Hilfsflüge aus Bayern Münsterland nimmt Corona-Patienten auf - NRW will OPs verschieben

Düsseldorf/Münster · Die NRW-Landesregierung will zur Aufnahme von Corona-Patienten aus anderen Bundesländern planbare Operationen verschieben lassen. Sechs Patienten aus Süddeutschland werden in die Region Münster geflogen.

Fotos: Airbus A310 MedEvac der Bundeswehr
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Fliegende Intensivstation - der A310 MedEvac der Bundeswehr

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Foto: dpa/Kevin Schrief

Die Luftwaffe der Bundeswehr beteiligt sich seit Freitag erstmals an der Verlegung von Corona-Intensivpatienten innerhalb Deutschlands. Ein Sanitätsflugzeug vom Typ A310 MedEvac flog am Freitag ins bayerische Memmingen, um von dort sechs schwer Erkrankte nach Nordrhein-Westfalen zu bringen. Damit sollen die Krankenhäuser in von Corona besonders schwer betroffenen Regionen entlastet werden. Das Flugzeug mit den Intensivpatienten landete am frühen Abend am Flughafen Münster/Osnabrück.

„Bei uns ist die Situation so, dass wir helfen können und das tun wir“, sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Freitagmorgen im Landtag. „Das ist für Nordrhein-Westfalen selbstverständlich.“

Für die Übernahme der Patienten war eine Rechtsänderung notwendig, die von Landesregierung und Landtag am Freitag im Blitztempo verabschiedet wurde: Erst beschloss das Kabinett in einer Sondersitzung eine entsprechende Verordnung, dann billigte das Landesparlament eine Vorlage zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes in einem neu aufgenommenen Tagesordnungspunkt einstimmig und hielt dabei beide notwendigen Lesungen direkt hintereinander ab.

Die NRW-Krankenhäuser werden damit angewiesen, nach medizinischer Abwägung planbare Operationen zu verschieben, um Platz für schwer kranke Corona-Patienten auch von außerhalb zu schaffen.

Wüst verwies in der Debatte darauf, dass eine Verschiebung planbarer Operationen Patienten viel abverlange. „Es ist eine gigantische Solidarleistung, die wir diesen Menschen jetzt abverlangen“, sagte er. „Es liegen schwierige Wochen vor uns.“

Münsterland nimmt sechs Corona-Patienten auf

Das Münsterland nimmt nach Angaben des örtlichen Krisenstabs am Freitag sechs schwerstkranke Corona-Patienten aus Süddeutschland auf. Die Patienten würden in sechs verschiedene Krankenhäuser eingeliefert - drei in Münster selbst, drei im Umland, sagte der Leiter des Corona-Krisenstabes der Stadt Münster, Wolfgang Heuer.

Die Patienten sollen am Freitagnachmittag mit dem Spezialflugzeug der Bundeswehr zum Flughafen Münster-Osnabrück geflogen werden. Dort warten speziell für Intensiv-Patienten ausgerüstete Krankenwagen. „Die Hilfsaktion ist für die Betroffenen lebenswichtig und zugleich ein solidarischer Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie in unserem Land“, betonte Heuer.

Die Stadt Münster und das Umland haben im Moment vergleichsweise niedrige Corona-Inzidenzen. Am Freitag gab das Robert Koch-Institut die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen mit 158,7 an. Bundesweit lag der Wert bei 438,2.

Die Bundeswehr hilft damit erstmals dabei, Krankenhäuser in Regionen mit besonders vielen Corona-Patienten zu entlasten. Die Luftwaffe hält zwei Flugzeuge für solche Hilfseinsätze bereit. Dazu gehört der Airbus A310 MedEvac, eine „fliegende Intensivstation“ mit sechs Behandlungsplätzen, sowie eine umgerüstete Spezialmaschine, das Überwachungsflugzeug A319OH. In dieses waren zwei Plätze zur Intensivbehandlung eingebaut worden.

Im Rahmen des sogenannten Kleeblatt-Systems sollen Covid-19-Patienten bundesweit verteilt werden können, wenn in einzelnen Regionen der Kollaps von Krankenhäusern droht. NRW hat nach den Zahlen vom Freitag noch 362 Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit für sehr schwere Fälle frei. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt landesweit mit 274,2 deutlich unter dem Bundesschnitt.

Insgesamt sollen 50 bayerische Patienten in andere Bundesländer verlegt werden, rund 30 davon bis Sonntag. Aus Thüringen werden Patienten nach Niedersachsen gebracht. Mecklenburg-Vorpommern nimmt in den kommenden Tagen vier Intensivpatienten aus überlasteten Kliniken in Sachsen auf.

Wie viele Bundeswehr-Flüge es geben wird, ist nach Angaben des Verteidigungsministeriums noch unklar. Die Bundeswehr ist schon seit vielen Monaten an der Corona-Hilfe beteiligt. Sie unterstützt unter anderem die Impfkampagne mit Impfteams und Logistik, hat aber auch schon Patienten aus dem europäischen Ausland nach Deutschland geflogen, damit sie hier versorgt werden konnten.

(top/dpa)
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