Kreative Lösungen gesucht Viele Martinszüge aus Corona-Sicherheitsgründen abgesagt

Düsseldorf · Vielerorts wird es wegen der Pandemie in diesem Jahr wohl keine Martinszüge geben. In Kempen und Mettmann wurden sie schon abgesagt. Kita-Verband und Grüne wünschen sich kleine Feiern ohne Menschenansammlungen.

 Der Martinszug in Kempen ist einer der größten in der Region.

Der Martinszug in Kempen ist einer der größten in der Region.

Foto: Norbert Prümen

Die Martinszüge in Kostenpflichtiger Inhalt Kempen gehören zu den schönsten in der Region; besonders Familien mit kleinen Kindern kommen im November aus dem gesamten Umland in die niederrheinische Kleinstadt, um das Brauchtum zu feiern. In diesem Jahr sind beide Züge in Kempen abgesagt worden – wegen der Pandemie. Man könne wegen der vielen auswärtigen Besucher die notwendige Abstandregel kaum kontrollieren, erklärt Rainer Hamm vom St.-Martin-Verein in Kempen. Die am Zug teilnehmenden Kinder seien nicht das Problem. „Sie ziehen in Kempen geschlossen im Klassenverband und in den Kindergartengruppen. Hier ist kein höheres Infektionsrisiko erkennbar als tagsüber in der Schule oder im Kindergarten“, sagt Hamm.

Besonders im Rheinland, wo das Brauchtum einen hohen Stellwert genießt, berät man vielerorts noch, ob man die Züge wegen des Coronavirus stattfinden lassen soll oder nicht. „Es ist davon auszugehen, dass einige örtliche Organisatoren die Veranstaltungen absagen werden. Bislang liegen aber noch keine Absagen vor, was allerdings auch daran liegen mag, dass sich die meisten Komitees erst Anfang September treffen werden“, sagt Gelderns Stadtsprecher Herbert van Stephoudt.

Einige Kommunen verweisen darauf, dass die Umzüge von Schulen und Kitas veranstaltet werden – so auch die Stadt Moers. „Aktuell gibt es noch keine generelle Entscheidung, ob wir Züge zulassen oder nicht. Aufgrund der derzeitigen Infektionslage sehen wir die Durchführung kritisch“, sagt Stadtsprecher Thorsten Schröder. Andere Städte warten mit ihrer Entscheidung auch noch auf eine mögliche Neuerung der Corona-Schutzverordnung im September.

In Mettmann sind die beiden großen Martinszüge von den Veranstaltern bereits im Juli abgesagt worden. Das Risiko ist ihnen zu groß gewesen. In Neuss befindet sich die Stadt in Gesprächen mit den Veranstaltern. „Wir versuchen einen Konsens mit allen hinzubekommen, wie man das Martinsfest in diesem Jahr ohne Zug und Menschenansammlungen begehen kann“ sagt Stadtsprecher Peter Fischer.

Nach Angaben des NRW-Gesundheitsministeriums sind Veranstaltungen unter freiem Himmel zulässig, wenn die Teilnehmer den Mindestabstand von 1,5 Meter einhalten. „Dass bei solchen Umzügen üblicherweise gemeinsam gesungen wird, steht dem nicht entgegen, da dies im Freien und eben mit Abstand geschieht“, sagte ein Sprecher des Ministeriums. „Bei mehr als 300 erwarteten Teilnehmern muss zudem dem zuständigen Gesundheitsamt vorab ein Konzept zur Gewährleistung der Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregelungen vorgelegt werden“, so der Sprecher. Diese Konzepte müssten dann von der Stadt genehmigt werden.

Für den deutschen Kita-Verband in NRW muss das Fest wegen der Pandemie in diesem Jahr nicht unbedingt mit einem Zug verbunden werden. „Ich finde, dass die Kitas in diesem Jahr wegen der Pandemie nach kreativen Lösungen suchen sollten, das Martinsfest auch ohne einen Zug feiern zu können. Da gibt es eine Reihe von Möglichkeiten“, sagt der Landesvorsitzende Klaus Bremen. „Man könnte zum Beispiel eine kleine Zusammenkunft mit den Kindern und Eltern auf dem Außengelände der Kita veranstalten und dabei um ein Feuer herum die Martinsgeschichte erzählen. Ich finde es persönlich sehr wichtig, dass dieses Brauchtum den Kindern vermittelt wird – auch während der Coronazeit“, meint Bremen.

Ähnlich sieht das auch Mehrdad Mostofizadeh, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen im NRW-Landtag. „Wie alle anderen Veranstaltungen werden auch St. Martinsumzüge in diesem Jahr etwas anders ausfallen müssen, um dem Infektionsschutz Rechnung zu tragen“, sagt er. „Denkbar sind für uns allenfalls St. Martinsumzüge im Klassenverband beziehungsweise in den Kitagruppen. Dabei muss aber sichergestellt sein, dass sich nicht Ausstehende den Umzügen anschließen“, so Mostofizadeh.

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Ein Lichtermeer für St. Martin

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Foto: Fischer, Armin (arfi)

Die SPD sieht keine Probleme bei den Martinszügen. „Sie sind ein Fest für Kinder und Familien, das unter freiem Himmel stattfindet. Die Kinder sitzen jeden Tag zusammen in der Schule. Warum sollten sie dann nicht abends in geschlossenen Gruppen unter freiem Himmel mit Laternen durch die frische Luft laufen?“, so Thomas Kutschaty, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag. „Schon alleine wegen der Laternen dürfte ausreichend Abstand gegeben sein.“

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