-Spezialisten und Juristen

Beim Innenministerium arbeitet seit Monaten eine Arbeitsgruppe aus IT-Spezialisten und Juristen am Aufbau eines Gesamtauftrittes. Einem Sprecher des Innenministers zufolge müssen jedoch noch einige rechtliche und technische Fragen geklärt werden. "Wir bewegen uns bei dem Thema auf dünnem Eis", sagt Joachim Wawrzeniewski vom Innenministerium. Doch er ist optimistisch, dass die noch bestehenden Probleme bald gelöst sein werden. Im Ministerium geht man davon aus, dass die Seite im ersten Halbjahr 2014 freigeschaltet werden kann. Aber auch in anderen Sozialen Netzwerken will die NRW-Polizei künftig stärker vertreten sein — zum Beispiel beim Kurznachrichtendienst Twitter. "Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Bürger zu erreichen", sagt der Ministeriumssprecher. Gesteuert werden soll der gemeinschaftliche Polizeiauftritt dem Vernehmen nach vom Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg.

Eine Öffentlichkeitsfahndung mit dem Foto eines Verdächtigen ist für die Polizei auch bei Facebook nur mit richterlichem Beschluss möglich. Nach Informationen unserer Redaktion erging in den vergangenen Tagen ein Erlass des Innenministeriums an alle NRW-Polizeipräsidien zu diesem Thema. In dem Schreiben sollen die Behörden darauf hingewiesen worden sein, bloß keine Fahndungsfotos auf den Seiten zu veröffentlichen. Denn das könne zu datenschutzrechtlichen Problem führen. "Es ist wichtig, dass die Fahndungsfotos nicht auf Facebook geladen werden, weil sie sonst auf fremde Server im Ausland gelangen, über die wir keine Kontrolle haben", erklärt Wolfgang Spieß, Internet-Experte der Gewerkschaft der Polizei in NRW. Ein generelles Problem seien Bilder im Internet, da sie nur schwer wieder zu löschen seien. Es müsse sichergestellt sein, dass ein Fahndungsfoto nach Ende der Ermittlungen aus dem Netz verschwinde, betont Spieß. "Vor allem dann, wenn ein zu Unrecht Beschuldigter gezeigt worden ist."

"Hemmschwelle nehmen"

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Ulrich Lepper, lehnt eine Fahndung mit Hilfe Sozialer Netzwerke ab. "Ein Fahndung im Internet muss ohnehin schon auf enge Ausnahmefälle begrenzt sein, weil es im Internet nicht beeinflussbar ist, welche Information wo und wie lange erhalten bleiben", betont Lepper. "Bei privaten Plattformen kommt hinzu, dass weder die Nutzer noch die Polizei wissen, wer wie mit den Daten umgeht, die dort eingestellt werden oder bei der Nutzung anfallen."

Die bislang erzielten Erfolge der Polizei auf Facebook sind bestenfalls durchwachsen. In Münster konnten die Beamten durch einen Aufruf immerhin ein Fahrrad wieder finden. "Das bewerten wir als Erfolg", sagt ein Sprecher der Münsteraner Polizei. Viele ihrer Kollegen wären darüber schon froh. "Eine Straftat konnten wir über Facebook noch nicht aufklären", sagt ein Krefelder Kollege. Und im Polizeipräsidium Köln will man dazu überhaupt keine Angaben machen. Deswegen bemühen sich die Präsidien, ihren Facebook-Auftritt als bürgerfreundliches Angebot zu preisen. "Es geht auch darum, mit den Bürgern in Kontakt zu treten, ihnen die Hemmschwelle zur Polizei zu nehmen", sagt der Krefelder Polizeisprecher.

(RP)
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