Spuren der Geschichte Das Lazarett in der Altstadt

Düsseldorf · Im Ersten Weltkrieg wurden im Theresienhospital Verwundete gepflegt, nun entstehen dort Luxuswohnungen. Die meisten anderen Spuren des Kriegs sind inzwischen verschwunden. Bei Rheinmetall in Derendorf boomte damals die Waffenfertigung, in Golzheim explodierte ein Zeppelin.

 So sah es im Theresienhospital während des Ersten Weltkriegs aus. Schwestern des Ordens der Töchter vom Heiligen Kreuz kümmerten sich um verwundete Soldaten, insgesamt gab es dort 200 Pflegeplätze.

So sah es im Theresienhospital während des Ersten Weltkriegs aus. Schwestern des Ordens der Töchter vom Heiligen Kreuz kümmerten sich um verwundete Soldaten, insgesamt gab es dort 200 Pflegeplätze.

Foto: Archiv Ulrich Brzoska

Wer demnächst in die Wohnungen im ehemaligen Theresienhospital einzieht, kann sich über viele Annehmlichkeiten freuen: ein privates Kino etwa, einen Spa-Bereich und einen Concierge, der sich um Botengänge kümmert. Für 75 Millionen Euro richtet ein Investor dort 54 Luxuswohnungen ein, die im kommenden Jahr fertig sind.

 In dem denkmalgeschützten Gebäude an der Straße Aldestadt, das zuletzt leerstand, entstehen Luxuswohnungen.

In dem denkmalgeschützten Gebäude an der Straße Aldestadt, das zuletzt leerstand, entstehen Luxuswohnungen.

Foto: Endermann, Andreas

Vor rund 100 Jahren herrschte im selben Gebäude das Elend: Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs am 1. August 1914 diente das gerade fertiggestellte Krankenhaus am Rheinufer auch als Lazarett. Die Schwestern kümmerten sich um 200 pflegebedürftige Soldaten. Die Krankenzimmer reichten für den Bedarf nicht aus, es wurden auch Betten in die Tagesräume gestellt.

Die Soldaten im Lazarett waren in den kommenden Jahren wie alle anderen Düsseldorfer von der Krise durch den Krieg betroffen, die sich immer weiter zuspitzte. Je länger sich die Kämpfe an der Front hinzogen, desto häufiger mangelte es am Nötigsten. Lebensmittel wurden rationiert, an Verkaufsstellen bildeten sich lange Schlangen. Im "Steckrübenwinter" 1917/18 gab es nicht einmal mehr Kartoffeln. Krankheiten verbreiteten sich rasant, auch die Rohstoffe wurden knapp. 1916 wurde das Hospital belangt und musste mehrere Kochkessel aus Nickel, 1917 dann eine Bronzeglocke an das Militär abtreten — man brauchte Metall.

Das Theresienhospital, dessen Geschichte der Historiker Ulrich Brzosa erforscht hat, war eines von vielen Lazaretten, das im Ersten Weltkrieg in Düsseldorf entstand. Alle Krankenhäuser der Stadt wurden damals für Soldaten zur Verfügung gestellte, dazu bildeten sich private Einrichtungen. Auch die Ausflugslokale Jägerhaus in Grafenberg und Rheinlust in Oberkassel wurden umfunktioniert. 1917 waren 8000 Lazarettbetten mit Verwundeten belegt. Rund 10 000 Soldaten aus Düsseldorf kehrten aus dem Krieg nie zurück.

Heute ist das Hospital einer der wenigen hervorstechenden Erinnerungsorte an diese Zeit in Düsseldorf. Was für den Krieg geschaffen wurde, hat die Zeit nicht überdauert. Der erste Bergische Löwe, den ein Wohltätigkeitsverein auf dem Graf-Adolf-Platz anbrachte, ist genauso verschwunden wie der "Hindenburgwall", der 1915 nach dem Generalfeldmarschall (und späteren Reichspräsidenten) benannt wurde und heute "Heinrich-Heine-Allee" heißt.

Auch das Gelände von Rheinmetall in Derendorf hat sich stark gewandelt. Im Krieg liefen dort die Werke des Rüstungsunternehmens heiß: Rheinmetall, einer der größten Waffenhersteller im Kaiserreich, beschäftigte zeitweise 48 000 Arbeiter und Angestellte. Immer wieder musste das Düsseldorfer Werk vergrößert werden. Der Rest der Düsseldorfer Industrie brach im Krieg nach und nach zusammen — es fehlte an Mitarbeitern und Rohstoffen. Das Rheinmetall-Areal wird heute in dem Bauprojekt "Unternehmerstadt Düsseldorf" als Büro- und Wohnort neu entwickelt.

Verschwunden sind auch die Überreste der Luftschiffhalle auf der Golzheimer Heide. Dort war seit 1913 ein Luftschiff-Bataillon stationiert. Die Flieger starteten zu einigen Angriffen in Belgien, Frankreich und England. In einer Halle lagerte Z IX, eines der ersten Zeppelin-Luftschiffe. 1914 gelang es einer britischen Doppeldecker-Maschine, eine Bombe auf die Halle zu werfen. Das mit Helium gefüllte Luftschiff explodierte, mehrere Menschen wurden getötet. Düsseldorf gehörte damit zu den wenigen deutschen Städten, die schon im Ersten Weltkrieg durch einen direkten Angriff aus der Luft getroffen wurden — der Luftkrieg war damals nur eine Randerscheinung und entwickelte erst im Zweiten Weltkrieg seine verheerende Wirkung.

(RP)
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