Fragen und Antworten zum Coronavirus NRW-Städte zeigen sich vorbereitet - Abriegelungen unwahrscheinlich

Düsseldorf · Der Coronavirus ist in NRW angekommen. Im Ernstfall müssen Städte und Kommunen sich kümmern. Sie zeigen sich gut vorbereitet, Abriegelungen ganzer Städte wie in Italien halten Experten für kaum möglich.

Coronavirus: Erster Fall in NRW - Transport in Düsseldorfer Unilklinik
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Coronavirus erstmals in NRW - Transport in Düsseldorfer Unilklinik

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Foto: dpa/Guido Kirchner

NRW hat seinen ersten Coronavirus-Patienten: Er kommt aus dem Kreis Heinsberg. Wie ist das Land vorbereitet und welche Regeln gelten? Sind drastische Maßnahmen wie in Italien möglich, wo ganze Städte abgeriegelt werden?

Wer ist zuständig?

Die erste Zuständigkeit liegt nach Angaben des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums bei der jeweils betroffenen Kommune oder Stadt. Dort wird sofort ein Krisenstab einberufen, bei dem alle Fäden zusammenlaufen - wie in Heinsberg bereits geschehen. Polizei, Katastrophenschutz und alle relevanten Ämter sind darin vertreten.

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Foto: dpa/Arne Dedert

Wie ist die Rolle von Bund und Land?

Betroffene Städte oder Gemeinden werden vom Robert-Koch-Institut und dem Land beraten. So hat der Kreis Heinsberg nach dem ersten Fall in NRW Schulen und Kindergärten geschlossen und setzt damit die im Gesetz vorgesehenen Schutzmaßnahmen um. Außerdem steht der Kreis im Kontakt mit dem NRW-Gesundheitsministerium.

Ist eine Abriegelung wie in Italien in Deutschland realistisch?

Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, meldet Zweifel an. „Eine Quarantäne macht nur dann Sinn, wenn man sie ganz effektiv gestalten kann. Das heißt also, dass Sie wirklich dafür Sorge tragen, dass alle die Menschen, die in dieser Quarantäne sind, auch keine Chance haben, andere Menschen anzustecken.“ Alle Menschen müssten in ihren Häusern bleiben und dort versorgt werden. „In China ist das gelungen, in Wuhan ist das gelungen mit einem massiven Einsatz von Militär und von sonstigen Kräften, eine solche Quarantäne durchzuführen.“

Skepsis gibt es auch vor Ort. Eine Sprecherin der Stadt Dortmund betonte etwa, eine Abriegelung sei bislang noch nie dagewesen und „aus aktueller Sicht rein theoretisch“. Andere NRW-Städte äußern sich ähnlich.

Wie ist die rechtliche Lage?

Alle Fragen rund um die Maßnahmen zum neuartigen Coronavirus regelt das Infektionsschutzgesetz (IfSG). Dass ganze Städte wie in China komplett abgesperrt werden, hält Karim Maciejewski von der Hochschule des Bundes für Öffentlichte Verwaltung in Brühl nicht für möglich. Zwar dürften nach dem IfSG die im Grundgesetz garantierten Freiheitsrechte und die Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden. Der Professor betont aber, dass dies immer nur für einzelne Betroffene gilt, bei denen die Gefahr besteht, andere anzustecken.

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Foto: dpa-tmn/Zacharie Scheurer

Was passiert, wenn Menschen Anordnungen nicht befolgen?

Das regeln unter anderen die Paragraphen 28 und 30 im IfSG. Dort geht es um Schutzmaßnahmen und Quarantäne. Dort ist dann auch von Zwangsmaßnahmen wie der Unterbringung in abgeschlossenen Krankenhäusern die Rede.

Wie viele Schüler aus NRW sind derzeit auf Klassenfahrt in Italien?

Aus dem NRW-Schulministerium heißt es dazu: Es gibt keine zentrale Übersicht, welche Klassenfahrten von nordrhein-westfälischen Schulen derzeit stattfinden. Die Schulen müssen ihre Schulfahrten nicht von der Schulaufsicht genehmigen lassen.

Was müssen Schulen bei Klassenfahrten beachten?

Über Abbruch oder Planung von Fahrten entscheidet die Schulleitung. Das Schulministerium empfiehlt, dass sich die Schulen an den Reise- und Sicherheitshinweisen des Auswärtigen Amtes sowie beim Robert-Koch-Institut (RKI) zur Lage informieren. Nach dem Auftreten des Virus hatten bereits mehrere NRW-Schulen zum Beispiel aus Duisburg und Essen Partnerschaftsbesuche in China verschoben.

Wie haben sich die NRW-Städte vorbereitet?

Die Krankenhäuser in NRW sind darauf vorbereitet, potentielle Corona-Patienten zu isolieren. Dies gelte beispielsweise in Köln in jedem Krankenhaus der Stadt, sagte Sabine Wotzlaw, Sprecherin der Stadt Köln. Ähnliches gilt für Aachen, Düsseldorf, Bonn, Essen und Dortmund. „Sollte in Düsseldorf ein Corona-Verdachtsfall auftreten, wird die betroffene Person sofort isoliert“, sagte der Düsseldorfer Stadtsprecher Michael Bergmann. Die zuständigen Behörden stünden in engem Kontakt miteinander und die Stadt sei auf mögliche Fälle vorbereitet.

In einem zweiten Schritt würden dann die Menschen vom Gesundheitsamt erfasst, die mit der Person in Kontakt standen. „Gegebenenfalls müssen auch die Kontaktpersonen abgesondert werden.“ Denkbar sei beispielsweise, dass Personen die eigene Wohnung nicht mehr verließen oder dass sie in speziellen Unterkünften oder im Krankenhaus isoliert würden.

Der Stadt Essen zufolge werden solche Szenarien auch regelmäßig geübt. So habe die Ruhrgebietskommune zuletzt 2019 einen Seuchenfall geprobt. Die nächste größere Krisenstabsübung ist für diesen Herbst geplant.

Was muss ich bei Corona-Angst tun?

Die wichtigste Info dazu: Ansprechpartner im Zweifelsfall ist das örtliche Gesundheitsamt, ansonsten der Hausarzt - dort sollte man vor dem Praxisbesuch aber anrufen. Die wichtigsten Infos im Überblick:

  • Symptome: Anzeichen einer Infektion sind laut Robert-Koch-Institut (RKI) Beschwerden wie Husten und Schnupfen, Halskratzen und Fieber, manchmal auch Durchfall. Damit ist es für Laien unmöglich, die durch den Virus ausgelöste Krankheit Covid-19 von der regulären Grippe oder einem grippalen Infekt zu unterscheiden, erklärt Oliver Witzke, Direktor der Klinik für Infektiologie der Universitätsmedizin Essen.
  • Ansteckungsgefahr: Die Gefahr, sich in Deutschland mit Grippe- und Erkältungsviren anzustecken, ist nach wie vor ungleich höher als eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus. Besondere Verhaltensregeln gelten daher nur bei Menschen, die Kontakt zu einer Person hatten, die mit dem Virus infiziert ist, die sich in einem der vom RKI definierten Risikogebiete aufgehalten haben oder die in einem Gebiet unterwegs waren, indem Fälle von Covid-19 aufgetreten sind.
  • Vorgehen: Wer Kontakt zu Infizierten hatte, sollte sich unabhängig vom Auftreten von Symptomen bei seinem Gesundheitsamt melden. Gleiches gilt für Reisende aus Risikogebieten, bei denen Symptome auftreten. Alle anderen wenden sich an das Amt oder den Hausarzt, der bei Verdacht auf Sars-CoV-2 eine Laboruntersuchung veranlassen kann. Allerdings sollten Betroffene vor dem Gang in die Praxis unbedingt dort anrufen. Dieses Vorgehen empfiehlt Witzke - wenn möglich - auch bei einem Verdacht auf Grippe. Denn auch da ist die Gefahr groß, andere Patienten im Wartezimmer anzustecken.
  • Vorbeugen: Wer einen begründeten Verdacht hat, mit Sars-CoV-2 infiziert zu sein, sollte unnötige Kontakte meiden und zu Hause bleiben - wie auch bei der Grippe. Wichtig außerdem, und zwar für alle: Gute Handhygiene, also regelmäßiges Waschen mit Seife, ein bis zwei Meter Sicherheitsabstand von kranken Menschen, sowie richtiges Husten und Niesen - in die Armbeuge also. Atemmasken sind für gesunde Menschen nicht nötig. Und auch ständiges Desinfizieren der Hände ist laut Witzke überflüssig.
(mba/dpa)
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