Spätfolgen einer Infektion „Covid-19 hat unser Leben verändert“

Marion und Guido Peters aus Bedburg-Hau wurden an Ostern positiv auf das Coronavirus getestet. Sie hatten zwar einen milden Verlauf, die Folgen machen ihnen aber noch heute zu schaffen.

Schmerzen und Müdigkeit beeinträchtigen Marion und Guido Peters in ihrem Alltag.

Schmerzen und Müdigkeit beeinträchtigen Marion und Guido Peters in ihrem Alltag.

Foto: Markus van Offern (mvo)

Seit unserer Covid-19-Erkrankung hat sich das Leben für mich und meine Frau stark verändert. Obwohl wir nur milde Symptome hatten, laborieren wir bis heute, drei Monate nach der überstandenen Infektion, an verschiedenen Beschwerden herum. Schon nach der kleinsten Anstrengung bleibt uns die Luft weg, wir haben Muskel- und Gelenkschmerzen, werden schnell müde. Wenn wir spazieren gehen, steuern wir schon nach 20 Minuten eine Bank an, um uns auszuruhen. Früher bin ich gerne Mountainbike gefahren, heute muss ich nach einer Viertelstunde absteigen, weil ich keine Luft mehr bekomme. Wir waren beide eigentlich immer aktive Menschen, aber vieles geht heute einfach nicht mehr. Die Vorstellung, sich ein zweites Mal mit dem Virus zu infizieren, weil sich die Antikörper abgebaut haben, ist für uns daher sehr beunruhigend. Ich kann nur jedem empfehlen, diese Krankheit nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Bei meiner Frau Marion und mir ging es an Karfreitag los, wir fühlten uns damals beide unwohl. Als ob eine leichte Erkältung aufziehen würde. Am nächsten Tag kam bereits Luftnot dazu. Das Atmen fühlte sich an, als müsse man einen Widerstand überwinden, als würde jemand die Luft wieder zurückdrücken. Da war uns klar, dass mit uns etwas nicht stimmt. Bei meiner Frau kamen dann starke Kopf- und Gliederschmerzen dazu, während sich bei mir der Geruchssinn verabschiedete. In dem Moment haben wir dann Angst bekommen, das war schon eine heftige Nummer. Wir hatten ja die schlimmen Bilder aus den Nachrichten im Kopf, von den überfüllten Intensivstationen in Italien. Man denkt sofort daran, wann man wohl selbst am Beatmungsgerät hängt.

Zumal wir es nach Ostern dann offiziell hatten. Meine Frau wurde an ihrem Arbeitsplatz auf Corona getestet, 24 Stunden später hatten wir das Ergebnis: positiv. Ich bin nicht getestet worden, aber die 14-tägige Quarantäne galt natürlich für uns beide. Ab da an hat sich das Gesundheitsamt um uns gekümmert. Täglich gab es zu unterschiedlichen Zeiten Kontrollanrufe und wir mussten berichten, wie es uns geht. Ich habe dann gefragt: Mal ehrlich, wie sieht’s denn aus? Aber die Mitarbeiter sagten, wir müssten bei dem bisherigen Verlauf nicht damit rechnen, ins Krankenhaus zu kommen. Das hat uns etwas beruhigt. Immerhin bin ich 57, meine Frau ist 58, und als Diabetiker gehöre ich zur Risikogruppe.

Nach einer Woche hatten sich die Symptome ziemlich verflüchtigt, es gab zwar hin und wieder Atemnot-Attacken, generell aber ging es uns besser. Nach 14 Tagen waren wir aber leicht schockiert, als ein erneuter Test bei meiner Frau immer noch positiv war. Dadurch mussten wir eine Woche länger in Quarantäne bleiben. Nach drei Wochen war der Test dann negativ, da hatten wir es endlich überstanden. Dachten wir. Denn nach unserem zweiten Arbeitstag saßen wir zusammen abends auf der Couch und meine Frau sagte: Mir tut alles weh, und Luft bekomme ich auch nicht gut. Und mir ging es genau so. Wir haben drei Wochen nichts getan, das ist normal, habe ich geantwortet.

Aber zwei Wochen später hatten wir immer noch Probleme mit der Luft, mit Muskel- und Gelenkschmerzen. Da sind wir dann wieder zum Arzt und wollten wissen, was mit uns los ist. Aber der wusste es auch nicht. Nur, dass viele Covid-19-Genesene auch Monate danach noch Symptome zeigen, vor allem diejenigen, die einen milden oder mittelschweren Verlauf hatten. Wir müssen abwarten, heißt es.

Heute hören wir von anderen oft: Stellt euch nicht so an! Aber so einfach ist das nicht, die Folgen der Krankheit behindern uns im Alltag, die permanente Müdigkeit, die Schmerzen. Meine Frau und ich arbeiten beide körperlich, sie in der Altenpflege, ich in einer Gießerei. Bei mir ist der Akku einfach schnell leer, wenn ich bei der Arbeit etwas trage, fühlt es sich so an, als würden Gewichte daran hängen. Natürlich müssen wir da durch, aber niemand kann einem sagen, wie lange es dauert, bis die Symptome verschwinden, bis wir uns wieder so fühlen wie vor der Erkrankung. Dazu kommt die Sorge, dass die Immunität nicht lange anhält, wie Studien zeigen, und wir erneut an Covid-19 erkranken könnten. Nur wie reagiert mein Körper beim zweiten Mal? Kann es schlimmer werden? Ich möchte demnächst einen zweiten Antikörpertest machen, um zu sehen, wie der Stand bei mir ist.

Die meisten Menschen denken, das passiert mir nicht, ich stecke mich nicht an. Aber das geht schneller, als man glaubt. Die Infektionszahlen steigen ja wieder. Meine Frau und ich sitzen abends vor dem Fernseher und schauen kopfschüttelnd zu, wenn Bilder von überfüllten Stränden oder Plätzen gezeigt werden. Einerseits kann ich verstehen, dass junge Leute feiern wollen. Aber es ist zutiefst unsolidarisch. Wir müssen jetzt alle gemeinsam da durch, da hilft nichts. Meine Frau und ich, wir haben trotz der Folgen noch einmal Glück gehabt. Aber es hätte auch anders ausgehen können.

Protokolliert von Jörg Isringhaus

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