„Von Normalität weit entfernt“ 6987 Schüler und 576 Lehrer in Quarantäne

Düsseldorf · Landesweit sind infolge der Pandemie mehr als 100 Schulen teilweise geschlossen. Lehrer fühlen sich nicht ausreichend geschützt, Verbände fordern neue Schutzkonzepte.

In Nordrhein-Westfalen befinden sich 6987 Schüler und 576 Lehrer in Quarantäne; bei 238 Schülern und 46 Lehrern liegt eine bestätigte Corona-Infektion vor, wie das NRW-Schulministerium unserer Redaktion auf Anfrage mitteilte. Demnach sind vier Schulen in NRW wegen der Pandemie vollständig geschlossen; zudem gibt 106 Teilschließungen. Die Zahlen sind Ergebnis einer Umfrage des NRW-Schulministeriums, an der 4510 von 4862 öffentlichen Schulen teilgenommen haben (Stand 9. September); das Ministerium stellte die Zahlen jetzt zur Verfügung. Insgesamt gehen in NRW knapp 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche zur Schule.

Der Verband Lehrer NRW kritisierte, dass ein klares Konzept für den Schulbetrieb in Corona-Zeiten fehle. Insbesondere die Abschaffung der Maskenpflicht nach zwei Wochen habe zu massiver Verunsicherung bei Schülern und Lehrern geführt. „Die Schulen werden damit alleingelassen, weil sie selbst keine verbindlichen Regelungen für eine Maskenpflicht im Unterricht beschließen dürfen. So bleibt es bei freiwilligen Vereinbarungen, die an den allermeisten Schulen eingeführt wurden“, sagte Sven Christoffer, stellvertretender Vorsitzender von Lehrer NRW, unserer Redaktion. Die Verunsicherung in den Kollegien sei nach wie vor groß. „Von einer schulischen Normalität sind wir noch weit entfernt“, sagte er.

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Tatsächlich ist die Sorge vor dem Virus und Erkrankungen an vielen Schulen groß. Erst am vergangenen Donnerstag sind an einer Gesamtschule in Rheinbach 53 Schüler und fünf Lehrkräfte vorsorglich in Quarantäne geschickt worden. Ein Achtklässler der Schule war positiv auf das Coronavirus getetestet worden.

Einer aktuellen Mitgliederbefragung der Bildungsgewerkschaft GEW NRW zufolge fühlen sich fast 70 Prozent der Lehrkräfte in Sachen Infektionsschutz durch die gegenwärtigen Maßnahmen der Landesregierung nur mangelhaft (39 Prozent) oder gar ungenügend (29 Prozent) geschützt. „Die Schulministerin muss das Thema endlich ernst nehmen und ihrer Verantwortung gerecht werden. Sie kann nicht weiter so tun, als sei an den Schulen alles in Ordnung“, kritisierte Jochen Ott, schulpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. Er forderte einen parteiübergreifenden „Schulgipfel“. „Nur gemeinsam können wir einen zukunftsfähigen Plan für die Schulen in NRW entwickeln. Deshalb gehören jetzt die Vertreter des Parlaments, der Kommunen, der Lehrenden und Schülern sowie der Eltern an einen Tisch“, so Ott.

Auch Christoffer gibt an, dass Lehrer sich nicht ausreichend geschützt fühlten. „Die Landesregierung hat nach dem Auslaufen der Maskenpflicht keine Alternativen aufgezeigt, wie ein gleichwertiger Schutz von Lehrkräften und Schülern gewährleistet werden kann“, sagte der stellvertretende Vorsitzende von Lehrer NRW. Gerade in Schulen, in denen Abstände im Klassenraum nicht eingehalten werden könnten, müsse es andere Mittel geben wie Gesichtsvisiere, Hygiene-Schutz-Trennwände oder CO2-Melder.

 In NRW gibt es wegen der Pandemie immer wieder Teil-Schulschließungen (Symbolbild).

In NRW gibt es wegen der Pandemie immer wieder Teil-Schulschließungen (Symbolbild).

Foto: dpa/Uli Deck

Bundesweit ziehen Bildungsexperten eine durchwachsene Bilanz nach dem Start des neuen Schuljahres. „Alle geben sich wirklich Mühe, aber es läuft ein bisschen auf gut Glück“, sagte Ilka Hoffmann, GEW-Vorstandsmitglied. Es gebe viel Verunsicherung. Schulleitungen beschwerten sich, dass vieles an ihnen hängenbleibe und der Rückhalt von der Politik fehle. „Es gibt Vorgaben, die zum Teil – etwa wegen baulicher Gegebenheiten – nicht erfüllt werden können.“

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