Unterricht in Corona-Zeiten Land kippt Solinger Schul-Modell

Solingen · Die Stadt hatte vorgehabt, angesichts hoher Infektionszahlen, ab Mittwoch die Hälfte der Schüler in der Stadt online zu unterrichten. Doch daraus wird nichts: Das Land hat die Pläne kassiert. Im Rathaus herrscht Unverständnis darüber.

 Wie vor den Sommerferien soll der Unterricht nach Ansicht des NRW-Ministerium auch in Solingen weiterhin komplett vor Ort in den Schulen durchgeführt werden.

Wie vor den Sommerferien soll der Unterricht nach Ansicht des NRW-Ministerium auch in Solingen weiterhin komplett vor Ort in den Schulen durchgeführt werden.

Foto: Peter Meuter

Die Nachricht aus Düsseldorf trat am Nachmittag gegen 15 Uhr ein – doch die Neuigkeiten aus der Landeshauptstadt fielen anders aus, als es sich die Verantwortlichen im Rathaus der Klingenstadt gewünscht hatten. Das Land NRW hat am Dienstag den „Solinger Weg“ zur teilweisen Wiedereinführung von Homeschooling gestoppt und entschieden, dass Schüler nicht von zu Hause aus unterrichtet werden dürfen.

Damit ist der Plan der Stadt Solingen bis auf Weiteres gescheitert, angesichts steigender Corona-Zahlen zumindest partiell zu einem sogenannten Distanz-Unterricht zurückzukehren. Ursprünglich hatte die Stadtverwaltung vorgesehen, ab dem heutigen Mittwoch immer nur 50 Prozent der Schüler an weiterführenden Schulen direkt in den Schulen zu unterrichten, während die andere Hälfte von zu Hause aus lernen sollte.

Doch durch diese Rechnung machte das Land nun einen Strich. Nachdem in den zurückliegenden Tagen eine Reihe von Gesprächen zwischen der Stadt und den zuständigen Ministerien in Düsseldorf stattgefunden hatten, erteilte das NRW-Gesundheitsministerium auf Veranlassung von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Dienstag schließlich die Weisung, wonach die Stadt ihre entsprechende Allgemeinverfügung wieder aufzuheben habe.

Eine Entscheidung, die juristisch nicht mehr anzufechten ist, im Solinger Rathaus aber auf großes Unverständnis stößt. „Wir sind außerordentlich enttäuscht“, sagte Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) in einer ersten Reaktion und verwies während einer eilig anberaumten Pressekonferenz am Dienstagabend noch einmal auf die nach seinem Dafürhalten dramatische Corona-Situation auch an Schulen.

So wurden nach Angaben Kurzbachs allein in den vergangenen acht Tagen an 20 von 45 Solinger Schulen Corona-Verdachtsfälle registriert. „Betroffen sind 28 Klassen. Es mussten 491 Schüler und Lehrer in Quarantäne geschickt werden“, betonte der OB, der sich dementsprechend besorgt zeigte. Tim Kurzbach: „Ich bin mir sicher, dass wir aufgrund der Entwicklung schon bald wieder über den ,Solinger Weg’ reden werden.“

Bereits zuvor hatte Schulministerin Gebauer ihre ablehnende Haltung begründet. So unterstrich die Ministerin in einer Erklärung, ihrer Meinung nach widerspreche das Solinger Modell einem „gleichgerichteten Vorgehen innerhalb des Landes“. Darüber hinaus, so Gebauer, würde eine Rückkehr zu einem teilweisen Distanz-Unterricht aber auch erneute große „Belastungen für die Eltern“ nach sich ziehen und zudem zu einer Benachteiligung von sozial schwachen Schülern führen.

Eine Einschätzung, der OB Kurzbach sowie Solingens Schuldezernentin Dagmar Becker (Grüne) entgegen traten. „Wir waren und sind in diesem Punkt sehr sensibel. Durch unser Modell wäre es ja gerade möglich, dass alle Schüler, auch jene in Quarantäne, am Unterricht teilnehmen“, argumentierte der OB, derweil die Dezernentin ankündigte, sich weiter für den „Solinger Weg“ stark machen zu wollen. Becker: „Die Entscheidung des Landes ist kontraproduktiv“.

Die Solinger SPD reagierte am Dienstag „fassungslos“. So herrsche bei vielen „Beteiligten, die erstmals gemeinsam an einem guten Weg arbeiten konnten, nur noch Wut“, sagte Fraktionschefin Iris Preuß-Buchholz. Die Ministerin mache sich angesichts der großen Beachtung, die der „Solinger Weg in kürzester Zeit bekommen habe, „nur noch lächerlich“. Tatsächlich hatte die Stadt die Pläne unter anderem mit Schulen und Lehrer-Gewerkschaften abgesprochen, ehe sie das Modell am Freitag der Öffentlichkeit präsentierte und zeitgleich das Land informierte.

OB Kurzbach wies Vorwürfe, die Pläne seinen parteipolitisch intendiert gewesen, zurück. „Ich bin Oberbürgermeister und habe für das Wohl der Bürger zu sorgen“, sagte Kurzbach, der seinerseits dem Land Vorwürfe machte. Dieses habe es in den zurückliegenden Wochen versäumt, notwendige Maßnahmen zur Eindämmung von Corona zu ergreifen und Kommunen wie Solingen Hilfe zu leisten.

„Was ist der Plan B der Ministerin?“, fragte der Oberbürgermeister. Und Rechtsdezernent Jan Welzel (CDU) hob darauf ab, es sei nötig, den dafür zuständigen Städten Freiheit zum Handeln zu lassen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort