Tote Babys auf Hof in Weeze "Das hätte man ihr nie zugetraut"

Goch · Eine 24-jährige Frau hat gestanden, innerhalb von zehn Monaten zwei Neugeborene getötet zu haben. In Weeze herrscht Entsetzen über die Tat. "Wir sind alle fassungslos", sagt ein Freund der Familie. "Ich hätte ihr so etwas nie zugetraut."

Entsetzen in Weeze — von solchen Vorfällen liest man doch allenfalls mal in der Zeitung. In düsteren, anonymen Siedlungen vermuten die meisten Menschen Verzweifelte, die so etwas fertigbringen können: ihr eigenes Kind umbringen. Aber es ist in Weeze geschehen, sogar zweimal, auf einem Gehöft im Außenbereich. Eine 24-jährige Frau hat der Polizei gegenüber zugegeben, ihre kurz zuvor entbundenen Babys umgebracht zu haben. Im November 2012 das erste, in diesem September das zweite. Die laut Polizei geständige Täterin wurde festgenommen.

Laut Polizei war am Montag gegen 21 Uhr ein Anruf bei der Leitstelle eingegangen, in dem ein Weezer mitteilte, dass er den Leichnam eines Babys gefunden habe. Seine Tochter habe angedeutet, dass sie das Kind kürzlich geboren habe. Als die Beamten an dem unscheinbaren Haus eintrafen, konnte der Mann sie zu zwei Fundorten führen: Sowohl auf dem Dachboden, als auch in einem Strohlager wurden Babyleichen gefunden. Ein Junge, der offenbar noch nicht sehr lange tot war, und ein bereits skelettierter Leichnam, dessen Geschlecht zunächst unbekannt blieb.

Auf die Mutter der beiden getöteten Kinder stieß die Polizei bei einem Einsatz in Geldern. Zu dem rückten die Beamten nach Berichten von Passanten am Montagabend in die Hartstraße aus. Die Polizei teilt mit, dass sie um 22.13 Uhr zu einer Ruhestörung und Sachbeschädigung gerufen worden war. Dabei sei festgestellt worden, dass es sich bei der Adresse um die Wohnung der Mutter der verdächtigen 24-Jährigen handelte. Tatsächlich hielt sich die Gesuchte in der Gelderner Wohnung auf und wurde von den Beamten festgenommen.

Bürger sind erschüttert

Es brauchte einige Stunden, bis sich die Nachricht am Mittwochn langsam in Weeze herumgesprochen hatte. Nach der ersten Pressemitteilung der Polizei am Vormittag riefen sich entgeisterte Bürger gegenseitig an. "Ländliches Anwesen" hatte es im Polizeibericht und bei Online-Portalen geheißen — doch keiner der Ortslandwirte von Weeze oder den Ortschaften Wemb wusste Bescheid.

Als dann durchsickerte, um welche Familie es ging, war der Schock kaum weniger groß. "Ich kenne die Leute, das sind ganz normal bürgerliche Menschen", meinte eine Nachbarin. Der Vater, der auf dem Gehöft wohnt, sei von seiner Frau früh verlassen worden und habe die Kinder allein erzogen — mit Hilfe aus der eigenen Familie. Neben der jetzt 24-Jährigen seien noch andere Geschwister auf dem Hof groß geworden.

Die junge Frau hat offenbar die Grundschule in Weeze besucht, ehe sie auf eine andere Schule in der Nachbarschaft wechselte. Ihr ehemaliger Schulleiter erinnert sich gut an sie: "Ich habe sie aus der damaligen Zeit als ein sehr unbedarftes Mädchen in Erinnerung. Irgendwann ist sie dann zu ihrer Mutter nach Geldern gezogen."

Weezes Bürgermeister Ulrich Francken, sicher so entsetzt wie jeder andere, mochte keine Stellungnahme abgeben. Der ehemalige Polizeibeamte weiß von vielen menschlichen Tragödien; "da steckt man nicht drin".

Ein guter Freund des Bruders der mutmaßlichen Täterin zeigte sich gegenüber unserer Redaktion ebenfalls erschüttert. "Wir sind alle fassungslos", sagte der junge Mann, der die Tür des Unglückshauses öffnete. Niemand habe von den Schwangerschaften gewusst. Die 24-Jährige sei ziemlich korpulent, wodurch ihr Zustand wohl nicht eindeutig gewesen sei. "Ich habe mich mit ihr immer gut verstanden und hätte ihr so etwas nie zugetraut", sagt der Bekannte. "Hätte sie sich doch nur jemandem anvertraut — bestimmt hätte man ihr helfen können."

(RP)
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