Folgen der Corona-Pandemie Arzt beklagt zunehmende schwere psychische und körperliche Störungen bei Kindern

Dortmund · Die Corona-Krise und der damit verbundene Lockdown verursachen bei Kindern schwere psychische und körperliche Störungen, wie der Direktor der Westfälischen Kinderklinik Dortmund festgestellt hat. Der Mediziner fordert eine schrittweise Öffnung der Schulen.

 Ein Mädchen steht an einem Fenster (Symbolfoto).

Ein Mädchen steht an einem Fenster (Symbolfoto).

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Quer durch alle Schichten hätten die Belastungen und Erkrankungen zugenommen, sagte Schneider am Samstag im Deutschlandfunk. Als Beispiele nannte er depressive Störungen, Essstörungen, Gewichtszunahme oder pathologisches Medienverhalten. In der Klinik würden Kinder behandelt, die kollabiert seien, weil sie nächtelang am Computer gespielt hätten.

„Wir müssen wirklich die Stimme der Kinder hören“, sagte Schneider. In allen Schichten gebe es verwahrloste oder schlecht ernährte Jungen und Mädchen. Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie seien für Kinder massiv. Von den drei sozialen Räumen Familie, Schule und Freunde oder Hobbys, in denen sich Kinder normalerweise bewegen, seien zwei weggefallen.

Auch kämen Kinder mit schweren Erkrankungen wie Diabetes oder Krebs deutlich später in die Klinik als zu Nicht-Pandemie-Zeiten. Teilweise seien sie in desolatem Zustand. Schneider: „Das liegt einfach daran, dass die Kinder nicht so gut im Gesundheitsnetz - in den Kinderarztpraxen oder in den Kliniken - gesehen werden. Sie sind einfach nicht da.“

Die Schulen sollten schrittweise wieder geöffnet werden, forderte der Chefarzt. An Schulen seien selten größere Corona-Ausbrüche vorgekommen, und Kinder erkrankten selten schwer an Corona. Notwendig seien intelligente Lösungen mit verlässlichen Lerngruppen und Testsystemen an Schulen. Dies erfordere Investitionen in Technik und Personal. Die bisherigen Maßnahmen wie Maske auf und geöffnete Fenster reichten nicht aus. Die Nachverfolgung von Infektionen müsse verbessert und der Schulweg sicherer gemacht werden, sagte Schneider.

Kostenpflichtiger Inhalt Auch der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, fordert Lockerungen beim Lockdown. „Schulen sollten so schnell wie vertretbar wieder geöffnet werden. Wir vernichten sonst Bildungschancen der Kinder“, sagte er unserer Redaktion. Kinderärzte und Jugendtherapeuten berichteten über eine massive Zunahme von verhaltensauffälligen Kindern: „Kein Wunder, wenn sie über Wochen keine anderen Kinder zum Spielen und keine strukturierten Tage mehr haben.“

(mba/epd)
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