Landgericht Münster Tod eines 25-Jährigen beim CSD – Prozess startet im Februar

Exklusiv | Münster · Ein halbes Jahr nach dem tödlichen Angriff auf einen 25-Jährigen beim Christopher Street Day in Münster startet bald der Prozess gegen einen 20 Jahre alten Mann. Der Vorwurf: Körperverletzung mit Todesfolge.

Tödlicher Angriff beim CSD in Münster
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Tödlicher Angriff beim CSD in Münster

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Foto: dpa/Bernd Thissen

Er zeigte Zivilcourage, stellte sich schützend vor drei Frauen und bezahlte am Ende mit seinem Leben: Malte C., 25 Jahre alt, starb im September vergangenen Jahres in einer Klinik, nachdem er am Rande des Christopher-Street-Days in Münster eine Woche zuvor von einem jungen Mann angegriffen und niedergeschlagen worden war.

In Kürze startet nun der Prozess vor dem Landgericht Münster: Ab dem 13. Februar muss sich nach Informationen unserer Redaktion ein 20-Jähriger wegen des Vorwurfs der Körperverletzung mit Todesfolge sowie Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung verantworten. Ein Sprecher des Landgerichts bestätigte den Termin auf Anfrage. Der 20-Jährige war Anfang September festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft ist davon überzeugt, dass er am 27. August 2022 drei ihm unbekannte Teilnehmerinnen des CSD in sexuell anstößiger Weise angesprochen und dabei gefragt haben, ob er ihnen unter den Rock fassen dürfe. Als die Zeuginnen auf diese Provokation deutlich ablehnend reagierten, soll der 20-Jährige „unvermittelt verbal sehr aggressiv geworden sein“, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mitteilte. Er soll die Frauen mit homophoben und queerfeindlichen Worten unter anderem als „lesbische Huren“ beschimpft haben. Zudem soll er ihnen Schläge angedroht und zur Einschüchterung damit gedroht haben, deren Familien umzubringen.

Malte C., ein Transmann, wurde Zeuge der Beleidigungen und soll den 20-Jährigen aufgefordert haben, die Frauen in Ruhe zu lassen. Der soll daraufhin auf Malte C. zugegangen sein und sinngemäß geäußert haben, er solle sein „Maul halten“. Er soll Malte C. dann zunächst einen Stoß gegen die Brust und dann kurz nacheinander einen ersten Schlag gegen das Gesicht sowie einen wuchtigen weiteren Schlag mit der linken Faust gegen das Gesicht versetzt haben.

Malte C. stürzte zu Boden und schlug mit dem Hinterkopf auf. Er erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma, wurde noch in der Nacht notoperiert und musste in ein künstliches Koma versetzt werden. Seine Kopfverletzungen waren so schwer, dass Malte C. das Bewusstsein bis zu seinem Tod nicht wiedererlangte. Er starb am frühen Morgen des 2. September.

Nach Bewertung der Staatsanwaltschaft soll der 20-Jährige spätestens bei Ausführung des zweiten Schlags schwere Verletzungen billigend in Kauf genommen haben; Anhaltspunkte für einen bedingten Tötungsvorsatz lagen aber zu keinem Zeitpunkt vor. Gegenüber den Ermittlungsbehörden hat der Beschuldigte sich bisher nicht geäußert. Einer psychiatrischen Sachverständigen hat er nach Angaben der Staatsanwaltschaft aber gesagt, dass die ihm vorgeworfene Tat „nicht einmal ansatzweise Ausdruck einer feindseligen Haltung gegenüber Homosexuellen“ sei. Die Sachverständige ist in ihrem Gutachten zu der vorläufigen Einschätzung gelangt, dass der Angriff gegen den Transmann nicht auf eine homophobe oder queerfeindliche Einstellung des Angeschuldigten zurückzuführen ist. Nach ihrer Bewertung ist die Tat vielmehr Ausdruck dissozialen Handelns und einer allgemeinen Gewaltbereitschaft des 20-Jährigen. Nach vorläufiger Bewertung der Gutachterin war seine Steuerungsfähigkeit aber nicht erheblich beeinträchtigt.

Der Vater des Beschuldigten lebt nach Informationen unserer Redaktion in Tschetschenien, die Mutter in Deutschland. Der 20-Jährige ist nach Angaben der Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzungsdelikten bereits „einschlägig in Erscheinung getreten“, wie der Sprecher sagte. Er wurde vom Amtsgericht Münster bereits wegen Körperverletzung zu einer Jugendstrafe verurteilt.

Dem 20-Jährigen droht nun eine mehrjährige Haftstrafe. Das Gericht hat zehn Verhandlungstage festgelegt.

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